Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Umweltbewusstsein – es ist bereits 5 vor 12

Kein Tag vergeht ohne dass man aus der Tagespresse, TV oder anderen elektronischen Informationsträgern über die Gefahren und die Bedrohungen der Umwelt unseres Planeten Erde, durch Nachlässigkeit oder Gesetzesübertretungen, informiert und aufgeklärt wird. Umweltbewusstsein ist heute ein fester Bestandteil im Bildungsprogramm an den Schulen. Die Regierungen weltweit versuchen, einen Konsens über die jährlich abgehaltenen Klimakonferenzen zu finden, und die Organisation „Greenpeace" macht durch spektakuläre Aktionen mit großem Medienaufwand auf Missstände aufmerksam, sei es Abholzung der Regenwälder, Verschmutzung des Grundwassers oder der Meere durch Chemieunfälle, Auslaufen von Öl durch „leckende" Öltanker, sorglose Lagerung von radioaktiven Abfällen, Schäden aus Abgasemmissionen jeglicher Art, etc.

Schon in den frühen 1990er Jahren konnte man in einschlägigen Fachzeitschriften nachlesen, dass die Umwelt einen kritischen Punkt erreicht hat. Laut Angaben soll sich bis zum Jahre 2010 die Dicke der obersten Erdauflage drastisch reduzieren. Diese oberste Erdauflage hatte einstmals im Durchschnitt eine Dicke von ca. 15 cm und ist der Nährboden für das Wachstum jeglichen Saatgutes für die dringend benötigten Ernten, um die stetig wachsende Erdbevölkerung zu ernähren. In vielen Länder hatte sich diese oberste Erdauflage zur Zeit der Veröffentlichung des zitierten Artikels (1994) um bereits 30 % reduziert und bis zum Jahre 2010 wird eine Reduktion von 60 % im Vergleich zu den 1990er Jahren prognostiziert.

Bis zum Jahre 2010 wird die Weltbevölkerung auf ca. 6.200 Millionen anwachsen, was einem Zuwachs von ca. 20% über einen Zeitraum von 15 Jahren entspricht. Die Welttemperatur wird sich bis zum Jahre 2010 um 3° Celsius erhöhen und kann bis zum Jahre 2100 gar um 9° Celsius ansteigen. Seit der Arche-Noah-Flut bis zum Jahre 2000 hatte sich die Welttemperatur um nur 1.5° Celsius erhöht! Wälder weltweit werden zur Zeit mit einer jährlichen Rate von ca. 142.000 km2 abgeholzt und vernichtet, und bis zum Jahre 2010 werden 1.700.000 km2 Wälder, im Vergleich zum Jahre 1995, zerstört sein. Als direkte Auswirkung auf diese Waldzerstörung werden sich die Regenfälle um ca. 30% reduzieren.

Die ansteigenden Temperaturen am Nord- und Südpol werden zur Eisschmelze und einem Ansteigen des Meeresspiegels führen. Thailand wird mit unter den ersten betroffenen Ländern sein, wenn der Meeresspiegel ansteigt. Ein Ansteigen des Meeresspiegels um 7 Meter würde Bangkok bis nach Rangsit (Flughafengebiet) überfluten.

Wenn die Zunahme der Weltbevölkerung im gleichen Tempo weitergeht und der Zerstörung der Umwelt kein Einhalt geboten wird, kommt es zum Tage „X", wo es zu wenig Ackerland geben wird, und als Folge davon zu wenig Nahrung. Frisches Wasser wird es auch nur noch in beschränktem Ausmaß geben, und sogar die Menge an reiner Atemluft wird eingeschränkt sein.

Es bleibt wenig Zeit, entsprechende Maßnahmen einzuleiten und durchzusetzen, um dem Raubbau an der Natur und der Umwelt Einhalt zu gebieten und nicht wiedergutzumachende Schäden auszuschließen. Viele namhafte Wissenschaftler zweifeln bereits heute daran, dass diese vorgenannte Entwicklung überhaupt noch aufzuhalten ist.

Regierungen alleine können mit angeordneten Maßnahmen, welcher Art auch immer, unsere Umwelt nicht retten, wir alle sind, auf einer internationalen Basis, aufgefordert zu helfen unseren Planeten Erde zu „reparieren", wenn wir eine totale Zerstörung vermeiden wollen.

Es wird mit großem Aufwand Werbung betrieben. Rauchen ist schädlich für die Gesundheit, Vorbeugemaßnahmen gegen Kindsmisshandlung werden getroffen und die Menschenrechte werden einer genauen Prüfung unterzogen. Wir sollten auch in der Lage sein, den Lebensstil der Menschen in Bezug auf die individuelle Verantwortung zur Umwelt beeinflussen zu können.

Der Leser wird sich mit Recht fragen, ob es in Thailand eine entsprechende Gesetzesgebung gibt, die Umwelt zu kontrollieren und gegen schädigende Einflüsse zu schützen, da man viele Verstöße wahrnimmt aber keine korrigierenden Maßnahmen feststellen kann. Die Antwort ist, dass es in Thailand viele Umweltsgesetze gibt, einige davon datieren zurück ins Jahr 1875, betrafen damals jedoch nur das Gebiet von Zentral-Bangkok.

Die Umweltgesetze sind nachfolgend aufgeführt und erläutert.

Der Öffentlichkeits-Gesundheitsakt 1941

(The Public Health Act 1941)

Sektion 19 dieses Artikels hält fest, dass die lokale Verwaltung die Verantwortung hat, gegen jegliche Art von unerwünschten Einflüssen und Objekten in der Öffentlichkeit einzugreifen oder vorzubeugen, wenn dadurch die Volksgesundheit oder der öffentliche Frieden beeinflusst oder gestört wird. Es gibt eine lange Liste von unerwünschten Einflüssen, wie Lärm- und Geruchsemmissionen, Vibrationen und Dunst, die eine Beeinträchtigung oder Behinderung für die Mitmenschen darstellen. Die Ergänzung im Jahre 1992 zum vorliegenden Akt berechtigt die lokale Verwaltung gegen jegliche unerwünschten Verstöße ohne vorherige Einholung eines Gerichtsbefehls einzuschreiten.

Akt über die öffentliche Reinlichkeit und öffentliche Ordnung 1960

(Act on Public Cleanliness and Good Order 1960)

Dieser Akt stützt die Normen von westlichen Ausländern, die sich irritiert fühlen durch gewisse Gewohnheiten von Einheimischen, die gegen die Erhaltung der Umwelt handeln. Im Jahre 1992 wurde dieser Akt durch das Verbot der Beschriftung, Bemalung, Besprayung oder Anbringung von Farbe jeglicher Art an Wänden und Bäumen an Plätzen, die von öffentlichem Grund eingesehen werden können, ergänzt. Verstöße werden mit Strafen ab Baht 1.000 geahndet. Ebenso ist es verboten und wird mit Geldstrafen geahndet, irgendwelche Gegenstände oder Abfälle wegzuwerfen, auf öffentlichem Grund zu deponieren oder Material, das von öffentlichem Grund aus eingesehen werden kann, aufzuhängen. Weitere Einschränkungen sind in Anlehnung an westliche Gesetze erlassen, wie das Verbot von Gruppenspielen auf öffentlichen Plätzen, des Pflückens von Blumen in öffentlichen Parkanlagen sowie auf die Straße zu spucken oder Abfall wegzuwerfen. Wenn eine Person gegen diese Verordnungen verstößt, und die Überschreitung durch einen Zeugen, einer zuständigen Verwaltung oder der Polizei gemeldet wird, ist der Beamte oder der Polizist, der die Klage aufnimmt, verpflichtet, sofort zu reagieren. Die Person, die den Verstoß meldet ist im Sinne des „Criminal Code" die betroffene Partei (Kläger). Wenn der Beamte oder der Polizist, der den Vorfall aufgenommen hat, nicht gesetzeskonform handelt, macht er sich im Sinne des Angeklagten strafbar.

Verwaltungs-Akt 1953

(Municipality Act 1953)

Jede Verwaltung kann in Eigenkompetenz innerhalb ihrer Gemeinde Bußen gegen Personen aussprechen, die gegen die Verordnungen verstoßen, vorausgesetzt dass diese Bußen Baht 1.000 nicht übersteigen.

Administrationsakt für Pattaya 1978

(Act on the Administration of Pattaya City 1978)

Wie im Verwaltungsakt vorgesehen, kann die Ratsversammlung von Pattaya Gesetze und Verordnungen jeglicher Art erlassen und Bußen für solche Personen verhängen, die gegen diese Bestimmungen verstoßen. Das Strafmaß ist jedoch limitiert auf maximal sechs Monate Gefängnis und eine Geldbuße bis max. Baht 10.000.—

Verfassung von Thailand

Seit 1974 enthält die Verfassung Auflagen und Bestimmungen, dass der Staat den Zustand der Umwelt zu erhalten und zu schützen und die Buchten, Wälder und Flüsse zu pflegen hat.

Akt zur Bereicherung, Erhaltung und zum Schutz der Qualität der nationalen Umwelt 1992

(Enhancement and Conservation of National Environmental Quality Act 1992)

Bereits während der Amtszeit von Premierminister Anand hat die Regierung erlassen, dass die Bestimmungen der Verfassung, die alle Aspekte einer kontrollierten Umwelt enthalten, durchgesetzt werden. Dazu wurden die folgenden drei neuen Ämter installiert: „Pollution Control Department", „Department of Environmental Quality Promotion" und „Office of Environmental Policy and Planning". Diese neu gegründeten Ämter haben zur Aufgabe, das Volk mit den Umweltsproblemen vertraut zu machen und entsprechende Bildung zu vermitteln. Im weiteren sind sie verantwortlich für Planung, Verfahrensweisen, Veranlagungen für Infrastrukturprojekte, hauptsächlich für Großprojekte der Regierung. Die Regierung und der private Sektor haben für jedes Projekt Berichte über mögliche umweltbeeinflussende Faktoren an die vorerwähnten Ämter zur Prüfung und Bewilligung einzureichen.

Vor der Einführung des vorgenannten Aktes waren verschiedene andere Gesetze in Kraft, deren Bestimmungen und Verordnungen eine kontrollierte Umwelt sicher stellen sollten. Dies waren der „Factory Act", „Hospital Act" „ Food Act" um nur einige zu nennen.

Wie auch immer, mit der Einführung des Aktes 1992 (siehe oben) wurden alle vorherigen Akten revidiert und die Durchsetzung der Bestimmungen erleichtert.

Heutzutage ist z.B. das Management von Fabrik- und Industrieanlagen verpflichtet, ausgebildete Vorarbeiter und Maschinisten zu beschäftigen und alle drei Monate über Verfahrenstechniken mit Zusätzen von Chemikalien Proben zur Analyse an das „Industrial Factory Department" zur Prüfung einzureichen. Verstöße gegen die Verordnungen über die Umweltnormen ziehen massive Bußen nach sich. Das Strafmaß sieht Bußen von Baht 10.000,- bis 500.000,- vor, sowie Farbikschließung und Gefängnisstrafen für die Fabrikbesitzer.

Wie die vorliegenden Ausführungen aufzeigen, gibt es in Thailand eine klare Rechtsgrundlage, um den Raubbau und die Zerstörung der Umwelt zu bekämpfen und Zuwiderhandlungen zu bestrafen, aber leider gilt oft auch in Thailand, wie in vielen andern Ländern auch, das Sprichwort: „Wo kein Kläger ist, ist kein Richter".