Bruno hat die Entwicklung Pattayas zu einem modernen
Resort während der letzten 27 Jahre geprägt wie kaum ein anderer der heute
noch in Pattaya wohnenden Ausländer. Und die Frage „Gehen wir heute abend
zu Bruno’s?" gilt nicht nur einem der bekanntesten Restaurants der
Stadt, sondern bedeutet gleichzeitig den Besuch bei einer der
interessantesten und freundlichsten Persönlichkeiten Pattayas.
Angefangen hat er seine berufliche Laufbahn als
Kochlehrling in Rohrschach in der Schweiz. Bruno Forrer hatte eigentlich
keine Lust, in der Küche zu arbeiten, doch sein Vater bestand darauf, dass
der Kochberuf ein ehrliches und bodenständiges Gewerbe sei. Damals wurde in
den Küchen der Hotels noch mit Kohleöfen gekocht und die Hitze war oftmals
fast nicht auszuhalten. So bemühte sich Bruno sehr bald nach seiner Lehre,
auch alle anderen Positionen im Hotelwesen kennenzulernen. „Ich habe alles
mitgemacht, von der Küche bis zum Empfang. Nur so lernt man verstehen, wie
ein Hotel funktioniert. Heute denken viele, mit dem Abschluss einer
renommierten Hotelschule wüssten sie Bescheid. Doch das Hotelfach kann man
eben nicht aus Büchern lernen. Vor allem geht es darum, eine gute Beziehung
zu seinen Gästen aufzubauen", sagt Bruno Forrer heute. Er ist stolz,
in seinen ersten Jahren in der Schweiz auch mit Pauli, dem berühmten Autor
von Kochbüchern, welche heute noch als Lehrbücher verwendet werden,
zusammengearbeitet zu haben.
Bald darauf wechselte er nach Zürich ins Grand Hotel
Dolder. „Das war ein super Name. Ich hatte mich als Trainee im Restaurant
beworben und wurde akzeptiert. Der Lohn spielte überhaupt keine Rolle, denn
das Dolder war eines der besten Hotels der Stadt. Die ersten zwei Monate
durfte ich dann erst einmal das Tafelsilber putzen, Tische abräumen und
sonst nur zuschauen. Doch Sie können sich nicht vorstellen, wie viel ich
dabei gelernt habe", erinnert er sich. Nicht nur der Service war
herausragend, sondern auch die Gästeliste. „Damals war es üblich, dass
die feinen Herren der Gesellschaft mit ihrer ganzen Familie im Hotel
logierten. Die Atmosphäre dieser Art Hotels unterschied sich erheblich von
den meisten der heutigen." Als Bruno Forrer einige Zeit später im
Genfer Hotel Des Bergues arbeitete, konnte er auch den damaligen König von
Saudi-Arabien als seinen Gast begrüßen. „Er logierte auf zwei Etagen des
Hotels und hatte einen ganzen Schwarm Frauen dabei, obwohl die meisten zu
hause geblieben waren."
Ins Des Bergues war Bruno Forrer allerdings mehr aus Not
gekommen. Er hatte im ehrwürdigen Hotel Beau Rivage gearbeitet, welches
jedoch zu dieser Zeit schon völlig heruntergekommen war. „In diesem Hotel
war seit dem letzten Jahrhundert außer den Glühbirnen nichts ausgetauscht
worden", gruselt es Bruno noch heute. Die Gäste sahen ebenfalls danach
aus und benahmen sich auch äußerst sonderbar. „Ich konnte da nicht
arbeiten, es war grausam. Ich habe mich so schnell wie möglich nach etwas
anderem umgesehen." Es war eine der kuriosen Stationen in der
abwechslungsreichen Karriere Bruno Forrers.
Nach dem Des Bergues begann dann ein völlig neuer
Lebensabschnitt. Bruno wechselte nach Basel und begann dort, als Barmann in
einer der berühmtesten Bars der Stadt im Grand Hotel Euler zu arbeiten. „Im
Euler traf man sich. Die gesamte Elite der Stadt pflegte dort ihren Cocktail
einzunehmen, bevor sie zum Essen in ein Restaurant ging. Es war
hochinteressant. Man erfuhr die neuesten Neuigkeiten, denn die wichtigste
Qualität eines Barmannes ist es, zuzuhören und viel Geduld zu haben."
Bruno fungierte als eine Art Beichtvater und erfuhr sehr schnell alle Lebens-
und Leidensgeschichten seiner begüterten Gäste. Manchmal kam es vor, dass
eine Frau mit ihrem Liebhaber in die Bar kam und kurz darauf ihr Ehemann mit
seiner Geliebten. Das war jedoch weder für Bruno noch für die anderen
Anwesenden ein Problem, und anscheinend auch nicht für die Beteiligten. Es
galt vor allem, den guten Schein der feinen Gesellschaft zu wahren. Bruno
fühlte sich wohl in der Rolle des Zuhörers und als ihn einer seiner Gäste
einlud, in der Bar des Londoner Hotels Dorchester anzufangen, nahm er gern
an. Dort traf sich die Elite und die Stars der ganzen Welt und das Hotel
brauchte dringend einen Barmann, der nicht nur Englisch sprach. „Es war
eine wunderbare Zeit. In den acht Jahren, die ich in London arbeitete, traf
ich fast alle Stars der Welt. Alle kamen sie, von der Dietrich bis zu Frank
Sinatra." Damals herrschten in London strenge Sitten und die Bar hatte
um Punkt 23 Uhr zu schließen. Eine Missachtung der Sperrstunde hätte auch
einem guten Hotel die Lizenz kosten können. „Frank Sinatra kam, gemeinsam
mit Dean Martin und Sammy Davis einmal sturzbesoffen kurz vor 11 noch in die
Bar. Wir durften aber auch für keinen unserer illustren Gäste eine
Ausnahme machen, also bekamen sie nichts mehr zu trinken. Frank Sinatra
schimpfte mindestens fünf Minuten lang wie ein Rohrspatz und wiederholte
sich bei seinen Schimpfwörter dabei kein einziges Mal."
Nach acht wunderbaren Jahren in London erhielt Bruno
Forrer von einem seiner besten Freunde einen Brief, welcher sein Leben von
Grund auf verändern sollte. Schon aus seiner Anfangszeit im Dolder kannte
er einen gewissen Alois Fassbind – den späteren „Mr. Pattaya".
Dieser hatte gerade einen Lehrauftrag an einer schweizerischen Hotelschule
im afghanischen Kabul beendet und war mit dem Auto aus Afghanistan nach
Bangkok gefahren, wo er als Assistant Manager im Hotel Oriental begonnen
hatte. Fassbind hörte nicht auf, Bruno Forrer von der „viel größeren
Herausforderung" in Bangkok vorzuschwärmen, und schließlich ließ
sich Bruno überreden und packte seine Koffer und trat dort eine Stelle als
Restaurant Manager an. Seitdem waren Fassbind und Forrer ein nahezu
unzertrennliches, geschäftstüchtiges Gespann. Für viele Bewohner Pattayas
sind beide Namen heute noch eng mit dem Royal Cliff Hotel, mit großartigen
Veranstaltungen, Aktivitäten und Wohltätigkeit verbunden.
Doch zunächst saßen sie im Oriental, welches heute
immer noch zu den besten Hotels der Welt gehört. Zu Brunos Zeiten
allerdings war das Hotel völlig heruntergekommen und der neue Restaurant
Manager ging erst einmal in die Stadt, um Pflanzen einzukaufen. „Dann
suchte ich auch noch nach ein paar Goldfischen für den Hotelteich. Das war
kein Problem, ich wurde gleich ins entsprechende Geschäft gefahren. Als ich
dort ankam, musste ich allerdings feststellen, dass meine thailändischen
Kollegen nur das Wort ‚Gold’ verstanden und mich zu einem Juwelier
gebracht hatten", lacht Bruno.
Als das Hotel verkauft wurde, schauten sich Fassbind und
Forrer nach neuen Arbeitsstellen um und nach mehreren Aufgaben in
verschiedenen Hotels erhielt Bruno wieder einmal einen Anruf von Fassbind.
Dieser hatte im Pattaya Palace begonnen und suchte noch jemanden, „um die
Arbeit zu machen". Bruno seufzt: „Jedesmal wenn Fassbind in
Schwierigkeiten steckte, holte er mich, um ihn da wieder herauszuholen."
Nach getaner Arbeit wechselten die Eigentümer wieder einmal und die beiden
Freunde entschieden sich dagegen, dort weiter zu arbeiten. Anstelle dessen,
machten sie einen langen Urlaub in Europa und Afrika. Anschließend trennten
sich ihre Wege kurzzeitig, bis Fassbind im Jahre 1973 als General Manager
das Royal Cliff Hotel eröffnete. „Sie können sich denken, was Fassbinds
erste Aktion war," erzählt Bruno mit einem zufriedenen Kopfschütteln.
„Natürlich fragte er mich sofort, ob ich nicht für ein paar Monate bei
der Eröffnung des Hotels aushelfen könnte." Aus diesen paar Monaten
wurden dann 21 überaus erfolgreiche Jahre als Resident Manager im Royal
Cliff. „Khun Panga, die Besitzerin, hatte mich gebeten, weiter für sie zu
arbeiten. Und ich hatte gerade nichts anderes zu tun." So einfach kann
es sein. Über diese 21 Jahre halfen Alois Fassbind und Bruno Forrer, das
soziale Leben von Pattaya zu prägen. Fassbind verstand es ausgezeichnet,
neue Projekte zu beginnen und immer auf den Titelseiten der Zeitungen zu
erscheinen, während sich Bruno Forrer immer im Hintergrund aufhielt, aber
die Dinge am Laufen hielt – in seiner ruhigen, sanften Art. Wenn es eine
Person gibt, auf welche der Titel „Herr" zutrifft, so ist es Bruno
Forrer.
Vor sechseinhalb Jahren verließ Bruno dann aus
gesundheitlichen Gründen das Royal Cliff Hotel und wollte sich eigentlich
zur Ruhe setzen. Doch einer seiner Freunde, Dolf Riks, war mit seinem
Restaurant in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Bruno riet ihm, seine
Restaurantlizenz zu verkaufen, und als Dolf Riks fragte: „Wer möchte die
denn haben?" sagte Bruno: „Na, dann kaufe ich sie eben". So
begann er noch einmal, wiederum gemeinsam mit Fassbind, ein neues Kapitel.
Das Restaurant wurde nach Bruno benannt: „Bruno’s". Dieses
Restaurant, welches im Grunde nur gekauft worden war, um einem Freund aus
der Patsche zu helfen, ist heute eines der bekanntesten und elegantesten
Restaurants der Stadt. Heute arbeitet Bruno dort nur noch an drei Abenden in
der Woche.
Nach Alois Fassbinds Tod vor einigen Jahren, wurde Fredi
Schaub sein alleiniger Geschäftspartner. Bruno hat sich aber seit einiger
Zeit, wieder aus gesundheitlichen Gründen mehr zurückgezogen. Seinem
Partner sagte er, dass er nur noch vorbeikommt, wenn er seinen Stock
benutzen darf. „Sollte mich jemand fragen, warum ich einen Stock brauche,
sage ich einfach, ich bin besoffen." Er lacht: „Und mein Partner
Fredi Schaub ist auch froh, weil ich jetzt nicht mehr so oft nach oben in
die Küche komme."
Was er in seiner Lehrzeit in der Schweiz gelernt hat,
gilt noch heute als Maxime seines Wirkens: Mache alles, damit sich deine
Gäste wohlfühlen. Die Freundlichkeit und der Humor Bruno Forrers sind,
neben dem gemütlichen Ambiente und dem vorzüglichen Essen, der Hauptgrund,
warum seine Gäste immer wieder kommen. Bruno Forrer, von Statur klein, ist
trotzdem der große, alte Herr im Restaurant und in Pattaya. Bruno Forrer
zählt auch ohne einen Adelstitel zum Adel. Trotzdem, für uns alle ist und
bleibt er einfach „Bruno", ein Mann den alle kennen und schätzen.