Dick Schröter sitzt an der Theke seines Restaurants Alt
Heidelberg. Er ist ein sehr ruhiger, zurückhaltender und bescheidener
Mensch und eigentlich ist es ihm gar nicht wohl in der Haut, als er ein
Interview für das Pattaya Blatt geben soll. „Ja, was soll ich denn da
erzählen? Ich bin doch nichts Besonderes", meint er fast schüchtern.
„So interessant war mein Leben ja gar nicht".
An den Wänden jedoch hängen einige alte Erinnerungen:
ein Zerstörer der deutschen Bundesmarine, die Fußballmannschaft in Bangkok
und ein feuchtfröhlicher Abend mit Günter Glomb im Grand Erawan Hotel.
Ja, mit dem Erawan hatte eigentlich alles angefangen,
denn seit dem 2. April 1968 lebt Dick mit kleinen Unterbrechungen seit
bereits 34 Jahren in Thailand und hat die Thai Residenz. Das war einfach
damals, da das Grand Erawan Hotel damals der Regierung gehörte und Dick
problemlos eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Endgültig nach
Pattaya kam er dann 1974 und 1979 eröffnete er sein jetzt noch bestehendes
Restaurant Alt Heidelberg an der Beach Road, fast an der Ecke zur Süd-Pattaya
Straße. Damals war die 2nd Road noch eine Sandstraße, doch die Gegend um
das Alt Heidelberg war schon immer der pulsierende Mittelpunkt des
Nachtlebens der Stadt. Meist für Männer. „Seither haben wir allerdings
die Theke nach hinten versetzen müssen. Heute kommen viel mehr Familien als
damals", berichtet Dick. Doch wie ist er überhaupt nach Thailand
gekommen? „Ach, das ist ja schon so lange her", wehrt er ab. „Aber,
vielleicht beginnen wir einfach ganz von vorn, dann fällt mir schon alles
wieder ein."
Dick, der eigentlich Dankwart heißt, wurde 1939 in
Magdeburg geboren und wuchs in einem streng konservativen Elternhaus auf.
1952 hielt es seine Mutter dann nicht mehr in der DDR aus und beschloss,
ihre Heimat zu verlassen. Deshalb fuhr sie mit den Kindern und der Oma nach
Westberlin und wurden von dort mit einer DC-3 nach Hamburg ausgeflogen. Man
sagt, wer einmal seine Heimat verlässt, bleibt den Rest seines Lebens
reiselustig. So hielt es Dick nicht lange in Deutschland aus und meldete
sich mit 23 Jahren als Freiwilliger bei der Bundesmarine. Als Schiffskoch
bereiste er drei Jahre lang mit dem Begleitschiff der Schulschiffe Hipper
und Späh die Weltmeere vor den Küsten Südamerikas. Der Smutje fühlte
sich wohl in seiner Arbeit und in Amerika, und so entschloss er sich, beides
miteinander zu verbinden. Kurze Zeit arbeitete er im Caribic Hilton in
Puerto Rico, doch dann kehrte er nach Europa zurück. Er hatte sich
entschlossen, eine Hotelkarriere zu beginnen und wollte alles von der Picke
auf lernen. Also ging er nach Genf und arbeitete nacheinander in den Hotels
De Lac und Du Rhone. Dick aber war im Grunde seines Herzens zu einem echten
Weltreisenden, ja geradezu einem Weltenbummler geworden, denn bald darauf
zog es ihn wieder in die Karibik zurück, diesmal auf die Virgin Islands.
Von dort aus ging es dann nach Bangkok. Dick hatte sich in einigen Ländern
in Asien beworben, und im Grand Erawan suchten sie einen Chef-Patisier. „Nun
gut, warum nicht, dann also auf nach Thailand." Das war 1968. Zwei
Jahre blieb er in diesem feinen Hotel, jedoch formale Ausbildung im
Hotelwesen hatte er immer noch nicht genossen. Also stieg er wieder ins
Flugzeug und es ging zurück in die Schweiz, an die Hotelfachschule in
Luzern. Nach dem erfolgreichen Abschluss nahm Dick eine Stellung auf der
Isle of Wright in England an, um besser Englisch zu lernen. Tagsüber
arbeitete er in einem Hotel und abends besuchte er eine Sprachschule. Auch
diesmal war der Aufenthalt in Europa nur von begrenzter Dauer, denn die
Ausstrahlung Thailands hatte auch auf Dick Wirkung gezeigt. Also ging es
wieder nach Thailand zurück, als Chefkoch ins Ocean View Hotel. Das Hotel
hatte gerade an der Beach Road von Pattaya eröffnet und wurde schnell eines
der bekanntesten Hotels der Stadt. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt als
Restaurantmanager in Singapur nahm Dick dann die gleiche Stelle im Dusit
Thani in Bangkok an. Darauf folgten in kurzen Abständen Stationen als
Wirtschaftsdirektor im Mandarin Hotel und im Hyatt Rama, beide ebenfalls in
Bangkok. Während dieser Zeit lernte er die beiden Deutschen Dieter Flöth
und Günter Glaub kennen. Glaub war der Trainer der thailändischen
Fußballnationalmannschaft. Zusammen eröffneten die drei das Haus München,
damals noch in Soi 5 der Sukumvit Road. 1974 fassten Dieter Flöth und Dick
Schröter gemeinsam den Beschluss, Bangkok den Rücken zu kehren und sich in
Pattaya niederzulassen. Sie eröffneten den Biergarten in der Soi 7, der
später zum Alten Biergarten wurde und ein Treffpunkt für alle Deutschen
und Deutschsprachigen in der Stadt war. Später kam dann der Deutsche
Biergarten in Süd Pattaya dazu. Es war ein lustiges Gespann, der herzhaft
laute Dieter und der ruhigere umgängliche Dick und viele, viele Freunde
saßen viele, viele Nächte mit den beiden zusammen. Leider trennten sich
dann 1979 ihre geschäftlichen Wege und Dick eröffnete das Alt Heidelberg,
welches von Anbeginn ein voller Erfolg wurde. Aber als Magdeburger ein Alt
Heidelberg? „Damals kamen noch viel mehr Amerikaner von der Navy nach
Pattaya – na, und alle kannten natürlich Heidelberg in Deutschland. Das
war dann ein Anziehungspunkt auch für diese Gäste", erklärt Dick.
Dick ist seit 1980 verheiratet. Seine ausgesprochen
schöne Tochter Claudia ist jetzt 22 Jahre alt und studiert Medizin in
Bangkok. „Die Schönheit hat sie von der Mama, die Intelligenz von mir",
schmunzelt Dick. Sein Sohn Richard ist 20 und geht in England zur Schule.
„Eigentlich wollte ich ihn nach Deutschland schicken, aber die
Schuluniformen in England waren hübscher." Der wahre Grund: Richard
spricht kaum deutsch, doch die Familie hatte sich entschlossen, den Sohn
besser nach England zu schicken, da perfektes Englisch in Thailand doch
wichtiger ist. „Deutsch muss er dann aber auch noch lernen", meint
Dick. Um sicher zu gehen, dass auch richtig studiert wird, haben ihn die
Eltern an eine Universität in Blackmoore geschickt, damit er „in Ruhe"
studieren kann. „Das ist eine Gegend, in der wahrscheinlich Agatha
Christie ihre Romane schrieb und das wilde London ist weit weg", sagt
Dick. Nachdem wir sein Foto gesehen haben, können wir die Londoner Mädls
nur bedauern!
Dick ist nicht nur ein guter Familienvater, er sieht auch
seine Angestellten als seine Familie an. „Eine unserer Köchinnen ist
schon 20 Jahre bei uns und hat in dieser Zeit 4 Kinder bekommen und kocht
besser deutsch als thailändisch".
Dick genehmigt sich nach diesen 29 Jahren im Gastgewerbe
etwas mehr Ruhe. Er geht jeden Tag zum Golfspielen und zweimal im Jahr
fliegt er für ein bis zwei Monate nach Deutschland und macht regelmäßig
eine Kur im Schwarzwald. „Ich bin wirklich gern in Deutschland. Aber nur,
wenn schönes Wetter ist." Deshalb kehrt er immer wieder gern nach
Thailand zurück. Er hat noch eine Wohnung in Dormagen, doch seine
eigentliche Heimat ist seit langem Thailand.