Frauensache

Lügen haben –oft auch – lange Beine

Wie, lügen? Wer? Ich? Nie! ...ups, und schon war das eine faustdicke Lüge. Denn, es ist bewiesen, jeder von uns lügt oder hat schon geflunkert und wir tun es immer wieder – und oft aus gutem Grund.

Eine Freundin kam neulich zu mir und präsentierte sich im neuen „Look". Ihre Haare, sehr fein und ohne jeden Halt, vorher durch einen sorgfältigen Kurzhaarschnitt und viel Lockenwickler und Haarspray in Form gebracht, hingen plötzlich, wesentlich länger, aber dafür fettig aussehend und ohne jede Form, wie Schnittlauch an ihrem Kopf herunter. Ich wusste, dass sie jeden Tag zum Friseur mußte, um diese Strähnen ein wenig ansehnlich zu machen – und ihr dadurch die Haare in Büscheln auszufallen begannen - und daher log ich. Ich sagte, wie gut sie damit aussehe, obwohl gerade das Gegenteil der Fall war. Eine Notlüge aus Freundschaft.

Egal, ob zu Hause, in der Arbeit, im Gesellschaftsleben – wie oft „müssen" wir lügen. Kleine Alltagslügen erleichtern das Leben eben ungemein. Deshalb lügen wir! Ungelogen! Untersuchungen haben ergeben, dass (fast) jeder mindestens zweimal am Tag flunkert – denn Gründe dafür gibt es mehr als genug.

Man schwindelt aus Höflichkeit, aus Respekt, aus Mitleid, aus Liebe, aus Angst oder Feigheit, aus Freundschaft und natürlich auch aus Berechnung und Prestigesucht. Nicht gut? Verhaltensforscher haben angeblich festgestellt, dass Lügen überlebenswichtig für uns sind, schon aus Gesundheitsgründen. Menschen, welche immer ehrlich sind und die Wahrheit sagen, haben es meist sehr schwer im Leben und machen sich Feinde. Außerdem glauben die Menschen, dass ein ehrlicher Mensch eher dumm ist, denn zum Schwindeln braucht man a) ein gutes Gedächtnis, b) muss man allgemein intelligent sein, c) viel Phantasie besitzen und vor allen Dingen d) sehr flexibel sein.

Man kann die vielen verschiedenen Lügen in einige Kategorien aufteilen. Jetzt können Sie selbst entscheiden, welche Sie benützen:

Die Selbstlüge
Sich selbst etwas vorzulügen kommt häufiger vor als man denkt. Wir greifen zu ihr, wenn wir unliebsame Wahrheiten verdrängen wollen. Zum Beispiel halten wir das Bild einer glücklichen Familie aufrecht, obwohl wir längst wissen, dass uns der Partner betrügt. Oder wir lügen uns vor, dass die Verstörtheit unseres Sohnes an Wachstumsschwierigkeiten liegt und bewahre, nicht am Drogenkonsum. Wir machen uns selbst etwas vor, wenn wir uns betrunken ans Steuer setzen und behaupten, wir hätten genügend Kontrolle. Wir belügen uns, wenn wir sagen, dies sei das letzte Stückchen Schokolade oder die letzte Zigarette, obwohl wir wissen, dass wir es wieder nicht schaffen werden. Trotzdem, Selbstlügen können auch wichtig sein. Zum Beispiel indem wir uns einreden, dass wir die Zukunft oder die Karriere im Griff haben, dass wir es schaffen werden ohne Schaden über unsere Probleme hinwegzukommen. Mit Hilfe dieser sogenannten Kontroll-Illusionen schaffen wir es, gegen Lebensängste anzukämpfen.

Die Geltungslüge
Diese Art Lüge kann man an den Übertreibungen erkennen. Da werden aus einem gefangenen Fischlein plötzlich 12 riesig große oder der Hügel, welchen man im Urlaub bestiegen hat, wird zum 3000er. Außerdem verschweigt man, dass man beim letzten Marathon auf halber Strecke aufgegeben hat oder die Freundinnen, welche man hat, kann man aus Platzgründen nur mehr in einem Harem unterbringen. Alles Helden, Experten und Wunderkinder? Ganz klar, solche Flunkereien geschehen aus Geltungsgründen und dem Bedürfnis nach Anerkennung und Bewunderung.

Lügen zum Beeindrucken
Ähnlich ist es auch mit den Lügen um zu beeindrucken. Wir lassen uns die Haare färben, tragen Schuhe mit hohen Absätzen, holen uns Sonnenbräune aus der Tube oder dem Sonnenstudio, lassen uns das Fett absaugen, die Falten wegschneiden. Wir „geben an" mit unseren Kenntnissen, Kochkünsten, Sportlichkeit, Kompetenz und Fachwissen. Warum machen wir das? Um andere Menschen zu beeindrucken, aber letztlich dienen diese Täuschungsmanöver dazu, um unser Selbstwertgefühl zu steigern.

Lügen aus Angst
Bei Lügen aus Angst können sich viele verschiedene Motive dahinter verstecken. Angst vor unangenehmen Konsequenzen, Bestrafung, Liebesentzug und vor allem die Furcht, dass so wie wir sind, nicht genug ist. Anstatt ehrlich etwas zuzugeben, wollen wir den anderen etwas vormachen was nicht stimmt – das kann sehr leicht ins Auge gehen, speziell da man diese Lügen überprüfen kann. Daher ist der Schutzfaktor bei diesen Lügen immer gering.

Prosoziale Lügen
Prosoziale Lügen sind sehr weit verbreitet. Wer hat nicht schon geflunkert aus Rücksichtnahme? Hinter Lügen dieser Art steckt der Wunsch, niemanden zu verletzen – so wie mein Beispiel mit der Freundin.

Skrupellose Lügen
Skrupellose Lügen sind am gefährlichsten! Ohne mit der Wimper zu zucken erzählen diese Betrüger (denn meist handelt es sich um solche), dass der Wagen fast neu ist, welchen man kaufen will, dass jede Sicherheitsmaßnahme getroffen wurde um... und noch viel mehr. Diese Menschen schwindeln das Blaue vom Himmel herunter – immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Auch viele karrieresüchtige Menschen verwenden diese Art von Lügen – ihnen ist jedes Mittel recht um ans Ziel zu kommen. Fehler ihrerseits werden nie eingestanden, anstelle werden die Kollegen oder Familienmitglieder beschuldigt, um selbst besser dazustehen.

Kinderlügen
Ja, auch Kinder beginnen bereits in frühen Jahren zu flunkern. Meist werden dabei Dinge oder Gegenstände aufgebauscht und größer dargestellt. Allerdings hat diese „Lügen" nur sehr viel mit ausgeprägter Phantasie zu tun, da der Wille jemandem damit zu schaden oder zu hintergehen, noch fehlt. Meist ist es sogar gut für die Entwicklung eines Kindes – wenn es sich im Rahmen hält. Allerdings werden auch Kinder immer gewiefter, je älter sie werden und die Lügen kommen immer spontaner und fließender über ihre Lippen.

Man sieht also, schwindeln ist nicht angeboren, man lernt es durch die Lebensumstände. Trotzdem ist es eine der natürlichsten menschlichen Eigenschaften.