Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Kinderprostitution und Sex-Tourismus

Vor zehn Jahren war die Presse nicht besonders interessiert daran über Touristen zu berichten, die wegen pädophiler Vergehen angeklagt waren, weil es schlechthin zu viele solcher Fälle gab. Wenn man damals die Süd-Pattayastraße (Pattaya Tai) in Richtung Strandstraße (Beach Road) entlang flanierte, wurde man von vielen Kindern, Knaben und Mädchen, angesprochen, die Kaugummi, Zigaretten und Kondome etc. verkauften, in Wahrheit aber die Absicht hatten, ihre Körper den Kunden für Sex anzubieten.

Inzwischen haben sich die Zeiten jedoch grundlegend geändert. Die Öffentlichkeit verfolgt mit großem Interesse diese Entwicklung, und Sex mit Kindern wird heute von der Gesellschaft nicht mehr toleriert. Die Vereinigten Nationen, viele Regierungen weltweit und viele gemeinnützige Organisationen haben der Pädophilie den Kampf angesagt und pädophile Vergehen werden als Straftat gebrandmarkt.

Es gibt Hunderte von Organisationen, rund um die Welt, die Kinderprostitution, Kinder-Porno, Kinder-Sextourismus bekämpfen, und die Protektion der Kindesrechte mit allen Mitteln durchzusetzen versuchen. In Thailand gibt es das Zentrum zur Protektion der Kindesrechte und das ECPAT „End Child Prostitution and Trafficking (Thailand)" zu deutsch: „Ende mit der Kinderprostitution und dem Kinderhandel", eine Zweigstelle der ECPAT International. Diese vorgenannten Institutionen haben viele Untersuchungen über Kinderprostitution und Kinderhandel durchgeführt und die Ergebnisse in vielen Publikationen veröffentlicht. Es gibt nur wenige von diesen Berichten, in denen nicht der Name Pattaya auftaucht, jedoch mit der Ergänzung Fantasieinsel (Fantasy Island).

Mein Artikel in dieser Kolumne befasst sich mit diesem Thema und soll über die Rechtssituation aufklären. Ob die Einen nun in Unwissenheit der Rechtssituation sich sexuell an Kindern vergehen, oder die Anderen, welche die gesetzlichen Aspekte in Bezug auf den Sex mit Kindern kennen, in der Beurteilung der Vergehen wird kein Unterschied gemacht. Oder der Standardfall, eine Person geht auf die sexuelle „Anmache" eines Kindes ein, oder sie spricht ein Kind mit der Absicht an, Sex mit ihm zu wollen. In beiden Fällen handelt es ich um ein strafbares Vergehen.

Obergerichts Fall Nr. 2591/2540

Werfen wir nun einen Blick auf diesen Fall: Staatsanwalt gegen Karl-Heinz Brands, Angeklagter. Im Jahre 1994 hatte der Angeklagte vier Kinder im Alter von 11 bis 13 Jahren auf sein Zimmer mitgenommen. Im Zimmer angelangt hat er den Kindern befohlen sich nackt auszuziehen und sich selbst und gegenseitig im Genitalbereich zu berühren. Diese Handlungen hat er mit seiner Kamera festgehalten. Die Kinder hatte er von der Straße sowie in einem Warenhaus aufgegriffen. Der Angeklagte wurde der unzüchtigen Handlung an Kindern, Produktion von obszönen Material (Fotos und Film) für kommerzielle Zwecke, Entführung von Kindern von ihren Schutzbefohlenen und Verführung von Kindern zu unzüchtigen Handlungen angeklagt. Das Gericht der Ersten Instanz befand den Angeklagten in allen Anklagepunkten als schuldig und verurteilte ihn zu 43 Jahren und 4 Monaten Gefängnis und einer Buße von Baht 1.000. Der Angeklagte erklärte sich mit dem Schuldspruch nicht einverstanden und leitete ein Wiedererwägungsverfahren ein. Das Berufungsgericht ließ den Anklagepunkt Entführen von Kindern von den Schutzbefohlenen fallen, mit der Begründung, dass die Kinder nicht unter irgendeiner bekannten Schutzperson gestanden hätten, sondern von der Straße und von einem Warenhaus aufgegriffen wurden. Die restlichen Anklagepunkte wurden aufrecht erhalten und das Strafmaß wurde auf 4 Jahre und 2 Monate Gefängnisstrafe reduziert.

Das Obergericht bestätigte in der Folge den Schuldspruch des Berufungsgerichtes mit der Begründung, dass die Kinder von zu Hause ausgerissen wären, sich durch Betteln ernährt und in öffentlichen Anlagen geschlafen hätten, und aus diesem Grunde nicht unter dem Schutze der Eltern oder Schutzbefohlenen gestanden hätten. Das Gericht befand ebenfalls, dass der Angeklagte die Kinder nicht von seinen Eltern oder Schutzbefohlenen entführt hätte.

Diese Begründung des Obergerichtes hat beim Zentrum für die Protektion der Kindesrechte großen Missmut und Unzufriedenheit ausgelöst, und das Zentrum hat deshalb eine Beschwerde beim Justizministerium eingereicht. Begründet wurde diese Beschwerde mit der Aussage, dass die abgegebenen Erklärungen des Gerichtes in krassem Widerspruch zur Konvention über die Rechte des Kindes stehen würden. (CRC=Convention on the Rights of the Child). Thailand ist ein Mitglied dieser Konvention. Das CRC hat sich dabei auf den Paragraphen 2 der Sektion 2 der Konvention berufen, der wie folgt lautet:

„Staaten und Parteien haben alle möglichen Maßnahmen zu unternehmen um sicherzustellen, dass das Kind gegen jegliche Formen von Diskriminierung und/oder Strafen auf der Basis der Rechtstellung, Aktivitäten, geäußerte Meinungen oder den Glauben der Eltern des Kindes, gesetzlicher Schutzbefohlenen oder Familienmit-gliedern geschützt ist".

Nach der Beschwerde seitens der CRC wurde definitiv klar, dass, wenn ein Kind unter 15 Altersjahren für sexuelle Zwecke missbraucht wird, auch im Einverständnis des Kindes, der/die Straftäter/in sich des Vergehens der Entführung eines Kindes von einem Schutzbefohlenen schuldig macht. Diese Klage des CRC ist auch geschützt durch Abschnitt 53 der Verfassung des Königreiches von Thailand, Akt B.E. 2540, der wie folgt lautet: „Kinder, Jugendliche und Familienmitglieder haben das Recht durch den Staat gegen Gewalttätigkeit und unfaire Behandlung geschützt zu werden. Kinder und Jugendliche ohne Schutzbefohlenen haben das Recht vom Staat Pflege und Ausbildung zu erhalten, wie im Gesetz beschrieben."

Konklusion

Als Konklusion ist festzuhalten: Auch unter Missachtung der Unmoral eines solchen abscheulichen Vergehens lohnt es nicht, sich selbst in solche Aktivitäten einzulassen, obwohl die zivilen Schadensersatzforderungen in Thailand unbedeutend sind. Auch ist die Verjährungsdauer für solche Vergehen relativ kurz. Sie müssen jedoch wissen, dass jemand auch im eigen Lande für in Thailand oder anderswo begangene Vergehen von Pädophilie strafverfolgt und bestraft wird, was bereits in Japan zur Anwendung kam, wo ein Thai-Mann einen Japaner wegen sexuellen Missbrauchs anklagte und den Fall gewann. Ich werde in folgenden Ausgaben über weitere Fälle berichten.