Amrit Singh ist ein gewichtiger Mann. Damit meinen wir
nicht nur sein Aussehen, sondern auch die Stellung, welche er in Pattaya
einnimmt. Er ist nämlich nicht nur der Präsident der Indischen
Gesellschaft hier, nein er übt auch noch andere wichtige Funktionen aus,
meist im Bereich der Wohltätigkeit. Erst kürzlich erhielt er wieder 2
Auszeichnungen vom Rotary Club Jomtien Pattaya für besondere Verdienste zum
Wohle der Bedürftigen. Amrit Singhs Einstellung zum Leben ist, obwohl er
ein Sikh ist, eigentlich sehr christlich. Er sagt sich nämlich: Geben ist
seliger denn Nehmen – und dass man, wenn man gibt auch immer etwas
zurückbekommt. So hielt er es sein ganzes Leben und behielt recht damit.
Geboren
wurde Amrit in Surathani, im Süden Thailands. Dort verbrachte er die ersten
Jahre seines Lebens, bevor ihn seine Eltern, Geschäftsleute aus der
Stoffbranche, nach Bangkok zur Grundschule schickten. Nach vier Schulklassen
ging er dann in Indien, im bergigen Massouri im Norden des Landes, zur
Schule. „Man hatte von dort einen herrlichen Ausblick auf den nahe
gelegenen Himalaja und an schönen Tagen konnte man den Mount Everest
erblicken", erinnert sich Amrit. Die schöne Zeit in Indien dauerte
allerdings nicht sehr lange, bereits mit 15 Jahren musste er zurück nach
Thailand. Sein Vater hatte sein gesamtes Vermögen bei einem Brand verloren
und der junge Amrit musste nun Geld verdienen um der Familie zu helfen. Er
ging nach Bangkok, da es dort wesentlich mehr Möglichkeiten gab eine Arbeit
zu finden. Während dieser Zeit lernte er bei einem englischen Lehrer
welcher Spezialklassen abhielt, in seiner spärlichen Freizeit sein Englisch
zu verbessern. Amrit ging jetzt, neben seiner Arbeit, täglich von 7:00 –
9:00 und dann in seiner Mittagspause von 13:00 – 15:00 Uhr zum Englisch
Unterricht. Bedingt durch die vielen Amerikaner, welche zur Erholung vom
Vietnam Krieg nach Thailand kamen, halfen ihm seine Sprachkenntnisse
ungemein weiter und er verdiente so viel Geld, dass er sein eigenes,
bescheidenes Schneider-Geschäft in Bangkok eröffnen konnte. Zur gleichen
Zeit fand er auch die Frau seines Lebens und heiratete mit 24 Jahren seine
Satwant Kaur aus Korat. Zwei Söhne wurden dem Paar bereits in Bangkok
geboren. Als das Geschäft dort immer schlechter lief, entschied sich Amrit
sein Glück zu versuchen und nach Utapao, wo sich eine amerikanische Kaserne
befand, zu gehen. Schnell fand er als Simultan-Übersetzer eine Anstellung
und übte diese Tätigkeit während der nächsten drei Jahre aus. „Manchmal,
wenn ich zu müde war zum nach Hause fahren, schlief ich im Haus von Peter
Malhotras Vater (Peter ist der Eigentümer von Pattaya Mail/Pattaya Blatt).
Seit dieser Zeit beruht unsere Freundschaft", erzählt Amrit. Als er
genug Geld verdient hatte eröffnete er wieder einen Schneiderladen, ganz in
der Nähe der Kaserne und diesmal war ihm das Glück hold und er machte gute
Geschäfte. „Ich behielt mein Geschäft dort bis zum Ende des Vietnam
Krieges", berichtet Amrit, „als dann die Kasernen der Amerikaner in
ganz Thailand abgebaut wurden, gab es natürlich in Utapao nichts mehr für
uns zu tun. Also strömten alle Schneider und anderen Geschäftsleute nach
Bangkok und Pattaya, da dort der westliche Tourismus gerade am Aufblühen
war." Amrit entschied sich, mit seiner, mittlerweile um einen weiteren
Sohn und eine Tochter angewachsenen Familie in Pattaya anzusiedeln. Hier
lebt er nunmehr seit mehr 28 Jahren. Wir hatten unser Gespräch in seinem
Stamm-Geschäft in Südpattaya, dem Taj Mahal, welches auf der
unglückseligen Meeresseite liegt und eines der 101 Geschäftshäuser ist,
welche vom Abbruch durch die Stadt bedroht werden. Dazu befragt sagte Amrit:
„Es kommt alles wie Gott es will. Aber ich persönlich glaube nicht daran,
dass diese Häuser abgerissen werden. Zu viele Familien würden dadurch ins
Unglück gestürzt. Ich höre diese Abbruchgechichte seit mehr als 20 Jahren
– und wir sind immer noch hier."
Amrit Singh ist ein sehr Gottgläubiger Mensch. Auf seine
persönliche Initiative, in Zusammenarbeit mit vielen anderen Mitgliedern
der Indischen Gesellschaft, wurde vor vielen Jahren ein Bungalow in der Soi
Diamond als Sikh Tempel benützt. „Aber der wurde bald zu klein und die
Gläubigen verlangten auch danach öfter in den Tempel gehen zu können und
nicht nur einmal am Sonntag." Also, wieder auf seine starke Initiative
hin wurde endlich ein Grundstück in der Soi 17 in Südpattaya gefunden und
der erste Sikh Tempel in Pattaya wurde, mit Geldern aus der gesamten Sikh
Gesellschaft in Thailand, erbaut. Wunderschön mit einer goldfarbenen Kuppel
steht der Bau, welcher im Jahre 1982 begann und nach ungefähr sechs Jahren
vollendet war, da und lädt alle ein, darin zu beten und zu verweilen. „Jeder
ist bei uns willkommen. Wir fragen nicht nach der Religion. Wir haben auch
viele Ausländer, welche uns oft besuchen. Alle Religionen sind ja im Grunde
verwandt. Unsere „Bibel" heißt Guru Garath Sahib, was ungefähr
übersetzt ‚die Lehren des Gurus’ bedeutet. Jeden Tag, nach dem Gebet
zwischen 8:30 und 10:00 Uhr wird kostenloses Essen verteilt und während der
Woche haben wir cirka 100 Menschen zu Gast und am Sonntag kommen dann so
zwischen 200 und 300 Personen," erzählt Amrit stolz. Das Essen wird
von den gläubigen Sikhs und Namtaris selbst gekocht und kostenlos zur
Verfügung gestellt.
Amrit Singh, der gewichtige Mann, mit den
unwahrscheinlich klugen Augen und dem guten Herzen ist stets für seine
Mitbürger da. Alle können mit ihren großen oder kleinen Sorgen zu ihm
kommen und er hat immer ein offenes Ohr – und manchmal auch eine offene
Geldbörse – für sie.
Als Optimist und Menschenfreund lebt Amrit nach den Gesetzen der
Menschlichkeit und ist somit nicht nur ein Vorbild für die Indische
Gesellschaft sondern für viele andere Menschen in Pattaya auch.