Lächelnd hält Jan Olav Aamlid eine schwere Metallkugel
in der Hand. Sie ist sorgsam in Serviettenpapier eingewickelt, damit ihre
kostbare Oberfläche durch die Berührung mit der Haut nicht oxidiert. Die
Kugel ist eine thailändische 80-Baht-Münze aus dem 19. Jahrhundert. Heute
hat sie einen Wert von 5 Millionen Baht. Und doch ist sie nur eines der
vielen wertvollen Stücke in der Sammlung von Jan Olav.
Jan Olav Aamlid war schon immer ein begeisterter
Münzensammler und er ist einer der bekanntesten Münzhändler Thailands und
Norwegens. Er ist der Eigentümer des House of the Golden Coin in
Südpattaya.
Schon in seiner Kindheit in der Gegend um Oslo verbrachte
er viele Stunden mit seiner Sammlung und schien voll und ganz von seiner
Leidenschaft besessen zu sein. Doch Jan Olav ist keiner dieser sonderbaren
Sammelfanatiker in einem dunklen Hinterstübchen, sondern ein moderner und
weltoffener Unternehmer und sicher einer der Einwohner Pattayas mit den
besten Beziehungen in „allerhöchste" Kreise. Und dabei sah es
während seiner Schulzeit eher schlecht aus für eine interessante Karriere.
Jan Olav erzählt: „Ich konnte mich in der Schule nie konzentrieren und
war immer mit meinen Münzen beschäftigt." Einmal war gerade die
Deutschlehrerin so ärgerlich mit dem unaufmerksamen Jungen, dass sie meinte:
„Du kannst mit meinem Deutschunterricht viel Geld verdienen, aber mit
deinen blöden Münzen wirst du gar nichts erreichen." Es war eine
grandiose Fehleinschätzung, und als die Lehrerin ihren ehemaligen Schüler
nur 10 Jahre später besuchte, gestand sie verblüfft: „Ich bin
beeindruckt." Denn in der Zwischenzeit hatte Jan Olav mit einem
Jurastudium begonnen aber es gleich wieder aufgegeben, um ein eigenes
Münzgeschäft zu eröffnen.
Damals war er gerade 19 Jahre alt. Er kaufte einen
kleinen Laden für Damenunterwäsche und Kosmetik und machte mit dem großen
Ausverkauf seine ersten unternehmerischen Erfahrungen. Dann baute er den
Laden um und begann mit seiner Münzhandlung. Seither haben ihn die kleinen
Geldstücke und die Banknoten nicht mehr losgelassen und auch Thailand
lernte er nur ihretwegen kennen.
1980 wollte Jan Olav zu einer Münzhändlerkonferenz nach
Singapur fliegen und ließ sich im Reisebüro überreden, ein billigeres
Flugticket mit zusätzlichem Zwischenaufenthalt in Pattaya zu kaufen. „Sie
erzählten mir von den vielen hübschen Mädchen, doch als ich hier im Royal
Cliff ankam, traf ich nur alte amerikanische Damen." Die Enttäuschung
war riesig. Doch nach seinem ersten Besuch im Zentrum der Stadt entschloss
sich Jan Olav nicht nur sofort zum Umzug in ein zentraleres Hotel, sondern
hielt es auf der anschließenden Tagung in Singapur auch nur 3 Tage aus und
flog gleich wieder nach Pattaya zurück. Seither kam er regelmäßig nach
Thailand. Selbstverständlich beschäftigte er sich sofort mit den
thailändischen Münzen und legte eine umfangreiche Sammlung an. Gerade nun,
aus Anlass zu den Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der thailändischen
Banknoten, wird deutlich wie wenig die Geschichte des thailändischen Geldes
hier im Land erforscht wurde. „Bisher gab es kaum Interesse daran",
meint Jan Olav bedauernd und so ist er zu einem der ganz wenigen Experten
auf diesem Gebiet geworden.
1989 lernte er seine Frau Mio kennen, die in Pattayas
Sportkreisen als eine der besten Bowlerinnen der Stadt bekannt ist.
Gemeinsam haben sie zwei Kinder, den 8-jährigen Kevin und den 4-jährigen
Matthew, der sich seit kurzem Gop (der Frosch) nennt.
Mit seiner Frau betreibt er jetzt sein Münzgeschäft „House
of the Golden Coin" in Pattaya, doch die Mehrzahl der geschäftlichen
Transaktionen erfolgen in Bangkok. Und auch sein ursprüngliches Geschäft
in Oslo hat Jan Olav noch immer. Alle zwei Monate fliegt er ins kalte
Norwegen und schaut nach dem Rechten, und nach neuen Münzen.
Auf den Münzen und den Banknoten finden sich immer
wieder die Portraits früherer oder jetziger Könige. „Im Geld eines
Landes ist ein großer Teil seiner Geschichte geprägt. Es zeigt nicht nur
die Herrscher, sondern mit seiner Gestaltung und seinem Material auch die
wirtschaftliche und politische Situation zu der jeweiligen Zeit",
erklärt Jan Olav. Und durch seinen Beruf, aber auch seine
gesellschaftlichen Aktivitäten konnte er persönlich schon Bekanntschaft
mit einigen Königen und Mitgliedern königlicher Familien schließen.
Das herausragendste Ereignis war sein Besuch bei Seiner
Majestät, dem König von Thailand. „Aber das war eine lange
Geschichte", sagt Jan. Sie begann mit einer Reise von König
Chulalongkorn Rama V 1907 nach Norwegen. Rama V wollte sich über die neu
entwickelten Technologien der Firma Norsk Hydro informieren und verband
damit eine lange Reise bis in den hohen Norden ans Nordkap. Dort ließ er
seinen Namen in einen Stein meißeln. Nach langer Vergessenheit wurde der
Stein wiederentdeckt und eine Sala Thai um ihn herum gebaut. Zum 90.
Jahrestag der Reise bat Jan Olav die Königshäuser um die Erlaubnis, eine
Gedenkmedaille zu prägen, auf deren Rückseite die Steininschrift t und auf
deren Vorderseite die Portraits von König Chulalongkorn und des damaligen
Königs von Norwegen zu sehen sind. Bei der Übergabe der Medaille im
Königlichen Dusit-Palast in Bangkok nahm Seine Majestät König Bhumibol
die Medaille persönlich entgegen und unterhielt sich eine halbe Stunde lang
mit Jan Olav.
Doch auch mit dem früheren norwegischen König und dem
König von Schweden pflegt er gute Beziehungen und hat sogar die englische
Königin und Prinz Philip bei einem Empfang getroffen. Alle Herrscher
scheinen ein besonderes Verhältnis zu den Münzen zu haben, da sie ihre
Familiengeschichte darstellen. Und so kommt ein bekannter Münzhändler
immer wieder in Kontakt mit den gekrönten Häuptern. Den König von
Schweden hat Jan Olav allerdings in seiner Position als Pfadfinder kennen
gelernt. Der König besuchte im Rahmen seiner Werbeaktivitäten für den
Weltpfadfinderrat Thailand und kam mit Jan Olav bald – natürlich – auf
Münzen zu sprechen. „Seine Tochter hatte sich einmal bei ihm beklagt,
dass alle anderen Kinder im Kindergarten Taschengeld erhalten, sie aber
nicht. Darauf habe er ihr gesagt, sie müsse erst zählen können, bevor sie
Geld bekomme. Als sie erklärte, dass sie dies natürlich könne, gab er ihr
einige Münzen und sie zählte: ‚Ein Vati, zwei Vatis, drei Vatis ...’"
Auf allen war das Gesicht ihres Vaters eingeprägt.
Jans Frau Mio sind die Bekanntschaften ihres Mannes
allerdings nicht ganz geheuer. „Auf einem Pfadfindertreffen in Australien
gab der schwedische König Mio etwas zu trinken. Doch sie schrak zurück und
sagte ‚Nein, danke, denn mit einem König konnte sie nicht aus dem
gleichen Glas trinken," erzählt Jan Olav lachend.
Neben seinen geschäftlichen Aktivitäten als
Münzsammler ist Jan Olav seit ca. 19 Jahren auch Vizepräsident des
Numismatikerverbandes Thailands und engagiert sich im Rotary-Klub
Jomtien-Pattaya, bei den Freimaurern und ist Kassier beim Klub der Chaine de
Rotisseurs. In seiner Freizeit mag er es, am Strand zu laufen oder mit dem
Fahrrad zu fahren. Einmal wollte er auch Golf lernen und besuchte eine Woche
lang eine Golfschule. Doch dann litt er unter Herzproblemen und musste zum
Arzt. „Der Arzt konnte aber gar nichts feststellen und fragte mich nur, ob
ich viel Golf gespielt hätte. Ganz offensichtlich hatte ich kein Problem
mit dem Herzen, sondern nur Muskelkater in einem Muskel, den ich bisher noch
nie verwendet hatte."
Vielleicht sollte er die seltene, große und schwere
80-Baht-Münzen Kugel einmal zum Muskeltraining verwenden, fragte ich - und
Jan lachte dazu.
Alle anderen Münzen wiegen wenig auf der Waage, doch viel in der
Geschichte eines Landes und im Wert der Münzsammler. Jan Olav bereitet sich
jetzt auf eine Ausstellung zum 100. Jahrestag der thailändischen Banknoten
im Dezember in Bangkok vor. Dort soll die Geschichte des thailändischen
Geldes umfassend dargestellt werden und Jan Olav kann viele seiner
Sammelstücke einbringen. Und vielleicht kommt auch wieder Seine Majestät
der König vorbei, um dem Experten Jan Olav die Hand zu schütteln.