Ranjith Chandrasiri
Sie macht Spaß, sie ist leichter zu haben, als man meint,
und bei ihr lernt man etwas: bei der Weinprobe zu Hause - mit Freunden oder
einfach mal so zu zweit. Was man dazu braucht oder wissen müsste? Weniger,
als man denkt ...
Mit allen Sinnen genießen
Zunächst gilt es, Klarheit und Farbe des Weins zu
betrachten. Beide geben Aufschluss über den Zustand und die Reife des Weins.
Je reifer beispielsweise ein Weißwein ist, umso goldener schimmert er, bis
hin zum dunklen Bernstein.
Doch nicht nur das Auge wird durch das Schwenken auf den
Genuss vorbereitet. Auch der Wein entfaltet an der Luft sein Aroma, sein
Bukett. Diesen Duft einzufangen erfordert eine gewisse Übung. Schließlich
sind die meisten Menschen nicht sehr geschult darin, ihre
Geruchsempfindungen in Worte zu fassen. Was dabei hilft, ist der Vergleich
mit vertrauten Düften. Erinnert der Wein an Früchte wie Äpfel, Beeren
oder Pfirsiche? Hat er einen Hauch von Frühlingsblumen oder frischen,
grünen Feldern? Duftet er leicht nach Holz oder etwa wie Vanille? Das hilft
Ihnen dabei, Ihre Sinneseindrücke beim Riechen und Schmecken treffend in
Worte zu fassen.
Chitra
Chandrasiri gemeinsam mit Denis Dubourdieu, dem Eigentümer und
Weinhersteller des Chateau Doisy Daene in Sauternes, Frankreich, bei einer
Weinprobe zu Hause mit Freunden und Familienangehörigen.
Gut kaufen, gut lüften, gut sortieren
Der Geschmack eines Weines entfaltet sich an
unterschiedlichen Stellen im Mund. Was dem Wein und auch den
Geschmacksknospen hilft, ist zunächst einmal Luft. Das erklärt, warum
manche Weingenießer den Wein schlurfen oder ein wenig Luft durch den Wein
nachziehen und den Wein über die Zunge rollen lassen. Denn nur so lassen
sich alle Geschmacks- und Aromanuancen wahrnehmen.
Damit der Geschmackssinn während einer ausgiebigen
Weinprobe nicht überfordert wird, empfiehlt es sich, langsam zu steigern:
leicht vor schwer, trocken vor lieblich, jung vor alt. Natürlich können
Sie auch nur weiße oder nur rote, nur trockene oder nur reifere Weine
probieren - erlaubt ist, was gefällt und schmeckt.
Welche Weine Sie für eine Probe zusammenstellen, liegt
ganz bei Ihnen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Auswahl aus einem
Anbaugebiet? Der Reiz dieser Probe ist es, einen charakteristischen,
gebietstypischen Geschmack zu entdecken.
Oder Sie nehmen vergleichbare Weine einer Rebsorte, zum
Beispiel Riesling, aus verschiedenen Anbaugebieten: Bei gleichem Jahrgang
und gleicher Qualitätsstufe (wie Kabinett oder Spätlese) werden Sie
erstaunliche Unterschiede erschmecken können. Weitere Ideen für eine
Weinprobe: Qualitätsstufen-Weinprobe, Jahrgangs-Weinprobe oder auch eine
Überraschungs-Weinprobe, bei der Ihre Gäste ihre Favoriten selbst
mitbringen.
Wenig Aufwand, viel Genuss
Für eine Weinprobe ist nicht viel vorzubereiten. Sie
brauchen natürlich die Weine und sollten für die richtige Temperatur
sorgen: Weißwein im Kühlschrank auf 7 bis 8 Grad Celsius kühlen, Rotwein
am besten bei etwa 18 Grad Celsius anbieten. Wer es genau nimmt, kann sich
an folgende Empfehlungen halten:
Junge, leichte Weißweine z.B. Riesling Kabinett 9 - 11°
C
Reife, kräftige Weißweine, z.B. Weißburgunder
Spätlese 11 - 13° C
Roséweine, Weißherbst 9 - 13° C
Jugendliche, leichte Rotweine, z.B. Portugieser oder
Trollinger 14 - 16°C
Reife, gehaltvolle Rotweine, z.B. Spätburgunder
Spätlese 16 - 18° C
Gehaltvolle und sehr gerbstoffbetonte Rotweine, z.B.
Barrique 18 - 20° C
Zum Thema Glas gibt es eigentlich nur zwei Punkte zu
beachten. Erstens sollte das Glas zur vollen Entfaltung des Buketts einen
tulpenförmigen Kelch haben. Und damit man zweitens die Farbe ohne
Fingerabdrücke beurteilen kann, sollte das Glas klar sein und einen Stiel
haben, an dem man es anfassen kann.
Zur Weinprobe selbst werden Brötchen oder Brot und ein
Schluck frisches Wasser gereicht. Ein Bissen zwischen den probierten Weinen
neutralisiert den Geschmack. Hinterher darf dann ein herzhafter Imbiss
folgen, zu dem man die zuvor verkosteten Weine genießt.
Auf ins Vergnügen
Eine Weinflasche zu öffnen ist eine Vorfreude, die man
bei einer Weinprobe gleich mehrfach genießen kann. Apropos Anzahl: Eine
kleine Weinprobe kann man bereits mit 4 - 5 Sorten beginnen, bei etwa 12 -
14 Weinen nimmt die Unterscheidungsfähigkeit der Geschmacksknospen manchmal
ab.
Das Entkorken sollte so behutsam wie möglich geschehen.
Am besten nehmen Sie dazu einen Korkenzieher mit großen Windungen. Er
erfasst den Korken, ohne dass Korkenkrümel in den Wein geraten. Denn vor
allem bei älteren Weinen kommt es vor, dass der Korken brüchig geworden
ist. Weißweine sollten kurz vor dem Servieren geöffnet werden. Gehaltvolle
Rotweine sollte man wesentlich früher öffnen. Um Duft und Aroma des Weines
intensiv wahrzunehmen, sollten die Weingläser nur zur Hälfte gefüllt
werden.
Ranjith Chandrasiri ist der Resident Manager im Royal Cliff Grand und der
Präsident des Royal Cliff Weinclubs, Royal Cliff Beach Resort, Pattaya,
Thailand, Email: [email protected] oder [email protected]