Kritik

Motts CD Hütte: Led Zeppelin III

von Mott der Hund

***** Wertung: 5 Sterne

Nachdem sie zwei der phänomenalsten Alben der Hardrockgeschichte innerhalb eines Jahres (1969) herausgebracht hatten – und wir sollten nicht vergessen, dass es ihre ersten Alben waren – kam Led Zeppelin 1970 mit einer Scheibe heraus, die alle zu Narren hielt. Wie machten sie das? Ganz einfach. Sie änderten das Rezept von Grund auf. Mit der blosen Beherrschung der Hard-Rock-Welt waren sie nicht zufrieden, sie wollten einfach alles. Lassen Sie es mich erklären, indem ich Sie durch dieses bunte Album führe.

Es geht los mit einer perfekten Eröffnung durch „Immigrant Song" (ein glatter Raub von Bali Hai, ich meine, wenn Sie schon etwas stehlen, sollten Sie es mit Klasse tun), ein pochender Rocksong, der auch auf Led Zeppelin II gewesen sein könnte. Also keine Überraschung, vielleicht auch nur eine Warnung an irgendeinen möglichen Usurpator ihrer Hard-Rock-Krone, dass er es von vornherein vergessen kann. Aber dann fällt die Kinnlade herunter, wir sind mit „Friends", einer Akkustiknummer mit John Bonham an den Tabla-Drums, mitten drin im lebhaften Folk-Rock. Das hatte ich echt nicht erwartet. Dann kommt „Celebration Day" und es ist wirklich ein Fest mit einer rockenden Akkustikgitarre und Robert Plant kreischt „How Happy He Is" (kein Wunder, da er vom kompletten Nichts zum Vordermann der meistverkauften Band der Welt geworden war). Jimmy Page legt einige herrliche Eletrogitarrenklänge hin, um das Lied zum überwältigenden Ende zu bringen. Darauf folgt das zentrale Stück des Albums „Since I’ve Been Loving You" (es bedeutete für dieses Album genausoviel wie „Stairway To Heaven" für das nächste), ein Blues-Stück, welches zu dieser Zeit ohne Gleichen war. Es ist ein sieben Minuten dauerndes Epos über verlorene Liebe und der Gesang und die Instrumentaleinlagen sind ein Genuss. John Bonhams Schlagzeugspiel ist kraftvoller und gleichzeitig feinfühliger als je. John Paul Jones trägt zur dunklen Stimmung des Songs mit einem großartigen Orgelspiel bei. Jimmy Pages herzenbrechendes Gitarrensolo in der Mitte des Stücks bringt einen einfach um den Verstand. Und Robert Plant bietet wahrscheinlich eine der herausragendsten Gesangseinlagen seiner Karriere. Der darauf folgende Titel wäre in der guten alten Schallplattenzeit der Abschlusssong gewesen. „Out On The Tiles" ist ein elektronisches Hard-Rock-Stück mit einem starken Bassrythmus, der die Tugend des harten Lebens preist.

Von hier an rast Led Zeppelin nicht weiter, sondern lehnt sich einfach zurück, macht die Akustik aus und spielt 5 Lieder, die auf jedes Folk-Album passen könnten. Mit „Gallows Pole" wildern sie wieder einmal in einer Neufassung eines führenden Bauchgesangs, beginnen mit einem ruhigen akustischen Grove, der sich jedoch bald zu einem brausenden Crescendo steigert. „Tangerine" und „That’s The Way" haben tolle Klänge, von Herzen kommende Texte und ein echtes Gefühl, was alles zu diesem emotionalen Ausklang beiträgt. Das Album schließt mit dem trällernden „Bron-Y-Aur-Stomp" und dem ehrlich gesagt bizarren Tribut an ihren Kumpel „Hats Off To (Roy) Harper".

Insgesamt ist es eine sehr vollständige Sammlung von Liedern, mit denen Led Zeppelin noch ein weiteres Jahr in ihrem Schloss wohnen konnten. In meinen Ohren ist es wahrscheinlich Led Zeppelins kreativstes, nachdenklichstes und beschaulichstes Album.

Musiker.

Jimmy Page – Gitarren.

Robert Plant – Gesang.

John Bonham – Schlagzeug.

John Paul Jones – Bass & Keyboards.

Inhalt.

1. Immigrant Song

2. Friends

3. Celebration Day

4. Since I’ve Been Loving You

5. Out On The Tiles

6. Gallows Pole

7. Tangerine

8. That’s The Way

9. Bron-F-Aur Stomp

10.Hats Off To (Roy) Harper