Im Wein liegt die Wahrheit

Sekt-Hochgenuss der prickelnden Art

Ranjith Chandrasiri

Man mag es der deutschen Sprache nachsehen, dass sie eines der lustvollsten Getränke gerade mal mit einer knappen, lustlosen Silbe bedacht hat: Sekt. Verbirgt sich doch dahinter, kaum dass der Korken entfernt ist, ein in vielerlei Hinsicht sinnliches Genussvergnügen. Denn das, was da in aller Ruhe in tiefen Kellern heranreift, hypnotisiert uns zu jeder Zeit mit seinem zarten Perlenspiel, verführt mit einem anregenden Duft und beschwingt uns mit seinem lebendigen Prickeln.

Die Flaschen werden waagerecht in so genannte Rüttelpulte gesteckt, vier Wochen lang täglich vorsichtig gedreht und gleichzeitig immer steifer mit dem Kopf nach unten aufgerichtet.

Doch wie kommen die Perlen in das Getränk, dem es gelingt, uns ganz leicht über den Boden des Alltags zu heben?

Sekt ist im eigentlichen Sinne ein in den Weinbergen gewachsenes Naturprodukt. Das Besondere aber, sein charakteristisches Perlenspiel, geht erst aus einer zweiten Gärung des Weines hervor.

Die ideale Trinktemperatur liegt für weiße und rosé Sekte bei 6-8°C.

Ganz zu Anfang steht die Auswahl des Weines. Hierbei werden vor allem solche bevorzugt, die säurebetont, rassig, elegant und äußerst reintonig sind. Denn beim Winzersekt werden nicht, wie bei den „Cuvées" üblich, mehrere Rebsorten miteinander vermischt, sie sind immer rebsortenrein. Es bleibt bei einer Rebsorte, oftmals auch bei einer Lage und einem Jahrgang. Erfahrung und Handwerkskunst bei der Verarbeitung sind dann die eigentlichen Werkzeuge eines Kellermeisters, der schon im Voraus absehen können muss, weicher Rebensaft einmal in seinem Keller zu einem großartigen Sekt heranreift.

Ist die Entscheidung für den Ausgangswein getroffen, wird nun die zweite Gärung in Gang gesetzt. Zucker und Hefe werden in ein weiteres Prozent Alkohol und Kohlensäure verwandelt. Diese Kohlensäure der zweiten Gärung ist es auch, die später einmal im Glas das filigrane Perlenspiel entstehen lässt.

Nach der zweiten Gärung ruht und reift der Sekt mehrere Monate, manchmal Jahre, auf seiner Hefe im dunklen und kühlen Keller.

Klassische Flaschengärung

Bei der Urmethode der Sektherstellung, der Méthode champenoise, findet die zweite Gärung in der einzelnen Flasche statt, die der Sekt erst zum Genuss wieder verlässt. Nach der zweiten Gärung ruht und reift der Sekt mehrere Monate, manchmal Jahre, auf seiner Hefe im dunklen und kühlen Keller. Danach werden die Flaschen waagerecht in so genannte Rüttelpulte gesteckt, vier Wochen lang täglich vorsichtig gedreht und gleichzeitig immer steifer mit dem Kopf nach unten aufgerichtet. Nach diesem aufwändigen Prozess hat sich die Hefe vollständig im Flaschenhals angesammelt. Die Flaschenhälse werden in eine Kältesole getaucht, so dass die Hefe gefriert. Wird die Flasche nun geöffnet, platzt der Hefepfropfen heraus. Der geringfügige Verlust in der Flasche wird ausgeglichen, die Flasche wieder mit einem Stopfen verschlossen und mit einem Draht gesichert.

Da der Begriff der Méthode champenoise seit vielen Jahren den Erzeugnissen aus der Champagne vorbehalten ist, erhält Sekt, der nach diesem Verfahren hergestellt wird, in vielen Ländern die Bezeichnung „traditionelle" oder auch „klassische Flaschengärung".

Sekt hat seine eigenen Rituale und Regeln. Während manche Weine zu Hause noch reifen können, verlässt der Sekt die Keller der Winzer auf dem Höhepunkt seiner Reife. In kühlen, dunklen Kellern lässt er sich jedoch ohne weiteres ein- bis drei Jahre lagern, ohne seine Spitzenqualität zu verlieren.

Gut gekühlt trinken

Die ideale Trinktemperatur liegt für weiße und rosé Sekte bei 6-8°C. Wer es versäumt hat, den Sekt rechtzeitig in den Kühlschrank zu stellen (und bitte auch nur dorthinein und nicht ins Eisfach!), dem bleibt auf die Schnelle noch die Möglichkeit, den Sekt zu frappieren. Dazu wird die Flasche in einen Kühler gestellt, viel klein gehacktes Eis und eine Hand voll Salz dazu, dann die Flasche am Hals ein paar Minuten hin- und herdrehen.

Auch wenn der Knall ein nahendes Vergnügen ankündigt - eine Freude ist es für den Sekt nicht.  Der plötzliche Druckverlust bringt die Flasche zum Überschäumen, was Ihren Genuss dann oft um einige Gläser schmälert. Halten Sie deshalb den Verschluss gut fest und lassen Sie den Druck mit einem leisen Zischen entweichen.

Einladung zur Poesie

Sekt kann noch so angenehm duften - die größte Freude kommt auf, wenn man ihn auf der Zunge schmeckt oder fühlt. Was die meisten Menschen dabei wahrnehmen, kann schon das eine oder andere Mal die Grenze zwischen Wahrheit und Dichtung überschreiten. So vielfältig die Bezeichnungen auch sein mögen, hier ein paar, die helfen, Ihre Sinneseindrücke in Worte zu fassen: So beschreibt man das Alter etwa mit reif oder firn, den Gehalt als stoffig oder zart, oder man entdeckt leichte (lieblich, füllig) wie auch kraftvolle (nervig, wuchtig) Eigenschaften. Auch die Wirkung auf Gaumen und Nase lässt sich beurteilen (stahlig, herb, süffig, harmonisch, vollmundig, reintonig).

Das Glas als Medium

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Schale ist denkbar ungeeignet. Sie lähmt das sonst so heitere Perlenspiel. Und die Blume, das verlockende Bukett, verliert sich in alle Winde. Ideal dagegen ist das hohe schlanke Glas. Dabei spielt es weniger eine Rolle, ob diese feingliedrigen Gefäße tulpenförmig sind oder ganz schmal und parallel, ob sie sich an der Mündung ein wenig nach außen wölben oder nach innen. In all diesen Formen kommt das Spiel der Perlen am schönsten zur Geltung, kann sich die Seele eines Sektes am besten entfalten.

Ranjith Chandrasiri ist der Resident Manager im Royal Cliff Grand und der Präsident des Royal Cliff Weinclubs, Royal Cliff Beach Resort, Pattaya, Thailand, Email: ranjith@ royalcliff.com or wineclub@ royalcliff.com