Ich weiß nicht, vielleicht bin ich eigensüchtig, aber es
nervt mich total, wenn meine Freunde sich bei mir alles ausleihen. Eigentlich
hätte ich dagegen nichts einzuwenden, aber ich warte dann immer monatelang
darauf, meine Sachen wieder zurück zu bekommen. Geht es Ihnen genauso?
„Darf ich
mir das mal ausleihen?"
Viele meiner Freundinnen flippen geradezu aus, wenn sie einen
Blick in meinen, nicht gerade kleinen, Kleiderschrank werfen. Ja und dann geht
es los: „Könntest du mir das T-Shirt mal leihen" oder „jenes Kleid
für die kommende Party wäre genau das Richtige für mich". Na und ich
gebe meinem Herzen immer einen Stoß und leihe es her – um dann einige Wochen
später alles in meinem Kleiderschrank umzudrehen, weil ich gerade dieses Kleid
oder T-Shirt anziehen möchte, es aber nicht finde. Mein Hausmädchen, möge mir
der Himmel verzeihen, wird in Gedanken verdächtigt: aber, sie würde so etwas
ja nie anziehen und außerdem mit ihren Thai-untypischen Rundungen gar nicht
hineinpassen. Aber, wo habe ich es denn nun wirklich hingelegt? Bis es mir wie
ein Blitzschlag wieder einfällt, dass ich es ja dieser oder jener Freundin
geliehen hatte. Ein Anruf bestätigt es und ihr „tut mir leid, aber ich hatte
es ganz vergessen", hilft mir in dem Moment auch nicht viel weiter und
lässt nur Spuren von Frustration in meiner Seele zurück.
Mit Verwandtschaft ist es noch ärger! Mein Mann und ich
bekommen immer regelmäßig Besuch von unserer Familie. Natürlich wohnt diese
dann bei uns, da wir ja ein „schönes, großes Haus" haben und außerdem
„Bedienstete" (das dickliche Hausmädchen, welches ich vorher erwähnt
hatte) also „sind wir ja im Grunde überhaupt keine Belastung für euch",
heißt es dann immer. Stimmt. Es macht nicht viel aus, dass ich zum Frühstück
6 Portionen zubereiten muss, anstatt nur zwei. Das geht Ruck-Zuck. Es macht auch
nichts aus, dass ich den Chauffeur für die Verwandtschaft spielen muss, „weil
ihr doch so weit draußen wohnt". Alles kein Problem. Es macht mich aber
rasend, dass meine Nichten, Schwestern, Cousinen und was sonst noch an
weiblicher Verwandtschaft bei mir rumhängt, sich regelmäßig meine Klamotten
ausborgen. Nach dem täglichen Einkaufen finde ich dann mindestens ein
weibliches Wesen in einer meiner Jeans oder Blusen, Unterwäsche oder Bikini vor.
„Ach weißt du, ich habe ja nicht so viel dabei, da darf ich mir doch was von
dir leihen, oder?" Jawohl, oder! Denn man hätte mich zumindest fragen
können. Bei der Abreise kommt es dann noch schlimmer. Da ist es schon häufig
passiert, dass ein Rock oder ein Kleid in den Tiefen der Koffer meiner
Verwandtschaft verschwand. Auch mit meinen Büchern passiert das: „Ach, das
habe ich gerade angefangen zu lesen, das möchte ich im Flugzeug zu Ende lesen"
oder CDs, „die gibt es bei uns nicht", werden auch eingesammelt.
Ich bin überzeugt davon, dass weder meine Freundinnen noch
meine Verwandtschaft die Sachen mit Absicht zurückbehalten. Ich bin sicher,
dass sie ab und zu mal in den Kleider- oder Bücherschrank sehen und sich sagen:
Oh, das muss ich aber jetzt bald einmal zurückgeben" – es aber innerhalb
der nächsten fünf Minuten sofort wieder vergessen haben. Mein Mann sagt, wenn
ich mich wieder einmal bei ihm darüber beklage, dass meine Eigensucht daher
stamme, dass ich ein Einzelkind sei, er dagegen hätte immer alles mit seinen
drei Brüdern geteilt – auch die Unterhosen und Socken. Vielleicht mag er
recht haben, sinniere ich dann, aber trotzdem, meine Unterhosen gehören
schließlich mir alleine!
Ich habe jetzt etwas anderes begonnen. Bei unseren regelmäßigen Besuchen in
Deutschland, zweimal im Jahr, „borge" ich mir Dinge aus von meiner
Verwandtschaft. Die nehme ich dann nach Thailand mit und bei ihrem nächsten
Besuch können sie sich dann ihre Bücher, CDs, Kleider und Kosmetika wieder
mitnehmen.