Gestatten, mein Name ist:

Mechai Viravaidya

Auf der Royal Cliff Halbinsel zwischen Pattaya und Jomtien liegt inmitten eines herrlichen grünen Gartens das Cabbages & Condoms Restaurant & Resort. Dort gibt es zwar auch einheimischen Kohl zu essen, aber nebenbei sind mehrere kleine Bäume wie zur Weihnachtszeit mit Schmuck behängt, mit vielen Kondomen nämlich. Der Eigentümer des Restaurants ist nämlich der berühmte Politiker Mechai Viravaidya, auch bekannt unter dem Namen „Kondom-König."

Senator Mechai Viravaidya ist seit vielen Jahren der Hauptverantwortliche für die Popularisierung der Kondome und die Umsetzung einer Familienplanung in Thailand. Er hat den Dorfbewohnern in den entferntesten Provinzen Kondome gebracht und Werbekampagnen gestartet, um die Kinderzahl in Thailand zu reduzieren. Allein die nackten Zahlen sagen Erstaunliches über seinen Erfolg aus: die durchschnittliche Kinderzahl sank seit dem Beginn seines Programms von 7 Kindern pro Familie auf heute 1,6 Kinder. Seine Kondomaufblaswettbewerbe und andere spektakuläre Aktionen machten Mechai Viravaidya im ganzen Land noch mehr bekannt als er bereits war und es wird gemunkelt, dass die Leute beim Kauf eines Kondomes ein „Mechai" verlangen.

Mechai Viravaidya ist ein Unternehmer, wie er im Buche steht: voller Initiative und Schaffenskraft, rational kalkulierend und gleichzeitig sozial engagiert, risikofreudig und voller neuer Ideen. Doch im strengen Sinne des Wortes ist Mechai doch wieder kein Unternehmer, weil er mit seinen Aktivitäten keine Gewinne macht. Fast sein ganzes Leben lang war er in der Politik tätig, doch sagt er von sich selbst: „Ich bin kein Politiker, ich bin nur politisch engagiert." Der Unterschied ist wesentlich und wer Mechai persönlich trifft, versteht sofort, was er bedeutet. Seitdem er im vergangenen Jahr begann, sein neues Resort und Restaurant in Pattaya schrittweise zu eröffnen, hält sich Mechai Viravaidya oft in der Stadt auf und ist schon bei zahlreichen Veranstaltungen als interessanter und provokanter, zum Denken anregender Redner aufgetreten.

Mechai Viravaidya ist kein Neuling in Pattaya. Stolz sagt er: „Ich war wahrscheinlich von allen heute noch hier Lebenden der erste, der nach Pattaya gekommen ist." Sein Vater hatte 1947 mehrere Grundstücke in der heutigen Gegend von Jomtien gekauft und brachte 1955 seinen damals 7 Jahre alten Sohn mit aufs Land. „Damals gab es hier noch Tiger und überall gewaltige Bäume. Die Straße führte durch dichten Dschungel und wenn man von Bangkok kam, musste man sogar mit einer Fähre übersetzen, weil die Straße in der Mitte aufhörte", erzählt Mechai. Der Vater, Dr. Viravaidya, ist Thailänder und die Mutter, Dr. Ella, stammt aus Schottland. Seine Eltern hatten sich beim gemeinsamen Studium in Edinburg kennengelernt und sich nach dem Studium als Ärzte in Bangkok niedergelassen. „Meine ganze Familie besteht aus Ärzten, außer mir und unserem Hund", wundert sich Mechai verschmitzt. „Wir waren wahrscheinlich zu dumm dazu". Der Junge wuchs international auf und wurde als Weltbürger erzogen. Er ging auf katholische und buddhistische Schulen in Bangkok und fuhr mit 13 Jahren nach Australien, um seine Bildung dort fortzusetzen. 1964 graduierte er an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Melbourne. Nachdem Mechai Viravaidya wieder nach Thailand zurückgekehrt war, begann er eine akademische und politische Karriere, die ihn vom Nationalen Ausschuss für wirtschaftliche und soziale Entwicklung bis ins Büro des Premierministers führte und er nahm immer sehr wichtige Ämter oder Ministerposten ein. Allerdings wurde er nebenbei auch in einigen erfolgreichen Filmen ein Star ersten Ranges.

Während seiner Arbeit als Volkswirt besuchte Mechai zahlreiche Provinzen des Landes und erkannte, dass alle progressiven Maßnahmen der Regierung, den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben, mit dem enormen Bevölkerungswachstum nicht Schritt halten konnten. Daraufhin gründete er 1974 die „Gesellschaft für Bevölkerungs- und Gemeindeentwicklung" (PDA), um in den ländlichen Gegenden Thailands eine Familienplanung einzuführen. Die Beteiligung der Dorfbewohner in allen Aktivitäten der PDA ist ein zentrales Merkmal ihrer Arbeit. Insgesamt verteilten 12.000 Freiwillige und mehrere mobile Gesundheitseinheiten im Rahmen des Programms Verhütungsmittel in mehr als 16.000 Dörfern. Doch schnell wurde dem Wirtschaftsexperten deutlich, dass Familienplanung allein für die langfristige Entwicklung Thailands nicht ausreichend ist. Deshalb startete Mechai Viravaidya bald darauf das Gemeinschaftsprogramm zur integrierten ländlichen Entwicklung (CBIRD). Seit nunmehr schon 22 Jahren ist die Hungerhilfe der Deutschen Welle einer der Hauptsponsoren der Programme. Die Hauptidee aller seiner Projekte ist die Hilfe zur Selbsthilfe. „Wenn Sie jemandem eine Spende geben, nimmt er sie und verbraucht sie. Er wird immer von Ihren Spenden abhängig bleiben. Was wir tun, ist, den Menschen zu helfen, sich eine eigenständige Existenz aufzubauen", erklärt er. „Es geht nicht darum, besonders wohltätig zu sein oder eine Mission zu erfüllen. Was letztlich zählt, ist ob das, was man tut, auch die gewünschten Resultate erzielt." Mit dieser Einstellung steht Mechai Viravaidya im Bereich der gemeinnützigen Nicht-Regierungsorganisationen recht allein da. Immer wieder wird er auf internationale Konferenzen eingeladen, um seine Projekte vorzustellen, welche dann weltweit als Vorbild genommen werden. Als Ökonom hat er Programme umgesetzt, mit denen die Dorfbewohner in die Lage versetzt werden, Unternehmen zu gründen und Gewinne zu erwirtschaften. Das Ziel wirtschaftlichen Handelns sieht Mechai darin, „dafür zu arbeiten, dass andere Menschen glücklich sind und ebenfalls Geld verdienen können. Der starre Blick auf das Geld verhindert einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Doch wenn man die Menschen zuerst glücklich und zufrieden macht, kommt das Geld nachher praktisch von allein." Für Protz und die Zurschaustellung von Reichtum hat Mechai kein Verständnis: „Viele Menschen denken, sie seien glücklich, wenn sie guten Wein trinken und Kaviar essen können. Doch sobald alles durch den Darm geht, ist das Geld weg. Ich kann nicht sehen, welchen Wert ein solches Leben haben soll."

Mechai Viravaidya ist verheiratet und hat eine Tochter. Seine Frau ist eine Urururenkelin von König Rama IV und arbeitet als stellvertretende private Chefsekretärin seiner Majestät des Königs. Mechai ist stolz auf die Frauen in seiner Familie und sagt: „Es ist sehr schade und sehr dumm, dass in vielen Ländern die Frauen noch immer nicht die gleichen Chancen haben wie die Männer. Die Männer schneiden sich gewissermaßen einen Arm ab dabei. Meine Familie ist der beste Beweis dafür, dass Frauen klüger sind als Männer."

Mechai ist froh, dass er durch seine Aktivitäten jeden Tag etwas Neues lernen kann und damit nicht nur wirtschaftliche und soziale Erfolge erzielt, sondern gleichzeitig „eine vollkommenere Persönlichkeit" wird, wie er sagt. Er sieht seine Mission darin, etwas aufzubauen, womit er gleichzeitig anderen Menschen helfen kann. Deshalb sitzt er oft stolz und zufrieden unter den Bäumen seines neuen Resorts, dessen Einnahmen vollständig zugunsten der PDA-Projekte gehen. Nach der anstrengenden Arbeit in Bangkok nutzt er jeden freien Tag, um nach Pattaya zu kommen. „Dieses Resort ist meine Kathedrale. Es wird nie vollendet sein", sagt er und atmet den Duft der tropischen Blumen ein. „Für die Städter aus Bangkok haben wir hier eine Oase der Ruhe und Natürlichkeit geschaffen, wie es sie auch sonst in Pattaya nirgendwo gibt." Er hat noch viele Pläne mit seinem Hotel. Als nächstes will er dort ein Handwerkerdorf errichten, in dem Dorfbewohner den Touristen vorführen werden, wie die traditionellen thailändischen Kunstgegenstände auf ursprüngliche Weise hergestellt werden. „Sie werden jeweils für einen Monat aus ihrem Dorf nach Pattaya kommen und können die Reise nutzen, um neue Erfahrungen zu sammeln. Es ist so wie ein Praktikum im Ausland." Vielleicht denkt er dabei an seine eigenen Erfahrungen in Australien, an die neuen Eindrücke in einer anderen Umgebung, die sicherlich wesentlich zu dem beitrugen, Mechai Viravaidya zu der großen, überragenden Persönlichkeit zu machen, die er heute ist.