Tischlein deck dich...

Shenanigans

Von Karsten Holt

Das Shenanigans ist vermutlich eine der bekanntesten Lokalitäten in Pattaya. Ich war allerdings noch nie in dem „Irish Pub" auf der 2. Road direkt neben der Royal Garden Plaza gewesen, da ich befürchtet hatte, unter den vielen Iren und Engländern ziemlich verloren dazustehen. Doch das Publikum im Shenanigans ist sehr international und das „Pub" ist nicht nur irgend eine irische Kneipe, sondern gleichzeitig ein gutes Restaurant. Das Erstaunlichste war allerdings das typische irische Essen. Es ähnelt nämlich auf überraschende Weise der deutsch-österreichischen Hausmacherkost. Und wenn Sie Kartoffelliebhaber sind, sollten Sie sich das Shenanigans nicht entgehen lassen.

„Shenanigans" bedeutet soviel wie „Ausgehen und einen drauf machen", „Gaudi haben", erklärte uns der freundliche Wirt Kim Fletscher den Ursprung des Namens.

Als wir das Pub betraten, wurde ich auf den ersten Blick an die typischen irischen Kneipen in vielen deutschen Städten erinnert. Möbel und Wände sind in gemütlichen Brauntönen gehalten, an den Wänden findet sich zahlloser Krimskrams wieder - Whiskeyflaschen und Bilder und der Tresen nimmt den Hauptteil des Raumes ein. Gegenüber ist eine kleine Bühne für die Livemusik aufgebaut, die hier fast jeden Abend gespielt wird. Über den zahlreichen Tischen hängen hübsche grüne Lampen, die mit dem Braun wunderbar harmonieren und richtig die Atmosphäre der „grünen Insel" wiedergeben.

Doch im Unterschied zu den Irish Pubs, die ich aus Deutschland kannte, gibt es hier neben dem Hauptraum viele kleinere Nebenräume, die zum Trinken, Essen und Plauschen einladen. Sie sind thematisch möbliert, so gibt es zum Beispiel eine „Bibliothek" mit vielen Büchern. Auch kann man wählen, ob man sich auf harte Stühle setzen oder in weichen, grünen Sesseln versinken will. Wenn Sie in einer dieser Nischen sitzen, hören Sie kaum etwas vom Trubel an der Bar und können in Ruhe Ihr Essen genießen.

Die Kellnerinnen und Kellner sind in interessantem Kontrast zu den Lokalfarben alle in weiße Blusen bzw. Hemden und rote Westen gekleidet und überaus freundlich und hilfsbereit.

Ich war von Tony ins Shenanigans eingeladen wurden und ganz überrascht, dass dort schon Tante Frieda vom Pattaya Blatt auf uns wartete. Nachdem wir in einer der gemütlichen Nischen Platz genommen hatten, wurde auch schon das obligatorische Bier serviert, denn auch die Iren sind begeisterte Biertrinker. Tante Frieda bestellte allerdings einen chinesischen Tee, was der Bedienung sehr merkwürdig vorkam, aber mit Blick auf die alte Dame zur Kenntnis genommen wurde.

Ich hatte, um ehrlich zu sein, keine Vorstellung, was es denn in einem irischen Pub zu essen gibt, so dass der erste Blick auf die Speisekarte gleich eine große Überraschung brachte. Die Iren sind nämlich genauso begeisterte Kartoffelesser wie die Deutschen. Das ist eigentlich kein Wunder, da sie traditionell inmitten von Kartoffeln aufgewachsen sind. Ihr Whiskey wird ja auch aus Kartoffeln hergestellt. Deshalb werden dieser und die noch nicht verarbeiteten Kartoffeln zu den meisten Gerichten serviert.

Und wenn ich Kartoffeln sage, meine ich nicht diese merkwürdigen „Pommes Frites" oder „French Fries", die schon deshalb verdächtig sind, weil es nicht einmal ein deutsches Wort dafür gibt. Nein, hier finden Sie einen wunderbaren Kartoffelbrei, der besonders nach den ständigen Reisgerichten in Thailand auf der Zunge wie Butter zergeht.

Es ist also kein Wunder, dass wir als Vorspeise gleich einen sehr traditionellen „Colecanon" wählten, einen riesigen Kartoffelbrei mit Kohl (95 Baht). Tony war hin und weg und Tante Frieda langte natürlich mehrmals zu. Als Hauptgerichte probierten wir das Nationalgericht „Irish Stew" (340 Baht), „Liver, Bacon, Onions, Mashed Potatoes & Pies" (300 Baht) und „Spinach Cheese & Mushroom Pie" (280 Baht).

Der Stew ist praktisch ein Eintopf mit Riesenstücken Lammfleisch und Riesenstücken – na Sie wissen schon – Kartoffeln. Er war köstlich anzusehen und schmeckte nach Auffassung von Tante Frieda großartig, denn sie stürzte sich so darüber, dass ich fast nichts mehr abbekam. Das zweite Gericht bestand aus sehr zarten Leberstücken mit Erbsen, Zwiebeln, Speck-streifen und – wie sollte es anders sein – Kartoffelbrei.

Mein absoluter Favorit war aber der „Pie". Ich hatte „Pie" immer mit Kuchen übersetzt, aber als „Pie" wird alles bezeichnet, was oben und unten Teig hat, ganz egal, was dazwischen ist. Deshalb gibt es alle möglichen Pie-Sorten, mit Fleisch, Gemüse oder Obst, und dieser enthielt eben, wie der Name sagt, Spinat, Käse und Pilze. Merkwürdigerweise keine Kartoffeln!

Als Nachtisch wählten wir dann einen „Apple Pie" mit Vanillepudding (wieder ohne Kartoffeln) und einen „Bread-Butter-Pudding" mit Vanillesauce und Sirup. Dazu tranken wir einmal kein Bier, sondern natürlich „Irish Coffee", einen starken Kaffee mit viel Whiskey und dicker Sahne in einem langstieligen Glas serviert. Der Brot-Butter-Pudding ist eigentlich ein Arme-Leute-Essen, wobei das alte Brot verarbeitet wird. Im Shenanigans füllte dieses eine riesige Schüssel und hätte schon allein satt gemacht.

Alle Speisen erinnerten mich sehr an unseren Landgasthof in Possendorf. Sie sind so gut für den deutschen Geschmack geeignet, dass mir die Iren gleich sympathisch wurden. Ein Problem gab es allerdings beim Aufstehen. Ich hatte mich mit den leckeren Speisen so vollgestopft, dass ich fast so den Umfang vom Wirt hatte und kaum noch laufen konnte. Denn dessen können Sie sicher sein: im Shenanigans werden Sie nicht hungrig vom Tisch aufstehen. Alles in allem war der Abend eine sehr positive Überraschung und auf jeden Fall empfehlenswert.