Heidi Floeth ist unter den Deutschsprachigen in Pattaya
eine große Besonderheit. Sie gehört zu den ganz wenigen, die hier in der
Gegend geboren wurden. Da dies allerdings schon ein paar Jahre her ist, lebt
sie jetzt aber nicht mehr in Pattaya, sondern in London. Und dort gefällt
es ihr sogar noch besser als in Thailand.
Heidi kam vor 23 Jahren in Sriracha zur Welt und ihr
deutscher Vater besuchte gerade einen Thaikurs. Deshalb fiel es ihm nicht
schwer, den passenden, typisch deutschen Namen für seine Tochter zu finden,
denn „Sabai di" bedeutet „es geht gut". Ihr Vater, Dieter
Floeth, ist der Eigentümer vom „Deutschen Haus" in Pattaya und vom
„Old Germany" in Maptaput. Er ist allerdings nicht nur als sehr guter
Geschäftsmann und Freund bekannt, sondern auch, weil er als Markenzeichen
ständig einen weißen Hut trägt und ständig einen Witz auf den Lippen
hat. Doch wenn Sie jetzt glauben, seine Tochter Heidi kommt nach ihm, indem
sie ständig Witze reißt und immer einen weißen Hut trägt, irren Sie sich!
Nein, Heidi ist eine sehr ernsthafte junge Dame, die jetzt in London als
junge, karrierebewusste Geschäftsfrau tätig ist.
Heidi wuchs von früher Jugend an dreisprachig auf. Ihre
Mutter, Pat, übrigens eine Schönheit, ist Thailänderin und der Vater
kümmerte sich als ehemaliger Lehrer mit einer von ihm sonst kaum vermuteten
Strenge um die Deutschkenntnisse seiner Tochter. „Er hatte mir ein ‚Strafenbuch’
gegeben und immer, wenn ich nicht artig war, musste ich etwas auf Deutsch
schreiben oder etwas ins Deutsche übersetzen", sagt Heidi. Angesichts
der Tatsache, dass sie ein ausgezeichnetes Deutsch spricht, könnte man
vermuten, dass sie früher ihrem Vater ähnlicher war und recht oft mit dem
Strafenbuch arbeiten musste....
Heidi besuchte zunächst die damals einzige
englischsprachige Schule der Region, „Whiz Kid". Später ging sie auf
die Pattaya International School und setzte ihre Ausbildung, nach der
Spaltung dieser Institution, an der International School of the Regent fort.
Dort wurde jedoch damals der international anerkannte Abschluss noch nicht
angeboten, welcher der deutschen mittleren Reife entspricht. Deshalb
wechselte sie wiederum das Lerninstitut und verbrachte die letzten drei
Schuljahre in der Garden International School. Dort wurde vollständig nach
dem englischen Schulsystem gelehrt und Heidi erhielt zum Abschluss das in
der ganzen Welt als Voraussetzung zum Universitätsstudium akzeptierte
internationale Bachelaureat. Die Erziehung an den internationalen Schulen
der Region ist sehr westlich ausgerichtet und die Schüler erlernen
Leistungsbewusstsein und Karriereorientierung, die nicht nur in Thailand
selten vorkommen, sondern auch viele der hier angesiedelten Ausländer
überraschen. „Ich bin sehr international aufgewachsen und fühle mich
eher europäisch als Thai", sagt Heidi.
Heidi ist jetzt eine junge engagierte, selbstbewusste
Frau, die sich in Pattaya sehr fremd vorkommt. Als Kind war sie einmal im
Jahr auf Urlaub zur Verwandtschaft nach Deutschland geflogen und hatte auch
zweimal London besucht. Da hatte es ihr auf Anhieb gut gefallen. Deshalb
reifte in ihr der Entschluss, in London zu studieren. Als sie dort ankam,
fühlte sie sich sofort wie zuhause. „London ist meine Traumstadt. Man
kann so viel unternehmen, das Leben pulsiert und es gibt so viele
Entwicklungschancen", schwärmt Heidi. Sie begann ein Modestudium,
welches sie jedoch nach einem Jahr abbrach, um bei einem Unternehmen für
Geschenkartikel zu arbeiten. „Die Arbeit gefällt mir sehr gut, ich habe
in den letzten zwei Jahren so viel gelernt und ich kann dabei in der
Weltgeschichte rumreisen." Die Firma, Twinklers, vertreibt „Impulskaufgeschenke",
wie Heidi fachgerecht erläutert. Das ist dieser kleine Krimskrams vor den
Kassen von Supermärkten oder Geschäften, den die Leute so nebenbei kaufen,
um ihren Lieben eine Freude zu machen. Schnell stieg Heidi in der Firma zu
einer selbständigen Vertriebsrepräsentantin auf und bereist jetzt ganz
Europa, um Supermarktketten und Geschäftsleitungen zu besuchen. Etwa
dreimal im Jahr führen sie ihre dienstlichen Reisen nach Hong Kong, und
anschließend macht sie immer ein paar Tage Urlaub bei ihren Eltern in
Pattaya. „Mir gefällt Thailand", sagt Heidi. „Die Leute sind nett,
das Essen schmeckt gut und natürlich habe ich hier meine Familie. Doch das
Leben ist sehr langsam und ich könnte nicht mehr für lange hier bleiben.
Vielleicht komme ich ja wieder hierher zurück, wenn ich einmal in Rente
gehe." Jetzt ist sie erst einmal ein richtiges „Großstadtmädchen"
geworden, geradezu eine „Yuppy", und ihr Vater ist sehr stolz auf die
Leistungen seiner Tochter.
Ihre anstrengende Arbeit in London lässt Heidi
allerdings kaum Zeit, die vielfältigen Möglichkeiten der Großstadt zu
nutzen. „Ich gehe sehr selten aus. Am Wochenende trinke ich manchmal mit
einer Freundin einen Cocktail in einer Hotelbar oder einem Club", sagt
sie. Ihre erfolgreiche Karriere steht ganz im Mittelpunkt ihres Lebens und
so bleibt für Nebensächliches keine Zeit. „Mein großer Traum ist es,
eine große Karriere aufzubauen, und ich arbeite sehr hart dafür. Ich
möchte noch etwa vier Jahre in dem Unternehmen arbeiten und dann meine
eigene Firma gründen." Sie plant, sich im kommenden Jahr ihre eigene
Wohnung zu kaufen. Für Kinder oder eine Familie hat sie natürlich noch
keine Zeit. „Das kann warten, zunächst möchte ich Karriere machen",
sagt sie. Und der Mann, in den sie sich dann verlieben würde, müsste „selbstbewusst,
erfolgreich und intelligent" sein.
Ihre Schulfreunde haben sich in alle Welt verstreut, doch
eine Freundin studiert in London und sie treffen sich oft. Auch Heidis
Bruder lebt jetzt in London „und wir sehen uns oft", zumindest für
Londoner Verhältnisse. Etwa aller zwei Wochen setzt sich Heidi für eine
Stunde ins Auto nach Südlondon, um dort ihren Bruder zu besuchen. Und dann
geht es schon wieder zum nächsten Termin irgendwo in Europa.
Das kleine Mädchen aus dem Seebad hat sich zu einer sehr
selbstbewussten, jungen europäischen Frau gewandelt. Aus der Gelassenheit
und der Lebensfreude Pattayas und des „Deutschen Hauses" ist sie in
eine pulsierende, hektische, leistungsorientierte Weltstadt gezogen. Es ist
ein ungewöhnlicher Schritt und den Sehnsüchten der meisten europäischen
Bewohner Pattayas geradezu entgegengesetzt. Aber, Heidi weiß was sie will.
„Tschok di, Ai di!"