Ranjith Chandrasiri
Als der erste britische Gouverneur von Australien,
Kapitän Arthur Philip, 1788 in der neuen Kolonie Neusüdwales eintraf,
schrieb der Weinbau in vielen Teilen der Welt bereits Geschichte. Die aus
England deportierten Sträflinge, ihre Aufseher und Familien, die sich in
Australien niederließen, mussten jedoch feststellen, dass dieses Land vom
Weinbau unberührt geblieben war. Auch wussten die Aborigines den von den
Engländern servierten Wein gar nicht zu schätzen: Sie spuckten ihn wieder
aus.
Unbekümmert der Zukunft zugewandt
Völlig frei von hemmenden Traditionen, kann heute die
australische Weinwirtschaft optimistisch in die Zukunft blicken. Das Terroir
- ein unübersetzbares Wort, das alles umfasst, was den Weinanbau
beeinflusst (Boden, Klima, Bewässerung, Sonne...)-, spielt hier die
Nebenrolle. Beachtung findet dagegen der Weinmacher, der kühn neue Wege der
Weinherstellung beschreiten und auch die Rebe wählen kann, die er haben
möchte.
Das Australian Wine Research Institute of Adelaide ist zu
einem der weltweit angesehensten und fortschrittlichsten Forschungsinstitute
geworden. Die alle zwei Jahre stattfindende Konferenz mit Schwerpunkt
Technik zieht Experten aus der ganzen Welt an.
Wein ist auch nur ein Business
Nur wenige Winzer fühlen sich mit ihren Weinbergen
besonders verbunden. Von der Saat bis zur Lese wird alles maschinell
gemacht. Auch hat die Wein-Industrie sich nicht so vielen Bestimmungen zu
beugen wie dies in Europa der Fall ist. Das Etikett hat die Wahrheit zu
sagen, so will es einzig das Gesetz.
Licht und Wasser ist beim Weinbau das A und O. Zwar
scheint die Sonne zu Genüge. Wasser aber ist hier vielerorts eher rar.
Deshalb ist der Einsatz des in Frankreich eher verpönten
Bewässerungssystems in Australien die Regel.
Dem Irrglauben zum Trotz: Auch in diesem Land der
südlichen Hemisphäre ist das Klima wechselhaft; schlechte Jahrgänge wie
in Europa kennt man allerdings nicht.
Markenweine - Weltherrscher von morgen?
Die weltweite Nachfrage nach Qualitätsweinen hat dazu
geführt, dass immer häufiger edle Reben zu Zuge kommen. Kein anderes Land
verfügt über ein solches Entwicklungspotential, sowohl aufgrund der
geographischen und klimatischen Voraussetzungen als auch der industriellen
Struktur der Weinwirtschaft.
Durch Großkonzerne bestimmt (BRL Hardy, Southcorp Wines,
Domainen Penfolds und Lindemans; Orlando-Wyndham, Jakob’s Creek), wird die
Weinproduktion Australiens bereits zu 80 Prozent von den vier größten
Betrieben abgedeckt; daneben produzieren auch kleinere Häuser mit
internationalem Ruf wie Rosemount.
Die Australier erschufen die Rebsorten-Weine
Australien gibt sich nicht mit den strengen Bestimmungen
der Appellations d’origine contrôlée nach europäischem Vorbild ab.
Beliebt waren eine Zeitlang die französischen Bezeichnungen Chablis,
Champagne, Bourgogne, Bordeaux und Claret aber dennoch. Inzwischen wurden
diese auf Drängen Frankreichs abgeschafft. Den Australiern kommt das
Verdienst zu, als erste den Namen der Rebsorte hervorgehoben zu haben; dies
zu einem Zeitpunkt, als in Europa der Name der Traube noch als uninteressant
galt.
Unkomplizierte Regelungen
Die Australian Wine and Brandy Corporation bemüht sich,
ein wenig Systematik zu schaffen, was die Informationen auf den Etiketten
anbelangt. Die australischen Produzenten sind nicht einmal dazu
verpflichtet, die Herkunft ihrer Trauben oder den Produktionsort anzugeben.
Wird eine Region aufgeführt, dann heißt das nur, dass 85% der Reben von
dort kommen. Das Gleiche gilt für einen Rebsortenwein: Er muss nur 85% der
genannten Traube enthalten. Australien setzt wie bereits erwähnt mehr auf
den Erzeuger als auf die Herkunft des Weines.
Erfolgreiche Rebsorten
Die bekanntesten lokalen Rebsorten sind der Sultana und
der Lexia, der auch Muscat Gordo Blanco genannt wird. In diesem Weinland des
Experimentierens und Forschens kommen auch die international gefragten
noblen Rebsorten groß raus.
Die am meist verbreiteten roten Trauben sind der
Cabernet-Sauvignon und sein Vetter, der Merlot - die entweder allein oder
als Verschnitt nach dem Vorbild des Bordelais ausgebaut werden-, der
pfeffrige Shiraz, den man in Europa unter dem Namen Syrah kennt, und der
Pinot noir, der vor allem in den kühleren Gegenden gedeiht. Der Chardonnay
bleibt der König der Weißweine. Der Sémillon und seit kurzem auch der
Sauvignon sorgen für den begehrten Bordeaux-Geschmack. Der Muskat ist für
seine hervorragenden Dessertweine bekannt, und der Rheinriesling ergibt
Weine mit hohem Restzuckergehalt.
Viele Regionen machen sich prächtig und sorgen für
angenehme Überraschungen.
Aufgrund seines exzessiven Klimas kann in Australien Wein
nur im Süden richtig gedeihen. Der Weinbau konzentriert sich von daher im
Südosten, in den Staaten Neusüdwales, Victoria und Südaustralien. Seit
kurzem erlebt auch der Weinbau im Südwesten in der Nähe von Perth einen
Aufschwung.
Neusüdwales ist zwar nicht mehr das größte
Anbauzentrum, aber die Wiege der australischen Weinkultur. Chardonnay-Weine
nach Burgunder Art werden hier vor allem hergestellt, und zwar von den
Häusern, die mit zu den dynamischsten des Landes zählen (Lindemanns...).
Zwei Regionen tun sich besonders hervor: Hunter Valley
ist für seine Weißweine berühmt, die aus der Sémillon-Traube gewonnen
werden. Diese Traube wird allerdings allmählich vom Chardonnay verdrängt.
Manche Weißweine tragen den Kosenamen Honig aus Hunter. Bei den Roten
dominiert der Shiraz, in Europa Syrah genannt. Aber auch der Pinot noir
gedeiht hier gut; eine Mischung dieser beiden Rotweintrauben gilt im Hunter
Valley als der Beste.
Wesentlich kleiner ist der Mudgee-Distrikt, in dem nach
europäischem Vorbild ein Appellationssystem eingeführt wurde. Hier haben
Chardonnay und Shiraz den Ruhm gebracht; inzwischen aber gewinnt auch der
Cabernet-Sauvignon an Einfluss.
Murrumbidgee, wo das Buschland durch Bewässerungssysteme
für den Obst- und Weinanbau nutzbar gemacht wurde, produzierte
jahrzehntelang nur einfachen Tafelwein; inzwischen hat es sich gemacht und
bringt erstaunlich frische und gute Weißweine hervor.
Victoria liegt ganz im Süden und hat sehr vielfältige
Weinberge. Das Murrey River Valley bringt den Großteil der Gewächse
hervor, die Pinot noir des Yarra Valley sind wiederum besonders berühmt.
Spätestens seit das Haus Moët & Chandon im Yarra Valley 1988 seine
Domaine Chandon eingerichtet hat, ist das Gebiet kein Geheimtipp mehr.
Südaustralien, der produktivste Bundesstaat, setzt vor
allem auf Quantität für den Export. Hingegen gilt das Barossa Valley als
das Napa Valley Australiens: edle Tropfen wie den Grange Hermitage von
Penfolds findet man hier. Im Clare Valley entfaltet sich der Riesling
bestens. Das hügelige Hinterland von Adelaide ist ebenfalls für seine
Rieslinge und seine Cabernet-Sauvignon bekannt.
Die neuen Produzenten siedeln sich in Westaustralien an -
vor allem bei Margaret River -, und setzen auf Qualität. Swan Valley, die
heißeste Weinregion Australiens, bringt Dessertweine nach Art des Banyuls
(Grenache) hervor. Aber auch die weiße Chenin-Traube entfaltet sich hier
wunderschön.
Ranjith Chandrasiri ist der Resident Manager im Royal
Cliff Grand und der Präsident des Royal Cliff Weinclubs, Royal Cliff Beach
Resort, Pattaya, Thailand
Email: ranjith@royal cliff.com oder [email protected]