Roswitha ist aufgeräumt. Sie summt, während sie die Betten
macht und denkt dabei an den tollen Abend, den sie gemeinsam mit ihrer alten
Schulfreundin verbracht hatte. Sie muss lächeln, wenn sie daran denkt, dass es
beinahe 2 Uhr Früh gewesen war, als sie nachhause kam. Natürlich hatte ihr
Mann schon fest und tief geschlafen und sie hatte sich leise ins Bett
geschlichen, um ihn nicht aufzuwecken.
Den ganzen Tag hält ihre gute Laune an – bis ihr Mann nach
Hause kommt. Als sie ihn fröhlich begrüßt und ihn, wie immer, küssen will,
schiebt er sie wortlos beiseite und geht ins Wohnzimmer. Nach einer Weile folgt
sie ihm und als sie sein missmutiges Gesicht sieht, weiß sie bereits, dass sie
wieder einmal dafür bestraft wird, dass sie einen fröhlichen Abend hatte. Ihr
Mann wird die nächsten Tage nur das Nötigste mit ihr sprechen, wenn überhaupt,
und sie muss ganz vorsichtig sein mit ihren Worten, denn sonst entbrennt mit
Sicherheit ein heißer Streit.
Roswitha ist es gewöhnt, dass ihr Mann viel alleine ausgeht
und ihr nie sagt, was er gemacht hat oder wo er gewesen war. Er verlangt
allerdings von ihr genaueste Berichte, will über die kleinste Kleinigkeit
informiert werden und wenn sie dann einmal über die „Stränge" schlägt,
bestraft er sie mental. Automatisch kommen bei Roswitha Schuldgefühle auf und
sie macht sich Vorwürfe, nicht zuhause geblieben zu sein, obwohl ihre
Schulfreundin nur zwei Tage in der Stadt war und sie diese seit einigen Jahren
nicht mehr gesehen hatte. Trotzdem hat Roswitha das Gefühl, sich bei ihrem Mann
entschuldigen zu müssen, wie sie das sonst immer wieder gemacht hat, um diesem
Psychoterror zu entgehen. Aber dann spürt sie endlich den Ärger aufsteigen,
den sie schon vor einigen Jahren hätte verspüren müssen. Ärger und
Frustration über die Behandlung, die ihr Mann ihr, wie einem unmündigen Kind,
angedeihen lässt. Sie hat keine Lust mehr, ihn zu umschmeicheln bis er wieder
gut auf sie zu sprechen ist. Sie hat keine Lust mehr dafür mit Liebesentzug und
emotionaler Erpressung bestraft zu werden.
Hat Roswitha recht? Ja, endlich hat sie eingesehen, dass ihr
Mann die psychologischen Tricks zu stark einsetzt. Gar keine Frage, jeder von
uns tut das mal – ob im Beruf oder im Privatleben. Das ist wahrlich nicht
immer fair, aber menschlich. Die Alarmglocken sollen allerdings schrillen, wenn
jemand diese Art der Manipulation immer wieder einsetzt. Wenn man Zuneigung nur
dann erhält, wenn der Andere etwas dafür bekommt. Langfristig gesehen gehen
solche Verbindungen immer in die Brüche, es sei denn einer der Partner ist ein
Masochist.
Speziell Frauen sollten sich merken, dass, wenn sie keine
Schuldgefühle haben, sie auch das Büßergewand nicht anziehen müssen. In so
einem Falle sollten Sie Ihrem Partner dies sachlich mitteilen – und sich auf
keine Diskussionen einlassen. Auch wenn der Göttergatte schweigt, ist dies noch
lange kein Grund, sich selbst in Erklärungsnot zu bringen, denn er würde es ja
auch nicht tun. Nur um den Partner zu besänftigen, sollten Frauen keine
Zugeständnisse machen, denn dadurch wird ihre Freiheit immer mehr eingegrenzt
und beschnitten. Das führt nur dazu, dass sie ihren Partner früher oder
später zu hassen beginnen. Am Besten wäre es, wenn sich Frauen dazu aufraffen
könnten, dieses sich massiv unter Druck gesetzt fühlen, ihrem Partner
erklären könnten und es mit ihm ausdiskutieren.