Am 21. November 2002 hat eine Frauenaktivistengruppe in
Bangkok ein Seminar abgehalten, mit der Zielsetzung, die bestehenden
Gesetze über Vergewaltigungsdelikte im Gesetzbuch (Penal Code),
abzuändern respektive zu ergänzen. Nach deren Ansicht sind gewisse
gesetzliche Bedingungen und Auslegungen gegenüber Frauen ungerecht und
verstoßen gegen die Menschenrechte und die Verfassung.
Das Seminarthema lautete: „Richtlinien zur Ergänzung
der Gesetze über Sexualdelikte: wie bereit ist dazu die thailändische
Gesellschaft?". Dieses Seminar stand unter der Schirmherrschaft der
Institution Gesetzbuch, der Frauenförderungsstiftung, der Frauen Network-
und Verfassungs-Institution, der Körperschaft Völkerverbindung und der
Stiftung Freunde der Frauen.
Eines der Hauptziele dieses Seminars war, durch eine
Verbesserung der Rechtslage in bezug auf Sexualdelikte, die
Gewalttätigkeiten gegenüber Frauen zu reduzieren, und gleichzeitig die
bestehende Lücke der Gesetzesauslegung zwischen den beiden Geschlechtern
in diesbezüglichen Verfahren anzunähern.
Artikel 276 des Gesetzbuches, der 1956 in Kraft trat,
lautet im Wortlaut wie folgt:
Wer auch immer Geschlechtsverkehr mit einer Frau gegen
deren Willen hat, die nicht seine Ehefrau ist, sie mit welchen Mitteln
auch immer bedroht oder gefügig macht, gewalttätig wird, indem er die
Hilflosigkeit der Frau Widerstand zu leisten, ausnützt, oder das Opfer
unter Vorspiegelung einer falschen Identität misshandelt, soll mit einer
Gefängnisstrafe von vier bis zwanzig Jahren und einer Buße von 8.000 bis
40.000 Baht bestraft werden.
Der beanstandete Gesetzestext lautet „die nicht seine
Ehefrau ist". Diese Formulierung ist gegenüber verheirateten Frauen
ungerecht. Durch diese Bedingung verliert eine Frau mit der Registrierung
ihrer Heirat einen Status, der sie bis anhin vor Sex ohne ihre Zustimmung
durch das Gesetz geschützt hatte, da gemäß geltendem Recht die Ehefrau
von ihrem Ehegatten zum Geschlechtsverkehr gezwungen werden kann, wann
immer er will.
Wenn ein Paar jedoch im Konkubinat zusammenlebt, kommt
Artikel 276 zur Anwendung, d.h. wenn die Frau vom ihrem Partner zum
Geschlechtsverkehr, ohne ihr Einverständnis, gezwungen wird, und die Frau
Anklage erhebt, wird der Mann gemäss dem Strafmaß in vorerwähntem
Artikel abgeurteilt werden.
Das Seminar hatte sich deshalb zur Aufgabe gestellt
eine Gesetzesänderung zu erwirken, den Text „die nicht seine Ehefrau
ist" wie in Artikel 276 aufgeführt, herauszustreichen und die
Formulierung „wer auch immer Geschlechtsverkehr mit irgend einer Frau
hat" zu ersetzen mit dem Wortlaut „wer auch immer
Geschlechtsverkehr mit irgend jemand hat"; also das Wort „Frau"
durch „irgend jemand" ersetzt wird. Mit „irgend jemand" sind
auch Opfer von Vergewaltigungen wie Männer, Knaben, Transsexuelle,
Transvestiten etc. von Gesetzes wegen unter dem gleichen Artikel
geschützt.
Im weiteren ist im aktuellen Gesetzestext das Wort „Vergewaltigung"
nicht definiert, und überlässt dadurch die Bürde der Beweisführung dem
Gericht. Ein Gericht hat einmal den Geschlechtsakt respektive den
Vergewaltigungsakt mit „dem Eindringen des Penis in die Vagina",
umschrieben. Eine solche Auslegung erschwert es außerordentlich, zu
beweisen, ob der Täter das Opfer nun vergewaltigt hat oder nicht, was in
vielen Fällen dazu führt, dass der Täter in Ermangelung von
substanziellen Beweisen frei gesprochen werden muss.
Im Seminar wurde auch das Thema von erzwungenem
widernatürlichen Sex wie Anal- und Oralsex behandelt. Nach gültigem
Recht kann ein „Geschlechtsakt" unter Verwendung irgend eines
Objektes anstelle des Penis nicht als Vergewaltigung taxiert werden
sondern als Obszönität, was ein geringeres Strafmaß zur Folge hat.
Solche Vergehen (Unzucht, Misshandlung und obszöne Praktiken) sind in den
Artikeln 278 und 279 des Gesetzbuches umschrieben.
Eine weitere Anregung im Seminar war, die bis anhin
angewendeten Methoden der Beweisführung einer Vergewaltigung zu ändern.
Die aktuelle Beweisführung einer Vergewaltigung beinhaltet den Nachweis
von Sperma in der Vagina. Wenn das Opfer aber jung und unerfahren ist,
wird es sich nach der Vergewaltigung sofort waschen und gemäß
Erfahrungsberichten lange Zeit warten (Tage, Wochen, Monate), bis es das
kriminelle Vergehen einer Vertrauensperson oder der Polizei meldet.
Dadurch wird es in vielen Fällen verunmöglicht, den Täter, in
Ermangelung von substanziellen Beweisen, seines Deliktes zu überführen.
Es wurde deshalb im Seminar vorgeschlagen, als Beweise einer
Vergewaltigung Wunden, körperliche Verletzungen, Schocktraumas etc.
zuzulassen und in den Gesetzestext aufzunehmen.
Abschließend wurde noch gewünscht, dass Ehemänner,
die Sex von ihrer Ehefrau erzwingen, im Wissen dass sie unter einer
Geschlechtskrankheit leiden, freiwillig oder durch Gerichtsverfügung von
ihrer Ehefrau getrennt leben müssen, mit härteren Strafen abzuurteilen
sind. Das vorgeschlagene Strafmaß sollte auf 3 bis 15 Jahre Gefängnis
und einer Buße von 60.000 bis 300.000 Baht, je nach Sachverhalt,
angesetzt werden.
Die Männer werden eher widerwillig solchen
Gesetzesänderungen zustimmen. Aber diese Änderungen, bilden eine
gerechtere Grundlage für die Rechtsprechung von Sexualdelikten und dienen
zur Förderung und Unterstützung der Menschenrechte. Ebenso ist es ein
Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Frauen.
Wie auch immer, die Durchsetzung von
Gesetzesänderungen ist nicht einfach und erfordert viel Zeit, vor allem
auch im Wissen, dass sich der Gesetzgeber hauptsächlich aus Männern
zusammensetzt.
Ich werde Sie über dieses Thema und möglichen
Änderungen im Gesetzbuch zum gegebenen Zeitpunkt informieren.