Als
Maria Stevenson für eine Operation eine private Bangkoker Klinik auswählte,
träumte sie schon über die schöne Zeit nach der Operation: einige faule,
geruhsame, sonnige Tage an einem der tropischen Strände auf einer der
vielen Inseln Thailands.
Andere Ausländer verbinden ihren Zahnarztbesuch mit
einigen Schnäppchenkäufen oder eine Geschlechtsumwandlung mit der
darauffolgenden totalen Verwöhnung in einem der großartigen Spas des
Landes.
„Medizinische Ferien" wie diese sind das Ergebnis
einer neuen Wachstumsbranche in Thailand, die preisgünstige und qualitativ
hochwertige medizinische Versorgung mit der Vielzahl bezahlbarer
touristischer Attraktionen auf wunderbare Weise verbindet.
Viele der Patienten-Urlauber aus westlichen Ländern
verweisen auch auf den ungenügenden, unfreundlichen Service ihrer eigenen
nationalen Gesundheitssysteme, der ihnen Thailand so attraktiv erscheinen
lässt.
„Meine Freundinnen in England erzählten mir immer, wie
preiswert die Krankenhäuser hier sind und dass ich meine Operation doch
gleich mit meinen Ferien verbinden sollte", sagt Stevenson, 40, eine
mit einem Engländer verheiratete Spanierin. „Und da ich mir sowieso eines
Tages die Falten entfernen und eine Liposuktion durchführen lassen wollte,
dachte ich mir, das sei wirklich eine gute Idee und ich könnte mich dann am
Strand erholen."
Stevenson sagte, dass sie die niedrigen Kosten und den
hohen Standard an Bangkoks Bumrungrad-Krankenhaus zuerst gar nicht glauben
konnte: 3.830 Baht (91 US$) für ein Einzelzimmer mit Klimaanlage,
Kühlschrank und Fernseher.
Obwohl auch viele andere Krankenhäuser und Kliniken
Ausländer anziehen, ist das Bumrungrad, welches man beim Eintritt schnell
mit einem 5-Sterne-Hotel verwechseln könnte, eines der erfolgreichsten.
Vor drei Jahren organisierte das Krankenhaus gemeinsam
mit Thai Airways, der nationalen Fluggesellschaft des Landes, ein
Paketangebot von medizinischen Tests verbunden mit Elefantentouren,
Floßfahrten und Besuchen in touristischen Sehenswürdigkeiten, erklärt
Ruben Toral, der Direktor des Krankenhauses für internationale Programme.
Das Angebot stellte sich als enormer Erfolg heraus. 30 Prozent des
Einkommens des Krankenhauses kam im vergangenen Jahr von seinen
internationalen Patienten.
Es gibt keine Gesamtzahlen, doch eine Umfrage in von
ausländischen Patienten oft besuchten Krankenhäusern ergab, dass in jedem
Jahr etwa 150.000 Ausländer zu einem medizinischen Urlaub oder einfach zur
Behandlung nach Thailand kommen. Im Bumrungrad ist die Mehrzahl der
Patienten Japaner, Amerikaner, Chinesen oder aus dem Mittleren Osten.
Die beliebtesten Behandlungen sind allgemeine
Untersuchungen, zahnärztliche Behandlungen, Hüftoperationen und Laser- und
plastische sowie Herzchirurgie. Einige Touristen wählen eine Kombination
aus Strand und Geschlechtsumwandlung von Mann auf Frau auf der Insel Phuket,
wo ein Krankenhaus diese Operationen anbietet.
Thailändische Ärzte haben jedoch auch auf dem Gebiet
der selteneren und komplizierteren Operation, Frauen in Männer zu
verwandeln, erhebliche Fähigkeiten entwickelt und ziehen jetzt einen
diskreten Zustrom von Japanerinnen an, die einen solchen Wandel bevorzugen.
Einige andere asiatische Länder haben erste Schritte
unternommen, um Ausländer ihre medizinischen Einrichtungen anzubieten, doch
Thailand ist ihnen weit voraus.
In Indien kostet eine ausgezeichnete Laserchirurgie am
Auge etwa 625 US$, vergleichen mit bis zu 10.000 US$ in den Vereinigten
Staaten. Ein Arzt sagt dazu, dass die Patienten nach Indien fliegen, die
Operation durchführen lassen und dann gleich mit ihrer neu erworbenen Sicht
das großartige Taj Mahal bewundern können und trotzdem weniger als die
Hälfte dessen bezahlen, was es sie in den USA kosten würde.
Ein Nachteil der Behandlung in Thailand ist das
rechtliche und medizinische System, bei dem die Patienten nur in
Ausnahmefällen einen Prozess wegen falscher Behandlung gewinnen können,
wie es in den USA üblich ist.
Mit oder ohne einen angeschlossenen Urlaub wird Thailand
jetzt auch bei Patienten aus dem Mittleren Osten immer beliebter.
Mohamed Fiwad Alnaimi aus dem Oman sagt, dass die Ärzte
bei ihm ernste Herz-, Magen- und Leberprobleme diagnostiziert hatten und er
daraufhin sofort ins Flugzeug gestiegen sei. Der 62-jährige Unternehmer
erklärt, dass er zwar mehrmals zu Nachbehandlungen nach Thailand fliegen
musste, doch jeder Besuch, inklusive Flugticket, noch immer etwa 1.000 US$
billiger war als eine entsprechende medizinische Behandlung zu Hause.
Der Preis ist für Europäer und Amerikaner noch
attraktiver, die für die gleiche Behandlung zu Hause normalerweise 50 bis
70 Prozent mehr bezahlen müssen, sagt Toral.
„Wenn eine Frau hier eine Brustimplantation haben
möchte, bezahlt sie für alles 2.500 US$, das umfasst den Arzt, die Medizin
und eine Nacht im Krankenhaus. Ein guter Arzt kostet in den USA allein 5.000
US$."
Die Behandlung in Thailand ist sogar bei denjenigen
beliebt, die zu Hause eine kostenlose Gesundheitsfürsorge genießen. Viele
sagen, dass sie lieber die Kosten selbst übernehmen als monatelang auf die
Aufnahme in eines der heimischen Krankenhäuser zu warten.
„Es ist nicht nur der Preis, warum wir nach Thailand
kommen, sondern auch die Gastfreundschaft und der Einsatz der Beschäftigten",
sagt Richard Sapin, 57.
Die Krankenhäuser konzentrieren sich auf diese Stärken.
Die Angestellten werden unterrichtet, wie sie die Patienten zufrieden
stimmen können und die Krankenhäuser vermeiden die kalte, aseptische
Atmosphäre durch die Errichtung von Gartenanlagen, Geschäften und guten
Restaurants.
„Der preiswerte Einkauf, günstige Arztrechnungen, preiswerte
Verkehrsmittel, eine wunderschöne Natur und freundliche Menschen. Es ist
perfekt", meint Rashid, der Sohn des Unternehmers aus Oman, der schon
eine Operation bestellt hat, wenn er beim nächsten Mal mit seinem Vater
nach Thailand kommt.