Ranjith Chandrasiri
Die Ernte 2002 in Südafrika wird in die Geschichte als
die schwierigste Ernte seit 30 Jahren eingehen, nur zu vergleichen mit dem
Peronospora-Jahr 1977. Doch trotz der zahlreichen Herausforderungen gab es
gleichzeitig auch viele Chancen für die Winzer. Während des gesamten
Jahres herrschten verwirrende Klimabedingungen am Kap, obwohl das Jahr
vielversprechend mit willkommenen Winterniederschlägen startete, die nach
vier trockenen Jahren endlich wieder alle Dämme und Wasserspeicher
auffüllten. Der Winter war ungewöhnlich kalt und ermöglichte den Reben so
einen erholsamen Ruhezustand. Die kühlen Temperaturen reichten bis spät in
das Frühjahr, was die Winzer auf eine langsame Reife mit größerer Aroma-Konzentration
in den Beeren hoffen ließ. Obwohl man zunächst von einer normalen bis
großen Ernte ausging, stellte sich frühzeitig heraus, dass die Trauben im
Allgemeinen ein geringeres Gewicht hatten, was aufgrund des größeren
Verhältnisses von Beerenhaut und -kernen ebenfalls zu einer gewünschten,
langsamen Reife führt. Ein weiteres Phänomen, das in Südafrika relativ
selten auftritt aber von vielen im Jahr 2002 begrüßt wurde, ist das
Erreichen der physiologischen Reife bei einem geringeren Zuckergehalt.
Dadurch haben die Weine weniger potentiellen Alkohol. Doch nicht nur die
Natur spielte 2002 eine wichtige Rolle, sondern auch der Faktor Mensch -
besonders in einem Jahr, in dem Entschlossenheit, Bewusstsein, Erfahrung und
finanzielle Mittel für den Erfolg nötig waren.
Die äußeren Bedingungen versprachen eine größere
Ernte und die Mehrzahl der Anbaugebiete berichteten über einen guten und
gleichmäßigen Austrieb. Trotzdem meldeten Stellenbosch, Paarl und
Swartland nach der Ernte die geringsten Erträge seit fünf Jahren. Was war
also passiert? Der Grund hiefür liegt in den zahlreichen Krankheiten, die
dieses Jahr in Südafrika auftraten, geringe Traubengewichte und extrem
geringe Erträge in einigen Regionen. Die gesamte Ernte von 1.061.757 Tonnen
(808 Mio. Liter) ist sogar noch weniger als die schon im Ertrag geringe
Ernte 2001. In einigen Gebieten gab es jedoch auch satte Steigerungen. So
meldete die weitgehend vom Regen verschonte Region Orange River ein Plus von
107 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zahlreiche Weingüter hingegen meldeten
Ernteausfälle. Namhafte und große Weingüter wie Asara, Delheim, Simonsig
und Slaley hatten Ausfälle zwischen 30 und 40 Prozent, einige sogar bis zu
80 Prozent. Die am stärksten betroffenen Rebsorten waren die wichtigen
Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon und Merlot. Weniger stark betroffen
waren Pinotage, Syrah, Chardonnay und Chenin Blanc. Doch einige Winzer
kämpften auch mit den Chardonnay-Rebflächen. Besonders Ross Gower von
Klein Constantia sorgten sich um die davon befallen Flächen der noblen
weißen Sorte.
Die größten Herausforderungen für die Winzer waren der
Mehltau, Botrytis und die ungewöhnlich langen Hitzewellen. Besonders die
Bedinungen für den Mehltau waren mit viel Regen, hohen Temperaturen und
einer hohen Luftfeuchtigkeit perfekt. So trat der Mehltau in Regionen
Südafrikas auf, in denen in der Vergangenheit noch kein Befall festgestellt
wurde. Am meisten war die Merlot-Rebe von der Krankheit befallen, aber auch
Cabernet Sauvignon. Eine genaue Festlegung nach Gebieten ist nicht möglich,
da je nach Mikroklima und Rebsorte stark befallene Flächen direkt neben
gesunden Flächen standen. Zahlreiche Winzer waren auf den plötzlichen
Befall nicht vorbereitet. Besonders die Winzer, die auf ökologischen
Weinbau setzen, waren betroffen und erlebten bei einigen Sorten Ausfälle
von bis zu 100%. So mußte James Farquharson von Reyneke Wines 50 Prozent
seiner Pintoage-Trauben ausschneiden, damit die wenigen Blätter, die nach
dem Befall mit Mehltau übrig blieben, die restlichen Trauben zur Reife
bringen konnten. Oft konnte dem Mehltau nur mit dem Einsatz von chemischen
Spritzmitteln Einhalt geboten werden. Doch selbst wer Chemie einsetzte,
sprühte oft zu spät oder verfügte nicht über die finanziellen Mittel, um
sich genügend Mengen an Spritzmitteln kaufen zu können oder konnte die
kurzen Pausen zwischen den Regentagen nicht nutzen, um die gesamte
Rebfläche zu spritzen.
Im Vorteil waren die kleineren Betriebe, da diese binnen
zwei, drei Tagen ihre gesamten Anlagen spritzen konnten. Der Januar, in
Südafrika normal warm und trocken, war kalt und regnerisch, was nicht nur
zu weiterem Mehltau führte, der die Blätter schädigte, sondern auch zu
Botrytis und Säurefäule. Besonders betroffen waren hier Chenin Blanc,
Sauvignon Blanc und Chardonnay. In dieser Zeit war es besonders wichtig,
befallene Bereiche im Weinberg streng von Hand zu selektionieren. Das kühle
Klima bot gleichzeitig aber auch die Chance, qualitativ gute Beeren mit
schönen Aromen zu bekommen. Im Dezember und Januar erhöhten sich die
Niederschlagmengen in Stellenbosch auf 393mm, in Elign auf 239mm und in
Paarl auf hohe 543mm. Die sonst trockenen Regionen Swartland, Malmesbury und
Piketberg meldeten doppelt so viel Niederschlag wie im Vorjahr. In dem Dorf
Kuruman in der Kalahari zum Beispiel regnete es an fünf Tagen im Januar
soviel wie sonst in fünf Jahren. Noch zwölf Monate zuvor klagten die
Winzer am Kap über unerträgliche Hitze mit zahlreichen Buschbränden in
den Weinanbaugebieten. Trotz der Probleme im Januar hätte das Jahr 2002
immer noch ein Gutes werden können, wenn nicht durch die im Februar
auftretenden intensiven Hitzewellen der Optimismus weiter gedämpft worden
wäre.
So kam es mitten in der Ernte zu einer ungewöhnlichen
Konstellation. Von Ende Februar bis Mitte März trieb eine Hitzewelle die
Temperaturen auf weit über 30 Grad. Kurz vor Ostern fielen dann innerhalb
von zwei Tagen durchschnittlich 100 Millimeter Regen, was zahlreichen
Betrieben die Ernte verregnete. Wäre der Regen um Ostern ausgeblieben,
hätte man auf eine erstklassige Ernte hoffen können, aber die feuchten
Weinberge waren nach den Hitzewellen eine wahre Brutstätte für Fäulnis
und teilweise auch Botrytis. Durch die unsägliche Hitze wurden die weißen
Sorten voller und reifer, so dass nicht selten die roten und weißen Sorten
gemeinsam reif wurden. Die intensiv scheinende Sonne verursachte zusätzlich
noch Schäden an den Beeren und wer zu dieser Zeit nicht ausreichend
Feuchtigkeit im Boden hatte, konnte so manchen Weinstock verlieren. Mit dem
Ende der Hitzewellen stellte sich unmittelbar kühles Wetter wie im Herbst
ein und es wurde schwierig für die Winzer, die spät reifenden Trauben zur
vollen physiologischen Reife zu bringen. Besonders schwer hatte es dabei der
Virus-infizierte Cabernet Sauvignon, der kaum Farbe und wenig potentielle
Alkohol entwickeln konnte. Dieser Wetterumschwung mitten in der Ernte macht
die diesjährige Lese zu einer der längsten in der Geschichte Südafrikas.
In einigen Betrieben, wie zum Beispiel Asara, gibt es die Möglichkeit für
gute Noble Late Harvest Weine, meist war aber die Sauerfäule im Spiel, die
nicht selten zum Totalverlust der betroffenen Rebflächen führt.
Die klimatischen Bedingungen ähneln sehr der 1997er
Ernte, die einige erstklassige Sauvignon Blancs hervorbrachte, denn die
kühle und dadurch verlängerte Reifephase wirkt sich positiv auf die
Fruchtintensität aus. Die besten Resultate bei Weißweinen werden wir vom
Sauvignon Blanc erwarten können, gefolgt vom Chardonnay. In einigen
Regionen kann man auch mit sehr guten Botrytisweinen rechnen. Bei den roten
Sorten werden die besten Weine aus der Shiraztrauben gekeltert, aber auch
vom Merlot, wenn er zwischen den Hitzewellen geerntet werden konnte. Gute
Ergebnisse brachte auch der Pinotage und Virus freier Cabernet Sauvignon.
Die Qualität der Weine ist dabei selbst innerhalb der Produzenten sehr
gemischt. In einem solch schwierigen Jahr sollte man sich beim Weinkauf nach
individuellen Produzenten und einzelnen Erzeugnissen umsehen und nicht auf
eine Rebsorte oder eine Region schauen, denn selten gab es im
südafrikanischen Wein solche heterogenen Ergebnisse.
Insgesamt lässt sich sagen, dass viele der Winzer sich
nichts mehr wünschen, als keine erneute Ernte wie 2002, denn nicht nur die
Nerven der Winzer wurden belastet, sondern zum Teil - wegen der
Spritzprogramme - auch der Geldbeutel. So gut wie sicher ist, dass die
Preise für südafrikanischen Wein steigen werden. Dies ist nicht nur auf
die wesentlich geringeren Erntemengen zurückzuführen, sondern auch auf den
schwachen Rand und die dadurch gestiegenen Kosten der Weingüter für
Fässer, Flaschen, Korken und Kapseln. Die Qualität der Weine, die bereits
als Fassmuster auf der im April stattgefundenen Weinmesse Cape Wine zu
verkosten waren, lassen im Allgemeinen auf eine vielversprechende Qualität
hoffen. An Jahrgänge wie 1998 oder 1999 wird die Qualität bei den Roten
aber nicht heranreichen. Bei den Weißweinen werden wir einige tolle
Botrytis-Weine bekommen, aber auch erstklassige Sauvignon-Blanc wie zum
Beispiel von Mulderbosch oder Vergelegen. Die Qualität der Weißweine ist
im Allgemeinen etwas höher als die der Rotweine, so dass wir trotz eines
weinbautechnischen Alptraum-Jahres anständige bis gute Weine erwarten
können.
Ranjith Chandrasiri ist der Resident Manager im Royal
Cliff Grand und der Präsident des Royal Cliff Weinclubs, Royal Cliff Beach
Resort, Pattaya, Thailand Email: ranjith@royalcliff. com oder wineclub@royal
cliff.com.