Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Warum müssen Kinder weiterhin leiden?

Vergessen wir die Kindergruppen aus reichen Ländern, die für ihre Rechte werben und ihre Eltern und Lehrer verklagen zu können. Was unsere Aufmerksamkeit anregen sollte, ist die grobe Beraubung von primitivsten Rechten von Kindern in den Entwicklungsländern: Das Recht auf Ernährung, Gesundheitspflege und Ausbildung.

In Thailand und weltweit wurden in der zweiten Novemberhälfte zu diesem Thema Foren abgehalten, um die brutale Realität dieser Situation zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen, damit kurzfristig etwas dagegen unternommen werden kann.

In Thailand ist vor Jahren ein spezieller Kindertag eingeführt worden. Dieser Tag ist ein Familientag, mit der Idee, dass die Eltern mit ihren Kindern Themen- und Spielpärke oder den Zoo besuchen, ans Meer fahren oder an speziell organisierten Sportaktivitäten teilnehmen.

Da ist aber ein anderer Tag, der Welt-Kinderrechtstag (Universal Children’s Right Day), der am Mittwoch, 13. November 2002, praktisch unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, „abgehalten" wurde. An diesem Tage wurde seriös über die Problematik der Kindsrechte und Kinder in Not debattiert um die Weltöffentlichkeit über die Missstände aufzurütteln.

Der Welt-Kinderrechtstag ist von den Vereinten Nationen in Leben gerufen worden, zur Erinnerung an die Inkraftsetzung dieser beiden Tage: einerseits die Deklaration „Rechte des Kindes" (1959) und andererseits die Konvention „Rechte des Kindes" (1989) betreffend. Die UN-Konvention wurde von mehr Ländern unterschrieben oder ratifiziert, als jedes andere internationale Abkommen zuvor.

Wie es sich heute unglücklicherweise darstellt, haben viele der Unterzeichnerländer vergessen, zu welchen Zusagen sie sich verpflichtet hatten. Die Konvention, die 54 Artikel umfasst und alles beinhaltet, wie das Recht des Kindes frei zu sein von Ausbeutung bis zum Recht der freien Meinungsäußerung und das Recht auf Ausbildung, Gesundheitspflege und wirtschaftliche Möglichkeiten und Perspektiven.

Alle Kinder unter 18 Jahren sind durch diese globale Konvention abgesichert und geschützt.

Traurigerweise trifft dies jedoch nicht zu. Die UNICEF schätzt, dass infolge Missachtung der Konvention in gewissen Ländern über 30.000 Knaben und Mädchen unter 5 Jahren auf Grund von vermeidbaren Ursachen sterben. Eine Dunkelziffer von Kindern und jungen Leuten fallen Krankheiten, Vernachlässigungen, Unfällen und Misshandlungen zum Opfer, die bei Einhaltung der vereinbarten Rechte nicht passiert wären.

Viele Regierungen versagen schlechthin die dringend benötigten finanziellen Mittel zu Verfügung zu stellen um die sozialen Basisbedürfnisse der Kinder sicherzustellen. Aus dieser Situation resultiert, dass Millionen von Kindern in den Entwicklungsländern an Unterernähung leiden, keinen Zugriff zu sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und Gesundheitspflege haben um zu überleben respektive um sich weiterzuentwickeln.

UNICEF weist mit Recht auf die Armut in den Entwicklungsländern hin, weil dies das größte Hindernis zu einer positiven Entwicklung ist, und Tür und Tor öffnet für Kinderhandel, Schuldenbegleichung durch Versklavung der Kinder, Zwangsarbeit, Gewalttätigkeit, Einbindung von Kinder in bewaffnete Konflikte, Kinderprostitution und –Pornographie, Drogenhandel und Drogenmissbrauch.

Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass 250 Millionen Kinder im Alter zwischen 5 und 14 Jahren in gewissen Entwicklungsländern unter menschenunwürdigen Bedingungen zur Arbeit gezwungen werden.

Armut ist eine der schlimmsten Geiseln der Menschheit, dazu kommt politische Instabilität, Korruption, Gier und ungenügende Führungskraft in den Regierungen. Diese Faktoren werden verantwortlich gemacht für die Auslösung von Konflikten, Unterernährung, Todgeburten, Diskriminierung und Analphabetentum.

Sozialhilfespezialisten machen sich stark mit der Aussage, dass die Hauptursache einer negativen Beeinflussung der zukünftigen Generation in der Familie liegt, durch Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalttätigkeit an den Kindern. Kinder, die in zerrütteten Verhältnissen aufwachsen, werden viele Male zu gewalttätigen und asozialen Erwachsenen. Vernachlässigung und Apathie lösen die gleichen Symptome wie physische und psychische Misshandlung mit Langzeitkonsequenzen aus. Hoffnungslose Umstände zwingen Kinder und junge Leute zu Verzweiflungstaten um der Armut zu entfliehen und werden dadurch „Freiwild" für die Sexindustrie. Diese Industrie verzeichnet in den letzten Jahren eine beängstigende Zunahme und hat durch das Sexangebot mit Kindern, jeglicher Art, via Internet eine weitere Einnahmequelle für die Delinquenten aufgetan.

Auch die thailändische Regierung und die entsprechenden Ministerien sind sich ihrer Verantwortung in bezug auf die Kindsrechte bewusst. Durch eine klare Gesetzesgebung mit harten Strafmaßnahmen werden Gesetzesbrecher der Kindsrechte verfolgt und geahndet, doch auch hier gilt: „Wo kein Kläger ist, ist kein Richter".

Es ist in hohen Maße bedauerlich, dass die noble und mit guten Absichten erstellte und ratifizierte Konvention der Kindsrechte bis dato unbefriedigende Resultate erzielte, und die von Regierungen gewisser Entwicklungsländer abgegebenen Voten nicht eingehalten oder durchgesetzt wurden.

Nur einen Tag als „Gedenktag" jährlich im Kalender einzuplanen um sich der Kindsrechte zu erinnern ist eine Alibiübung. UNICEF versteht es ausgezeichnet durch ihre Öffentlichkeitsarbeit auf die Missstände und Probleme hinzuweisen. Regierungen und einschlägige Organisationen sind nun gefordert kurzfristig eine Verbesserung des jetzigen Zustandes herbeizuführen. Es liegt aber auch in der Verantwortung von uns allen, durch ein entsprechendes Engagement mitzuhelfen, dass die Konvention der Kindsrechte durchgesetzt wird.