Anfangs Dezember wurde in Bangkok ein
Informationsseminar anlässlich der diesjährigen „Chula Academic
Fair", organisiert durch die Wirtschaftsfakultät der Chulalongkorn
Universität unter dem Titel „Impact of the National Health Insurance
Act" (Auswirkungen des Ge-sundheitswesens-Versicherungsgesetzes),
unter Beteiligung von Universitätsprofessoren, Chefärzten, Ärzten,
Wirtschaftsspezialisten, Wissenschaftlern und Verwaltungsdirektionen von
Staats- und Privatspitälern, abgehalten.
Vor allem ein Thema gab viel zu reden, nämlich die
Gesetzesartikel 41 und 42, die den Patienten die Möglichkeit geben,
Ärzte für Kunstfehler und falsche Behandlung beim Gericht auf
Schadensersatz einklagen zu können. Diese Artikel lauten im Wortlaut wie
folgt:
Im Falle eines medizinischen Fehlers, wo der/die „Verursacher"
bekannt sind und zur Verantwortung gezogen werden können, das Opfer
jedoch nicht innert nützlicher Frist ent-schädigt wird, zahlt die
Nationale Gesundheitswesen Versicherung Kommission die Entschädigung aus
dem Kompensationsfond, der, wie in Artikel 41 beschrieben, bereitgestellt
wird. Die Kommission ist bevollmächtigt solche Kompensationsleistungen
vom „Verursacher" zurückzufordern.
Nachstehend einige Kommentare von Seminarteilnehmern
zum Gesundheitswesens-Versicherungsgesetz:
Ein Direktor des Chulalongkorn Spitals warnte vor
gravierenden Konsequenzen, die diese Gesetzesverordnung auslösen wird,
und sprach in diesem Zusammenhang von einem möglichen Exodus unter den
Ärzten, vor allem in Staatsspitälern. Er befürchtet, dass viele Ärzte
verschiedenster medizinischer Bereiche ihren Arbeitsplatz in
Staatsspitälern aufgeben werden und in Privatspitäler oder in die
Privatindustrie überwechseln, was als Konsequenz in vielen
Staatsspitälern zu massiver Personalverknappung von Fachkräften führen
könnte.
Prof. Pirom Kamolrattanakul, Direktor des Chulalongkorn
Spitals und Dekan der Medizinischen Fakultät der Chulalongkorn
Universität zitierte Untersuchungsstudien von Europa und USA und leitete
davon ab, dass Geburtenhelfer (Gynäkologen) zur ersten Gruppe gehören
werden, die in Scharen ihre Anstellung in Staatsspitäler quittieren
würden. Radiologisten und Ärzte der Allgemein Medizin würden folgen.
Dies als Resultat einer Ratifizierung, des Nationalen
Gesundheitswesen-Versicherungsgesetzes.
Das Nationale Gesundheitswesen-Versicherungsgesetz ist
am 19. November letzten Jahres vom Parlament verabschiedet worden. Der
Professor wies im weiteren darauf hin, dass die Kosten des
Gesundheitswesen, durch Kompensationszahlungen an Patienten für falsche
Behandlung, massiv erhöht würden. Ebenso führte er aus, dass
Studienergebnisse aus der USA aufzeigen, dass Geburtenhelfer die höchste
Anzahl von Schadensersatzklagen, auf Grund von medizinischen Fehlern
ausweisen. Wie eingangs erwähnt, bestätigte er ebenfalls die
Befürchtung, dass gewisse Staatsspitäler gezwungen würden, ihre
Geburtenabteilungen infolge Personalverknappung von qualifizierten
Fachärzten zu schließen, und andere Spitäler, auf Grund der gleichen
Ursache, den gesamten Spitalbetrieb einstellen müssten.
Ernüchternd sind ebenfalls weltweite
Untersuchungsergebnisse, die uns damit konfrontieren, dass sich über die
letzten 10 Jahre die Schadensersatzklagen gegen Aerzte infolge Kunstfehler
und falscher Behandlung verfünffacht haben.
Um dem Risiko der finanziellen Verantwortung durch
gesetzliche Interventionsmöglichkeiten Rechnung zu tragen, haben die
Ärzte im Ausland mit allgemeinen Gesundheitswesen-Programmen, ähnlich
wie in Thailand, ihre Behandlungs- und Konsultationsgebühren über die
letzten Jahre fast verdoppelt.
Assistenz-Professor Thitiphan Chuaboonchai, Dekan der
Fakultät der Rechte an der Chulalongkorn Universität, teilte den
Seminarteilnehmern mit, dass viele Klagen für Schadensersatzansprüche
von Patienten mangels Beweisen in der Vergangenheit abgewiesen wurden,
oder aber, dass die Ärzte mit ihren Rechtsvertretern, die heutzutage
einen besseren Zugriff zu internationalem Informationsmaterial haben, ihre
Verteidigung dadurch stichhaltig untermauern konnten und somit
Schadensersatzansprüche von Patienten abgewiesen werden konnten.
Ein abschließender Kommentar von Prof. Amara
Pongsapit, Dekan der Fakultät für Politische Wissenschaften der
Chulalongkorn Universität brachte alles auf einen Punkt mit der Aussage
dass die „Gesundheitswesenindustrie", die Ärzteschaft und die
Verwaltungs-Direktionen der Spitäler, von ihrer traditionellen Gewohnheit
zu helfen, übermannt wurden vom Wunsche, in kurzer Zeit soviel wie
möglich Geld zu verdienen.
Es gilt nun zuzuwarten ob das
Gesundheitswesen-Versicherungsgesetz in Thailand, wie vom Parlament
verabschiedet, die Qualität der Behandlung beeinflusst durch die
obenaufgeführten Klagemöglichkeiten der Patienten verbessert, die
Prognosen der Personalverknappung von Fachärzten in den Staatspitälern
durch Abwanderung in Privatspitäler oder in die Selbständigkeit
eintrifft und ob die befürchtete Kostenexplosion im Gesundheitswesen in
überschaubaren Grenzen gehalten werden kann.