Herbert
Schön lebt erst seit zwei Jahren in Pattaya. Den, wie er sagt, „thailändischen
Virus" hat er sich jedoch schon bei seiner ersten großen Auslandsreise
1973 eingefangen.
Herbert wurde 1945 im schwäbischen Heilbronn geboren und
wuchs in Karlsruhe auf. Dort lernte er gemeinsam mit den Kindern der
amerikanischen Besatzersoldaten amerikanisch. Nach Abschluss der mittleren
Reife absolvierte er eine Lehre als Maschinenschlosser und arbeitete dann im
Kernforschungszentrum Karlsruhe. Nach seinem Wehrdienst bei der Bundesmarine
legte er die Fachhochschulreife ab und begann dann mit einem Studium des
Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe. Nachdem er dann schließlich als
frischgebackener Ingenier mit dem richtigen Berufsleben angefangen und
einige Jahre gespart hatte, machte er sich 1973 zum ersten Mal ins entfernte
Ausland auf.
„Ein Freund hatte mir Bilder von thailändischen
Tempeltänzerinnen gezeigt und ich fand diese Kultur so beeindruckend, dass
wir gleich gemeinsam dorthin flogen." Allerdings sei der thailändische
Virus nicht völlig ausgebrochen, so dass Herbert nicht gleich Hals über
Kopf in Pattaya blieb, sondern wieder nach Deutschland zurückflog. „Ich
habe mich gefragt, was ich beruflich hier machen könnte, und habe keine
Möglichkeiten gesehen." Herbert unternahm zahlreiche Versuche, bei den
hier ansässigen deutschen Unternehmen eine Stelle zu erhalten, aber er
hatte keinen Erfolg. Doch Pattaya ging ihm auch in Deutschland nicht mehr
aus dem Sinn.
Anfang der 80er Jahre erlaubte er sich dann einen sehr
langen Urlaub und verbrachte 10 Monate in Thailand. Dort lernte er dann auch
die Thailänderin kennen, die die Frau seines Lebens werden sollte. Sie
verfügte über ein abgeschlossenes Studium und Herbert dachte deshalb, die
schlechten Erfahrungen seiner Freunde mit den „Barmädchen" nicht
machen zu müssen. „Doch eine verpflanzte Orchidee gedeiht nun einmal
nicht", sagt er heute. 1982 heirateten sie und zogen nach Deutschland.
Nach drei Ehejahren, in denen die Beziehung immer gespannter wurde, trennten
sie sich schließlich wieder. „Meine Frau hat auch in Deutschland
gearbeitet. Ich habe ihr einen Deutschkurs finanziert und den Führerschein
und dann traf sie einen anderen Mann, der von ihr ganz begeistert war. Sie
sind heute noch immer verheiratet", meint Herbert traurig.
Anfang der 90er Jahre traf er dann wieder eine
Thailänderin, die studiert hatte und in einer Bank arbeitete. Wieder war es
die große Liebe und Herbert startete „den 2. Versuch". Wenn er daran
zurückdenkt, wird er jedoch etwas ärgerlich: „Die ganze
Barmädchengeschichte ist kalter Kaffee", sagt er. Die angeblich
unmoralischen und geldsüchtigen jungen Frauen in den Bars von Pattaya sind
keineswegs anders als die vermeintlich „anständigen" studierten
Thailänderinnen, meint er. Denn kaum hatten sie geheiratet, „brauchte die
Familie plötzlich viele neue Dinge" und setzte ihre Tochter unter
Druck. Heute lebt das Paar getrennt, seine Frau ist wieder nach Bangkok
zurück gezogen.
In all den Jahren hatte Herbert sein Ziel, nach Thailand
umzuziehen, nie aus den Augen verloren, obwohl er die meiste Zeit in
Deutschland verbrachte. Er arbeitete sich weiter die Karriereleiter empor,
immer in der Hoffnung, einmal genug Geld zu haben, um in Thailand leben zu
können. Die letzten 15 Jahre war er als Bürovorsteher einer
Industrievertretung für den Vertrieb elektromechanischer Bauteile
zuständig. „Ich habe viele Berufsjahre direkt darauf angelegt, dass ich
mein Leben hier gestalten kann", sagt er. Und er betont immer wieder,
dass er kein „Aussteiger" ist, sondern sich „bewusst die
Voraussetzungen geschaffen hat, hier auszukommen". 2000 war es dann
endlich so weit, Herbert packte die Koffer und machte sich endgültig nach
Thailand auf. Ab und zu besucht er noch seine Mutter, die in Deutschland
lebt, doch sonst hat er sich sehr gut in seiner neuen Heimat zurechtgefunden.
Immerhin hat er sich ja auch 27 Jahre darauf vorbereitet.
Herbert kaufte ein Grundstück am Mabprachan-Stausee und
baute dort ein Haus. Stolz erklärt er, dass er sein Haus selbst entworfen
hat und zwar auf eine Art, dass keine Klimaanlage erforderlich ist. Er sagt,
dass er sich jeden Tag hier sehr wohl fühlt und sein Leben genießt. Seine
Entscheidung, nach Thailand zu ziehen betrachtet er als die „sinnvollste
Entscheidung, die ich je getroffen habe". Doch er betont, dass er dazu
auch lange Jahre gespart hat. Denn „Thailand ist nur für den Ausländer
ein Paradies, der finanziell weitestgehend unabhängig ist und sich das
Paradies auch leisten kann", warnt er. Aus seinen eigenen Bemühungen
der früheren Jahre hat er gelernt, dass es sehr schwierig ist, hier Geld zu
verdienen, und eine Selbständigkeit kann er sich nur „mit einer
ausgezeichneten Geschäftsidee, einem klaren Konzept und viel Arbeit"
vorstellen. Deshalb wundert er sich immer sehr über die jungen,
unüberlegten, hitzköpfigen Menschen, die sich Hals über Kopf in Pattaya
verlieben und hier irgendeine Tätigkeit suchen. „Vielleicht ist es ja
auch nur etwas Neid", meint er etwas nachdenklich, „ich habe 27 Jahre
darauf hingearbeitet und andere haben den Mut und die Kühnheit, ein großes
Risiko einzugehen."
Heute sieht er seine vergangenen Beziehungen recht gelassen und kann sich
mit seinen finanziellen Mitteln ein gutes Leben leisten. „Man kann hier
sehr gut leben, wenn man auf dem Teppich bleibt und sich nicht an jedem
Geschäft beteiligt, das nicht viel taugt", sagt er etwas sarkastisch.
Wenn man jedoch bedenkt, wie organisiert und rational er ist, könnte man
sich gut vorstellen, dass er auch als Berater für andere tätig werden
könnte, die ihr Berufsleben in Europa ebenfalls am Strand von Pattaya
abschließen wollen.