Sanfte Heilung aus der Natur

Bier - Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!

Karin Gonderock

Ja, so ein kühles Glas Bier ist wirklich erfrischend, wenn es heiß ist oder nach einem ausgiebigen Mittagessen. Bier ist eines der ältesten Alkoholprodukte, die der Mensch erschuf. Gerste wird bereits seit mehr als 6.000 Jahren zu Bier gebraut. Eigentlich nimmt man an, dass die alten Babylonier die Kunst des Bierbrauens erfanden. Das älteste, bekannte Braurezept ist auf einer 4.000 Jahre alten Keilschrifttafel aus Mesopotamien festgehalten.

Auch die Sumerer entwickelten die hohe Kunst des Brauens. Allerdings wahrscheinlich mehr aus Not, da sie Probleme mit dem Weizen hatten. Sie hatten ihn angebaut, um Brot backen zu können, als es jedoch plötzlich in ihrem Land zu einer Versalzung der bewässerten Felder kam, musste der Brotweizen durch die Gerste ersetzt werden. Die Sumerer kannten auch schon den Hopfenzusatz, aber der ging dann im Laufe der Jahre wieder verloren.

Bei uns in Europa wurde der Hopfen erstmals von finnisch-baltischen Völkern angebaut und genutzt. Langsam setzte es sich dann auch weiter nach Südenwesten fort. Das hatte natürlich seinen guten Grund, denn im Mittelalter wurden die eigenartigsten Zutaten zum Brauen verwendet. Da wurden neben vielen Kräutern wie Rosmarin auch Sumpfporst oder Bilsenkraut dazu verwendet. Was hielten damals die echten Bayern davon? Diese Kräuter enthalten nämlich sehr schädliche Wirkstoffe. Die berüchtigte Berserkerwut der Wikinger soll als Ursache Räusche von diesem Sumpfporstbier haben. Da aber so eine Art aggressives Verhalten in Friedenszeiten nicht erwünscht war und man friedliche Untertanen schätzte, erließ im Jahre 1516 die Obrigkeit in Bayern das berühmte Reinheitsgebot, das zum Glück heute noch immer hochgehalten wird. Dieses Reinheitsgebot schrieb vor nur den beruhigenden und zugleich konservierenden Hopfen zum Brauen zu verwenden und verbot alle anderen „aufmüpfigen" Zutaten.

Die Mönche, schon immer sehr gebildete Leute, wussten natürlich auch über die Wirkungen des Hopfens. Sie wussten über die beruhigende Wirkung und auch heute noch genehmigen sich viele Leute des Abends einen Schluck Bier, um leichter einschlafen und ruhig und ungestört durchschlafen zu können. Auch heute, in unserer modernen Zeit, wird die beruhigende Wirkung des Hopfens bestätigt.

Der Hopfen ist ein Hanfgewächs und sein nächster Verwandter ist die Cannabispflanze. Ja, wer hätte das gedacht? Cannabispflanzen sind nämlich die Pflanzen aus denen man Haschisch und Marihuana gewinnt. Denen sagt man zum Teil ja auch eine beruhigende Wirkung nach. Beim Hopfen werden, genauso wie beim Hanf, die drogenhaltigen Blüten geerntet. In England wurde der Hopfen, nach Aussagen von Naturwissenschaftlern, genauso geraucht wie in China das Opium.

Aber den Hopfen kann man auch auf mannigfaltige andere Art verwenden. Unruhigen Kindern legte man in früheren Zeiten, bevor man noch nur Pillen und Tropfen verabreichte, einen mit Hopfendolden gefüllten Leinensack unter den Kopf, da sie dann wesentlich besser schliefen. Da der Duft der Hopfendolden leicht hypnotisch wirkt, gibt es auch eine spezielle Art von Erscheinung unter den Hopfenpflückern zur Erntezeit: die Hopfenpflückerkrankheit, die sich durch starke Schläfrigkeit auszeichnet.

Im Grunde genommen wissen aber die Gelehrten bis heute noch nicht, welcher Stoff eigentlich für diese beruhigende Wirkung verantwortlich ist und streiten sich, meist bei einem Glas Bier, noch immer darüber. Wahrscheinlich ist es aber die richtige Kombination mehrer Verbindungen. Hopein ist ein Hopfeninhaltsstoff, der wahrscheinlich einen sehr hohen Beitrag dazu leistet und der sich mittlerweile als Morphin erwiesen hat.

Morphin ist aber nicht nur im Hopfen enthalten, sondern kann auch in verschiedenen anderen Lebensmitteln, wie zum Beispiel im Kopfsalat oder im Mohnsamen, nachgewiesen werden. Außerdem enthält der Hopfen auch Methylbutenol, das eine sehr verblüffende Ähnlichkeit mit dem Schlafmittel Methylpentynol aufweist. Dem Brauen werden noch weitere bisher unbekannte Wirkstoffe zugeschrieben.

Selbstverständlich steuert auch das Malz einen Wirkstoff bei, der auf die Psyche wirkt, das Hordenin. Dieses entsteht erst während des Keimens und ist mit den Aufputschmitteln Ephedrin und Mescalin verwandt. Hordenin wurde früher gegen Kreislaufstörungen eingenommen. Dieser Wirkstoff könnte auch dafür verantwortlich gemacht werden, dass manche sich mit Bier Mut anzutrinken. Außerdem wirkt es auf den Harnandrang, darum müssen viele Biertrinker sehr häufig auf die Toilette.

Nicht nur der Alkohol ist es, der die Stimmung und Psyche des Biertrinkers anhebt, sondern das Hordenin aus dem Malz, das Morphin aus dem Hopfen in Verbindung mit Methylbutenol.

Jetzt wissen wir, warum das beruhigende Bier selten am Morgen, sondern immer nur abends getrunken wird.