Der
freundliche, gemütliche Chefkoch im Siam Bayshore Resort ist schon viel in
der Welt herumgereist. Nie hat er es allzu lange an einem Ort aufgehalten
und immer zog ihn das Fernweh wieder in eine andere Ecke des Globus.
Manfred Kraus wurde 1944 in der Nähe von Kempten im
Allgäu geboren. In Esslingen absolvierte er eine Kochlehre in einem gut
bürgerlichen und schon über 100 Jahre alten Restaurant direkt am Markt.
Gleich nach seiner dreijährigen Ausbildung verabschiedete sich Manfred aus
Deutschland und zog in die Schweiz. „Ich hatte keine Lust, zur Armee zu
gehen", sagt er. „Da bin ich lieber ausgewandert." Als Koch
hatte er damit keine Probleme, er fand immer etwas zu tun, denn „alle
waren froh, wenn jemand vorbeikam und einem die Arbeit machte". Der
Beruf des Kochs wurde damals als eher schmutzige Tätigkeit betrachtet, die
niemand gerne machte, so dass viele Ausländer als Köche beschäftigt
wurden.
Manfred blieb ein Jahr in der Schweiz und arbeitete in
einem Hotel im Wallis und im Grand Hotel Europe in Luzern. Dann machte er
sich auf ins kalte Schweden, wo er sechs Jahre lang in verschiedenen Hotels
und Restaurants in der Gegend von Stockholm und in Gotland kochte. „Die
Schweizer Küche wird überall als etwas Besonderes betrachtet", sagt
er. „Und wegen meiner Erfahrungen in der Schweiz haben mich die Schweden
dann auch sehr gern genommen". Einige Zeit arbeitete Manfred auch im
königlichen schwedischen Segelklub. Doch in Schweden ist die Saison nur
sehr kurz und der Klub war nur drei Monate im Jahr geöffnet.
Irgendwie hatte Manfred dann aber genug von der Kälte
und Dunkelheit und reiste das erste Mal ins „echte Ausland", nach
Kuwait. Dort gab es viel Wärme und Sonne, das stimmte schon, „doch sonst
gab es nichts", meint Manfred. Er arbeitete im Hilton Hotel und ab
jetzt nicht mehr als einfacher Koch, sondern als Chef de Party, was einem
Abteilungsleiter in der Küche entspricht. „Wenn man in so einer
internationalen Hotelkette arbeitet, ist es ganz einfach, eine neue Stelle
zu bekommen. Man sagt einfach dem Personalchef, ‚ich will mal dahin’,
und sobald dort etwas frei wird, kann man seine Koffer packen. Irgendwo ist
immer etwas frei." Die Angestellten des Hotelgewerbes können so zu
echten Weltenbummlern werden, die alle ein, zwei Jahre in einem anderen Land
auftauchen.
Seine nächste Station war dann das Mandarin Hotel in
Singapur. Das Mandarin Hotel verfügte über fast 700 Zimmer und da gab es
schon eine Menge zu kochen. Besonders interessant war für Manfred jedoch
das internationale Flair Singapurs. „Ich habe dort zugeschaut, wie die
Chinesen kochen", sagt er und betont, dass die kulturelle Vielfalt
dieser Stadt ein Traum für einen Koch ist. Danach ging es nach Jakarta.
Besonders begeistert ist er von der indonesischen Küche, die „sehr
reichhaltig ist und fantastische Aromas enthält". In Jakarta arbeitete
er bereits in der Position eines Küchenchefs, eine Position, die er bis
heute behalten hat. Bevor Manfred jedoch ins so nah gelegene Thailand kommen
sollte, machte er erst einmal einen Abstecher auf die andere Seite der Welt,
in die Karibik. Zwei Jahre lang blieb er im Sheraton Hotel auf Aruba in den
Niederländischen Antillen, doch dann zog es ihn wieder nach Asien zurück.
„Es ist dort schon ein ganz anderer Lebensstil. Die Menschen in Aruba sind
sehr angenehm und zur Karnevalszeit waren alle völlig aus dem Häuschen."
Beeindruckt war er auch von den traumhaften weißen Stränden und dem klaren
Wasser, was er so in Asien noch nie gesehen hatte.
Dann bewarb er sich bei der Intercontinental Kette um
eine Stelle in Asien und „nach zwei Monaten rief jemand aus dem
europäischen Hauptquartier an", dass sie ihm eine Tätigkeit in
Bangkok anbieten können. Das war 1976, kurz nach dem Ende des
Vietnamkrieges, als niemand wusste, wie es mit Thailand weitergehen würde.
Seine Freunde erklärten ihm: „Du musst doch wahnsinnig sein, nach
Thailand zu gehen." Doch Manfred ließ sich von derartigen
Kleinigkeiten nicht beirren. Dreieinhalb Jahre arbeitete er im Siam
Intercontinental und ging dann ins Amari Rincome Hotel nach Chiang Mai. Dort
traf er auch seine spätere Frau, die er 1985 heiratete. Gemeinsam haben sie
eine Tocher, Annabelle, die heute 13 Jahre alt ist.
Doch auch seine Familie hinderte Manfred nicht daran,
weiter durch die Länder zu ziehen. Er ging mit der THAI International als
Chef für das Flugzeug Catering nach Sri Lanka. Die Insel gefiel ihm sehr,
da schon ganz nah an der Küste Berge bis 2.400 Meter hoch aufsteigen und es
auch viele antike Sehenswürdigkeiten gibt. „In Sri Lanka gibt es viele
Plätze, die viel schöner sind als Thailand. Doch die ethnischen Konflikte
machen alles kaputt." Auch die Arbeit im Catering gefiel Manfred nicht.
Als Hotelkoch war er es gewohnt, immer mit Menschen zusammen zu sein, und
jetzt fühlte er sich wie in einer Fabrik. Also packte er bald wieder seine
Koffer und machte sich auf nach Mandalay in Myanmar. Damals, Anfang 1995,
gab es in Burma viele ausländische Geschäftsleute. Doch nach Beginn des
internationalen Boykotts gegen die Militärjunta „wollten alle wieder raus".
Mandalay ist eine sehr kulturelle Stadt und die Menschen waren sehr
freundlich. Doch die Armut war deutlich zu spüren. Und mit dem Wegbleiben
der Ausländer wurde die Lage immer schlimmer. „Die Leute sprachen gut
Englisch und es gab gutes Bier," sagt Manfred, doch die Gäste blieben
aus. Schließlich musste ihm die Hotelleitung mitteilen: „Wir können
euren Lohn nicht mehr bezahlen, es geht einfach nicht mehr." So stand
Manfred 1999 wohl das erste Mal in seinem Leben unerwartet ohne Arbeit da
und rief gleich seinen ehemaligen Boss aus dem Rincome an: „Hallo Hans,
ich brauche einen Job."
Der frühere General Manager des Rincome war niemand
anderes als Hans-Heinrich Spoerri, der 1999 schon die Siam City Hotels &
Resorts leitete. „Zwei Tage später rief Hans zurück und sagte ‚Komm
doch mal vorbei’". So einfach ging es und im Dezember 1999 begann
Manfred dann im Siam Bayshore in Pattaya.
Seine Familie wohnt allerdings noch immer in Chiang Mai und seine Tochter
geht dort zur Schule. So sieht er sie immer noch nur sehr selten. Er
beabsichtigt, sich später in Chiang Mai „zur Ruhe zu setzen", wenn
seine Wanderlust einmal abgenommen haben wird. Doch gleich darauf räumt er
ein, dass sein großer Traum ist, noch einmal in China zu arbeiten. Der Weg
nach Chiang Mai könnte also noch etwas länger werden, als man es nach der
Kilometerzahl vermuten würde.