E-mail aus München

E-Mail aus München

Von Nicola Hahn

Ein herzliches Grüß Gott aus der Bayernmetropole, die in den letzten Tagen ganz im Zeichen von Sicherheit und Frieden stand. Und da geht ja bekanntlich nichts mehr vorwärts. Die Innenstadt für den Verkehr – und Demos – abgeriegelt. Autos, Busse und sogar Straßenbahnen werden weiträumig umgeleitet, damit sich die hohen Damen und Herren im idyllisch plüschigen Bayerischen Hof ganz in Ruhe um den drohenden Irak-Krieg streiten können. Sogar das Wetter spielte brav mit und bescherte der Stadt pünktlich zu diesem Wochenende reichlich Schnee, was den Verkehr endgültig zum Erliegen brachte, aber auch das voralpenländische Lokalkolorit kitschig weiß aufstäubte.

In dieser bayrischen Gemütlichkeit fiel dann auch kaum auf, das Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) als „Hausherr“ der Internationalen Sicherheitskonferenz am Freitag die Gäste – darunter auch US-Außenminister Donald Rumsfeld – artig begrüßte, um am Samstag dann als Redner der großen Friedens-Demo gegen „Rambo“ zu wettern. Diesen Spitznamen verdiente sich der Abgesandte von George W. Bush hierzulande inzwischen mit seinen verbalen Querschüssen, die Deutschland ins „alte Europa“ einordneten oder auch mal in eine Reihe mit Kuba und Nordkorea stellten.

Dabei hat der Deutsche doch nur den Frieden wieder entdeckt. Dank der genialen Wahltaktik von Gerhard Schröder, der mit seinem klaren Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem Irak-Krieg seinen Kanzler-Konkurrenten Edmund Stoiber doch noch kalt- und Deutschland ziemlich ins internationale Abseits stellte. Aber auch den alten Idealen der Post-68-er-Generation zu neuem Glanz verhalf. Also werden allerorten die Parkas wieder entmottet, die Gitarren entstaubt und auf den Straßen zum Einsatz gebracht.

Friedens-Demos, wohin man schaut. In manchen Städten kam es sogar schon zu mehreren Aufläufen gleichzeitig, die sich dann gegenseitig in Sachen Frieden Konkurrenz machten. Alles natürlich ganz fröhlich, friedlich – und frierend im deutschen Winter, was sogar den lang im öffentlichen Straßenbild vermissten Palestinensertüchern zu wärmenden Einsätzen verhalf. Auch die weiße Taube darf nach 25 Jahren in der Versenkung wieder auf blauem Grund flattern. Der populäre wie sarkastische Late-Night-Talker Harald Schmidt beklebte gar sein komplettes Studio mit den symbolträchtigen Stickern und lud zum Sit-in, bei dem der Lennon-Klassiker „Give Peace a Chance“ natürlich nicht fehlen durfte.

Doch keine Sorge, eine Friedensstimmung ist noch keine Wahlsieg-Garantie. Weil Schröder mit seiner SPD-Riege nach dem erneuten Einzug in die „Waschmaschine“ (Kanzleramt) in Berlin rumeierte, statt klare Zeichen zu setzen, wurden die Sozialdemokraten bei den letzten Landtagswahlen heftigst abgewatscht. Vor allem in Hannover leckt sich Siegmar Gabriel seine Wunden. Denn von der absoluten SPD-Mehrheit im Schröder-Land Niedersachsen sind ihm nur noch magere 33 Prozent geblieben. Und der ewige Verlierer Christian Wulff hat im dritten Anlauf auf seinem CDU-Ticket endlich den Ministerpräsidenten-Stuhl erreicht. Sein künftiger Koalitionspartner FDP erreichte nach Jahren der Agonie gar 8,1 Prozent – und mancher fragt sich, ob die überhaupt genug Kandidaten auf ihrer Liste hatten, um alle errungenen Abgeordneten-Sitze auch zu belegen.

Und in Hessen kaperte sich Roland Koch die absolute Mehrheit für die CDU. Was gegen den blassen Bökel allerdings auch ohne den SPD-Malus keine große Kunst – und deshalb zu erwarten war. Viel spannender wird in den kommenden Jahren das Hauen und Stechen um den nächsten Kanzler-Kandidaten der CDU/CSU. Denn auf den Posten sind neben Angela Merkel auch die beiden Provinzfürsten Koch und Wulff scharf.

Die FDP kann sich nach ihren Erfolgen jetzt wieder mit Jürgen Möllemann rumärgern, dessen Partei-Rausschmiss noch längst nicht sicher ist. So herrscht nur bei den Grünen im Moment eitel Sonnenblumenschein... bis zum nächsten Parteitag. Und ich kann mich nach so viel Politik zum Auftakt demnächst ganz dem Alltag widmen...

Warum ich Ihnen das alles erzähle? Weil ich glaube, dass Sie auch in der Ferne gern etwas am deutschen Alltag teilhaben möchten. Diesen Eindruck habe ich jedenfalls bei unseren zahlreichen Thailandreisen gewonnen, die meinen Freund und mich immer wieder auch nach Pattaya führten. Abendelang saßen wir dort mit Freunden und (Zufalls-)Bekannten zusammen und mussten erzählen, was zu Hause gerade so los ist. Das haben wir immer gern getan. Schließlich bin ich ja Journalistin, da liegt einem das Berichten praktisch im Blut. Und so kamen Verleger Peter Malhorta und ich auf die Idee, dass ich Sie alle, liebe Leser und Leserinnen, im Pattaya Blatt auf dem Laufenden halten könnte.

Es ist mir deshalb eine Ehre, Sie von nun an regelmäßig an dieser Stelle mit meinem „E-Mail aus München“ informativ zu unterhalten. Nächste Woche werden Sie hier zum Beispiel erfahren, wie Pop-Produzent Dieter Bohlen das „Superstar“-Fieber entflammte und wie die Deutschen nach dem Fall des Rabattgesetzes ganz raffinierte Preisdrücker-Methoden entwickeln...