Botschafter der Schweiz in Thailand
Als wir sein Büro betraten, gleich bei der Begrüßung,
sagte der Botschafter freundlich: „Ich lese Ihre Zeitung gerne und freue
mich schon immer jede Woche darauf." Was für ein Kompliment von so
einem hohen Herrn.
Genauso nett wie bei der Begrüßung war Herr Erismann
auch während unserer ganzen Unterhaltung und wirkte, wie es sich für
einen guten Politiker gehört, jovial, erfrischend natürlich, väterlich
und trotzdem sehr distinguiert.
Hans-Peter Erismann wurde vor eineinhalb Jahren ins Amt
nach Bangkok berufen. Vorher hatte er 4 Jahre als Botschafter in Chile
zugebracht und davor war er Botschafter der Schweiz für die afrikanischen
Staaten Kenia, Burundi, Ruanda, Uganda, Seychellen und Somalia mit
Residenz in Nairobi. Gleichzeitig hatte er auch das Amt als Repräsentant
von UNEP (United Nationen Environment Programme) inne.
Natürlich fängt auch ein Botschafter beim Erklimmen
der Karriereleiter klein an, vor allen Dingen, da Hans-Peter Erismann
eigentlich keine Ambitionen als Politiker hatte, sondern auf der St.
Gallener Universität seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften gemacht
hatte.
Geboren ist er in Rheineck, einer Grenzstadt zu
Österreich, das der österreichischen Grenzstadt Gaissau genau gegenüber
liegt. „So nahe diese beiden Orte zusammenliegen, ist trotzdem alles
ganz anders, sogar die Sprache", erinnert sich der Herr Botschafter.
Nach seinem Abschluss hat er dann die Liebe seines
Lebens, Freda, die er bereits seit der Schulzeit in seiner Heimatstadt
Rheineck kannte, geheiratet. Frau Freda Erismann ist gebürtige
Australierin, allerdings mit österreichischen Eltern und da die Schweiz
für ihre exzellenten Schulen bekannt ist, ging sie eben dort für einige
Zeit zur Schule.
Als Hans-Peter Erismann eines Tages eine Anzeige in
einer Schweizer Zeitung las, dass Kandidaten für den diplomatischen
Dienst gesucht wurden, sprach er sich mit seiner Gattin aus und sie
stimmte zu, dass er sich dort bewarb. „Schließlich muss die Frau eines
Diplomaten auch immer reisen und dort leben, wohin der Ehemann versetzt
wird, also hatte sie die Mitentscheidung bei meinem Entschluss in die
Politik einzusteigen", sagt der Botschafter.
Nach einer zweijährigen „Lernzeit" in Bern,
Genf und schließlich in Brüssel und diversen Prüfungen, die er
natürlich glänzend bestand, wurde Hans-Peter Erismann dann für geeignet
befunden, den diplomatischen Dienst anzutreten. Seine erste Aufgabe war
die eines Sekretärs der Schweizer Botschaft in Warschau, wo er nach drei
Jahren Aufenthalt nach Canberra, Australien, versetzt wurde, allerdings
bereits mit dem Titel Vizechef de Mission. Nach einem Aufenthalt von drei
Jahren in Australien ging es zurück in die Schweiz, wo er als
diplomatischer Mitarbeiter im Eidgenössischen Ministerium für
auswärtige Angelegenheiten in Bern wirkte. Nach wiederum drei Jahren
wurde er als Ratgeber und Vize Chef de Mission in Kairo eingesetzt.
Seine erste Aufgabe als Botschafter für die Schweiz
fand er in der Republik Korea, wo er von 1986 bis 1989 verblieb. Vor dort
rief man ihn nach New York, um als Generalkonsul, mit dem Titel eines
Botschafters, vier Jahre lang für seine Landsleute dazusein. Danach kam
Afrika, Chile und nun Thailand.
Es ist also kein Wunder, wenn man sagen kann, dass
Botschafter Erismann ein kleines Sprachgenie ist. Denn außer
Schwyzerdeutsch spricht er noch ein akzentfreies Deutsch, Französisch,
Englisch und Spanisch. Außerdem sprach er einmal perfekt Italienisch. „Aber
das habe ich mittlerweile vergessen, da mir immer wieder Spanisch
dazwischenkommt", meint der Botschafter lächelnd.
Der Botschafter wäre eigentlich recht gerne Lokführer
geworden, das war sein Jungentraum, aber der Herr Papa war dagegen. Seine
Liebe zu Eisenbahnen, echte oder als Modell, hat er sich allerdings
bewahrt und er ist ein richtiger Enthusiast, was Zugfahrten angeht. „Erst
vor kurzem sind meine Frau und ich mit dem Zug nach Südthailand gefahren
und es hat uns gut gefallen. In jedem Land muss ich mit der Eisenbahn
fahren, das hat so etwas Persönliches an sich und jede Eisenbahn zeigt
das Urtypische eines Landes." Zu anderen Hobbys hat er meist keine
Zeit und auch der Sport kommt ein wenig zu kurz bei ihm. Obwohl er gerne
Ski fährt, Tennis und Golf spielt und liebend gerne wandert und schwimmt.
Erst kürzlich hat er, gemeinsam mit seiner Frau, Wassergymnastik begonnen
und es gefällt ihm ausgezeichnet. „Da bewegt man alle Muskeln und es
ist ein gesunder, nicht zu anstrengender Sport."
Über seine langjährige Diplomatentätigkeit kann
Hans-Peter Erismann nur Erfreuliches berichten. Er sagt: „Es hat mir in
jedem Land ausgezeichnet gefallen, da es überall anders ist, ob es sich
nun um die Kultur oder die Menschen handelt und überall kann man etwas
Neues dazu lernen. Das ist sehr wichtig, nicht nur für einen
Politiker."
In Thailand muss sich die Botschaft um ungefähr 3.800
registrierte Schweizer Bürger kümmern. Schweizer Touristen gibt es noch
nicht sehr viele in Thailand, die Schweizer bevorzugen immer noch Kuba,
Laos, Myanmar und entdecken Thailand erst wieder sehr langsam.
Zur momentanen Weltlage drückt sich der Botschafter,
dessen beiden Töchter in den USA verheiratet sind, sehr diplomatisch aus.
Er meint, „dass man alle Gefahren zuerst auflisten und dann fragen
sollte, ob es sich lohnt, wegen eines einzelnen Mannes das Leben so vieler
Menschen in Gefahr zu bringen. Natürlich wäre es wahrscheinlich zum
Wohle des Volkes im Irak, wenn sie von dem jetzigen Regime befreit werden
würden, aber es ist fraglich, ob es richtig ist, einen Krieg zu beginnen,
um diese Regierung zu entfernen. Viele unschuldige Leute müssten
wahrscheinlich ihr Leben lassen und die Gefahr eines Flächenbrandes, der
zu einer noch größeren Glaubenspaltung führen könnte, wäre gegeben.
Allerdings in so einem schwerwiegenden Fall wie Irak, ist Druck einsetzen
kein schlechtes Mittel, aber man sollte den Inspektoren etwas mehr Zeit
geben für ihre Untersuchungen". Der Botschafter erzählt noch
weiter, dass die neutrale Schweiz den USA zwar im Kriegsfall das
Überflugsrecht für humanitäre Zwecke gestatten wird, aber nicht für
politische. „Aber", so schließt er unser Interview ab, „hoffen
wir alle das Beste, dass uns der Frieden erhalten bleibt."