Die große Verwechslung

Seit vielen Jahren schon sind sie den Kinderschuhen entwachsen. Oder meinen das zumindest. Oder die Leute glauben das. Denn sie fangen keine Frösche mehr, sehen sich lieber die Weltlage in den Nachrichten und die Börsenberichte an als den Disney-Club und klettern auch selten auf Bäume, um sich die Hosen dabei zu ruinieren. Sie stehen ihren Mann im Berufsleben, verhandeln mit den härtesten Geschäftspartnern, fahren rasante Schlitten und reißen sich die tollsten Frauen auf.

Wie also kommt es, dass sich ausgewachsene Männer plötzlich und scheinbar ganz unerwartet wieder in kleine, hilflose Jungen verwandeln? Schon ein kleiner Schnupfen kann das ach so starke Geschlecht aus der gewohnten Bahn werfen. Und nun soll die Frau sich um sie kümmern, ihnen - und einzig alleine ihnen, mit größtem Eifer zu Diensten sein und alles für sie machen – wie es weiland Mama tat.

Das ist der Moment, wo die große Verwechslung beginnt und der Haussegen sich langsam nach einer Seite hinneigt, also schief hängt. Viele Männer werden aggressiv und böse, wenn sich die Frau nicht sofort bei kleinen Wehwehchen um sie kümmert, sie nicht von vorne bis hinten bekocht und verhätschelt. Der Göttergatte fühlt sich dann sofort vernachlässigt und fühlt sich nebenbei noch zutiefst beleidigt und in seiner männlichen Ehre gekränkt. Denn wozu sind Ehefrauen denn eigentlich da? Um die Mama zu ersetzen. Das ist aber grundfalsch gedacht von dieser Spezies der Herren der Schöpfung, die nie ganz erwachsen werden wollen.

Natürlich hat sich die Mutter um den „Buben" gekümmert, auch wenn er schon selbst graue Haare hatte. Sie machte ihm auch nachts noch sein belegtes Brot, wenn er Hunger hatte, bügelte ihm seine Hemden mit viel Liebe total faltenfrei und wusch sie auch noch, selbst wenn er schon lange seinen eigenen Junggesellenhaushalt hatte. Sobald so ein „verwöhnter Bub" nun seine Lebenspartnerin findet, erwartet er ganz selbstverständlich, dass diese die Rolle seiner Mutter übernimmt. Nach dem Motto: Warum soll ich denn auf das bequeme und vertraute Leben verzichten? Einige Männer personifizieren die Suche nach der ewigen Mutter sogar dadurch, dass sie sich eine Frau suchen, die auch äußerlich dem Ebenbild der Mama entspricht.

Nicht immer ist die jeweilige Partnerin bereit, diese ihr zugedachte Rolle zu übernehmen und „nur" als eine Art Mutterersatz zu fungieren. Frauen möchten eben lieber die Partnerin, die Vertraute und die Geliebte ihres Mannes sein. Mit allen ihren eigenen Vor- und Nachteilen und weiblichen Reizen.

Der Rat von anerkannten Psychologen ist deshalb, dass sich Frauen nie dazu hinreißen lassen sollen, den Mann von Anfang zu sehr zu verwöhnen. Natürlich gehört Umsorgen zu jeder guten Partnerschaft, aber das darf niemals einseitig werden. Auch der Mann muss bereit sein, sein Teil dazu beizutragen. Zu viel Umsorgen a la Mama kann nämlich für die Liebesbeziehung selbst fatale Folgen haben. Der Spaß im Bett lässt nach, da man in seinem Partner nur mehr den „Freund" oder das „Kind" sieht, nicht aber mehr den Liebespartner. Deshalb, so wird angeraten, sollte man sofort das Gespräch mit dem Partner suchen, wenn man dieses Gefühl hat. Das ist eigentlich das Einzige was da noch helfen könnte, außer die Frau will die Mama vom „Buben" sein.

Natürlich bleibt immer ein Rest Kind im Manne und das ist auch gut so, denn irgendwie macht es die Männer dadurch ja besonders liebenswert.