Wer soll nun für wen beten?

Franz Schmid

Neulich las ich in einer Zeitung, dass die US-Soldaten an der Front im Irak-Krieg, die täglich ihr Leben in Gefahr bringen müssen, dazu aufgerufen wurden für Präsident Bush zu beten. Sie sollen ein gutes Wort bei Gott für ihren „Führer" und obersten Befehlshaber einlegen, der bei diesem Krieg in der weiten Ferne, sprich im sicheren Kämmerlein weilt!

Journalisten, die diese Soldaten täglich begleiten, sahen dieses Gebetbuch im Taschenformat, das die Soldaten dazu aufmuntern soll, an ihren geliebten Präsidenten auch mit den folgenden Worten zu denken: „Ich habe mich verpflichtet, in dieser Zeit der Unsicherheit und Unruhe für Sie und Ihre Familie, Ihre Kollegen und unsere Truppen zu beten", heißt es in dem Vordruck. „Möge Gottes Friede Sie leiten."

Das Pamphlet, das den Titel „Eines Christen Pflicht" trägt, wurde an Tausende von Marineinfanteristen verteilt. Es enthält außerdem einen vorgedruckten Brief an das Weiße Haus, den man der Bequemlichkeit halber nur heraus zu trennen braucht– nach erfüllter Pflicht im Krieg versteht sich, um diesen dann an das Weiße Haus zu schicken.

Gott verschließt seine Ohren keinem Bittenden, wohl aber einem Fordernden, deshalb glaube ich persönlich, dass man für so einen Menschen wie George W. Bush wirklich besonders beten sollte. Denn obwohl Mao Tse Tung keinesfalls christlich war, erinnert mich Herr Bush, – speziell durch die Vergabe dieses Büchleins doch gewaltig an ihn. Oder vielleicht doch an jemand anderen? Heil dir, oh Führer!

Eine andere Gruppe, für die wir alle bei Gott um Vergebung ihrer Sünden bitten sollten, sind viele Jugendliche in Thailand. Jene nämlich, die zur Zeit so häufig in die Schlagzeilen kommen. Jene, die ohne Bedenken eine Waffe auf andere Mitmenschen richten und sie erstechen, erschlagen oder erschießen. Jene jungen Menschen, die mit ihrem jugendlichen Alter schon viel zu alt sind, die ihr Leben eigentlich schon ausgelebt haben, durch Drogen, durch andere Suchtmittel, durch die Gleichgültigkeit oder die hohen Anforderungen der Gesellschaft. Diese jungen Mörder denken nicht darüber nach, dass sie mit ihren Taten ein anderes Menschenleben, ja vielleicht eine ganze Familie zerstören, sie handeln nur aus einem hässlichem Impuls heraus, aus einer Art Hassgefühl auf alle Mitmenschen. Diese jungen Menschen, die nach vollbrachter Untat glauben, sich ungestraft auf ihre Mopeds schwingen zu können, um der Gerechtigkeit zu entfliehen, sie sind es, deren wir uns besonders annehmen sollten. Sie sind es, denen die Gesellschaft und die Regierung helfen sollten, sie wieder auf einen geraden Weg zurück zu führen. Denn sie wurden durch unsere Gesellschaft das, was sie heute sind. Natürlich fühlen wir alle mit den Opfern und ihren Familien, aber diese jungen Menschen, die Mörder und Schlächter, die glauben keine Zukunft mehr zu haben, die nur noch auf Rauschmittel und Gewalt setzen und denen keinerlei Moral mehr inne ist, sind es, die unser Mitleid benötigen.