Malwinder Malhotra

Malwinder Malhotra ist hinter den Bergen aus bunten Stoffen kaum zu sehen. Sie ist die Besitzerin von Classic Tailor in der 2. Road, dessen Leitung sie vor einem Jahr von ihrem Mann übernommen hat. Malwinder ist eine freundliche, ruhige Frau, die das Familiengeschäft engagiert fortführt. „Seitdem mein Mann ein anderes Unternehmen, Massic Travel, eröffnet hat, fragten alle unsere Kunden am Anfang nach ihm. Doch nun akzeptieren sie, dass ich die Leitung übernommen habe und erkennen es an, dass unser Service immer noch die gleiche Qualität und Freundlichkeit bietet", sagt sie.

Nachdem Classic Tailor seine Ladenfront direkt an der 2. Road aufgegeben hat, ist das Geschäft nur noch von hinten, vom Royal Palace Hotel aus, zu erreichen. Selbstverständlich wissen die Stammkunden darüber Bescheid und kommen jedes Jahr wieder vorbei und schicken auch ihre Freunde als neue Kunden zu Classic Tailor. „Wir führen eine Kundenkartei und geben alle Kundendaten und ihre Maße in den Computer ein, so dass sie beim nächsten Besuch eventuell, sofern sich ihre Figur nicht drastisch verändert, nicht noch einmal gemessen werden müssen", sagt Malwinder lächelnd. „Aus ganz Europa können sie dann einen Anzug oder ein Kostüm direkt per Brief, Fax oder Email bestellen, und das Endergebnis wird ihnen prompt per Post geliefert. Wir führen alle Materialien und fertigen jedes Design an. Manchmal kommen die Kunden einfach nur mit einer Modezeitschrift und sagen, ‚so soll es aussehen’."

Malwinder spricht auch Deutsch, „Schneiderdeutsch" wie sie es nennt, denn die Mehrzahl ihrer Kunden kam lange Zeit aus Deutschland, auch wenn jetzt auch viele englischsprachige Kunden hinzugekommen sind. „Jeden Sommer fliegen wir nach Europa und besuchen unsere Kunden und nehmen Aufträge entgegen, die wir ihnen dann per UPS zuschicken", sagt sie. Dabei geht es manchmal zu wie bei den berühmten Tupper-Parties, denn die bisherigen Kunden laden ihre Freunde und Bekannten ein, damit auch diese sich einen Anzug schneidern lassen.

Als Geschäftsführerin eines indischen Familienunternehmens ist Malwinder allerdings keine typische Geschäftsfrau, denn als Inderin ist sie vor allem die Mutter des Hauses. Den Großteil ihres Lebens übte sie vor allem diese Funktion aus. „Ich bin in Neu Delhi aufgewachsen und war gerade 17 Jahre alt, als ich verheiratet wurde", berichtet sie. Denn in ihrer Jugend, aber auch noch heute, wurde die Mehrzahl der Heiraten der jungen Menschen von ihren Eltern arrangiert. „Ich hatte meinen Mann vor unserer Heirat nie gesehen", sagt sie. Ihr Mann lebte mit seiner Familie in Thailand, doch die Inder hier bevorzugen weiterhin, ihre Kinder mit Indern zu verheiraten. Deshalb ging Malwinders künftiger Schwiegervater in Indien auf Brautsuche. „Für mich war es ein riesiger Schock", erinnert sich Malwinder heute. Sie hatte keine Möglichkeit, ihren Mann kennen zu lernen und wusste, dass sie ihr ganzes weiteres Leben mit ihm verbringen wird. „Es war wie bei der Lotterie und zum Glück habe ich gewonnen," erklärt sie froh, denn sie liebt ihren Mann und ist mit ihrer Ehe sehr zufrieden.

Und wie es so üblich ist, übernahm ihr Mann das Geschäft und sie die Betreuung der Familie. Zehn Jahre lang lebten sie in Bangkok, in denen sie sich nur als Hausfrau betätigte und das Schneidergeschäft nur ab und zu besuchte. Nach dem Umzug der gesamten Familie nach Pattaya engagierte sie sich jedoch immer mehr im Laden. „Mein Mann brachte mir alle Einzelheiten des Schneidergeschäfts bei und bald waren wir auch im Unternehmen ein unzertrennliches Team", sagt sie. Und sie wuchs immer mehr in ihre neue Aufgabe hinein, und nun führt sie das Geschäft mit starker Hand alleine. „Die Arbeit gefällt mir sehr, da ich gern mit Menschen spreche", erklärt sie.

Die Familie wohnt direkt über dem Geschäft und ist in vielen Belangen indisch geblieben, obwohl Malwinders Ehemann und auch ihre beiden Kinder, Vikrom und Vicki, in Thailand geboren sind. „Daher teilen wir es uns so ein, dass wir zum Frühstück indisch essen und am Abend Thai", sagt Malwinder und betont, dass die indische Gemeinschaft hier in Pattaya sehr geschlossen ist und viel gemeinsam unternimmt.

Die Familie Malhotra ist immer noch ein wenig mit der Tradition der Heimat ihrer Vorfahren, aber auch sehr mit der Thai Tradition verbunden. Ihr Sohn ging in Indien zur Schule und arbeitet jetzt im Geschäft mit. Ihre Tochter allerdings weigerte sich und studierte in Thailand. „Tja, man muss sich eben anpassen", sagt Malwinder, die einzige ‚echte Inderin’ in der Großfamilie. „Ich bin hier sehr glücklich mit meinem Leben". Und das sieht man der bildhübschen Frau auch an.