Im Wein liegt die Wahrheit

Wein und Speisen (Teil 1)

Von Ranjith Chandrasiri

Zu den wesentlichen Aufgaben eines Gastgebers zählt sicherlich das Wissen über die Vermählung von Wein und Speisen. Längst vergangen sind die Zeiten, als es genügte, Weißwein zu Fisch und Rotwein zu Fleisch zu servieren. Zwar gibt es nur wenig eindeutige Spielregeln, aber immerhin Erfahrungen, an denen sich der feinsinnige Genießer orientieren kann.

Chitra Chandrasiri weiß mit Sicherheit, welcher Wein zu welchem Essen passt.

1. Die Intensität des Geschmacks von Essen und Wein muss ausgewogen sein; weder das Essen noch der Wein sollte ein Übergewicht bekommen. Deshalb ist der Wein auf das geschmacksintensivste Produkt auf dem Teller abzustimmen.

2. Süße und Säure von Speise und Wein sollten zueinander passen. Meist ist die Sauce das geschmacklich bestimmende Element eines Gerichtes, und nicht das Fleisch. Die alte Regel „Weißwein zu hellem Fleisch und Rotwein zu dunklem" hat heute nur noch begrenzt Gültigkeit.

3 Zucker in jeglicher Form in der Speise lässt einen säurebetonten Wein noch aggressiver schmecken.

4. Essig- oder Milchsäure in der Speise summieren sich in unangenehmer Weise mit der Säure im Wein.

5. Hingegen heben sich Süße in einer Sauce und Süße im Wein gegenseitig auf.

6. Viel Salz in einer Speise verträgt sich nicht mit viel Säure im Wein. Vielmehr gleichen sich Salz in der Sauce und Süße im Wein positiv aus.

7. Bitterstoffe in Speisen vertragen sich längst nicht immer mit ausgeprägtem Gerbstoff und Säure im Wein. Sie gleichen sich mitunter viel besser mit der Süße im Wein aus.
Um eine optimale Weinempfehlung aussprechen zu können, ist es besonders für den Sommelier von großer Bedeutung, die Wechselwirkungen der Inhaltsstoffe von Speisen und Weinen zu kennen.

Es ist davon auszugehen, dass in den meisten Fällen die Sauce der geschmacksbestimmende Bestandteil einer Speise ist. Zunächst gibt es die Rahm- und Buttersaucen. Einerlei, ob die jeweilige Sauce mit Crème fraîche, Crème double, Sahne oder Butter gebunden ist, auf Grund des Milchzuckergehaltes erhält die Sauce durch die Reduktion eine gewisse Süße.
Häufige Varianten dazu sind dunkle oder Glacésaucen, die allenfalls mit kalter Butter gebunden werden. Diese erhalten durch die Beigabe von Wein, Essig oder Fruchtsäften eine gewisse Säure.

Der zu den Saucen gereichte Wein muss mit der Süße und Säure eine Harmonie bilden. Da es aber auch süße Glacésaucen und säurebetonte Buttersaucen gibt, ist es besonders wichtig, die jeweilige Zubereitungsform zu kennen, um den richtigen Wein auf Grund der oben erwähnten Prinzipien auswählen zu können.

Zwar ist das Gemüse meist nur eine Ergänzung zu den Gerichten, jedoch gibt es gravierende Unterschiede im Hinblick auf die geschmackliche Wechselwirkung mit dem Wein. Erbsen, Karotten, Rosenkohl, Wirsing, Kraut, Fenchel und Zwiebeln, zum Beispiel, verfügen über eine gewisse Süße. Dazu würde ein im Geschmack nicht ganz trockener, auf jeden Fall nicht zu säurebetonter Weißwein sehr gut passen.

Zucchini, Auberginen und Bohnen sind in gewissem Sinne neutral. Dagegen entwickeln gedämpfter Chicorée oder Radicchio Bitterstoffe, die bei der Frage nach dem passenden Wein von großer Bedeutung sind. Chicorée kann als Beilage zu einem Rinderfilet einen Rotwein mit vielen Gerbstoffen durchaus aus dem Gleichgewicht bringen, weil sich die

Bitterstoffe des Gemüses zu den Gerbstoffen des Weines addieren, speziell, wenn er im Barrique ausgebaut wurde.

Der 2. Teil folgt in der übernächsten Ausgabe

Ranjith Chandrasiri ist der Resident Manager im Royal Cliff Grand und der Präsident des Royal Cliff Weinclubs, Royal Cliff Beach Resort, Pattaya, Thailand, Email: [email protected] oder [email protected]