E-mail aus München

Von Nicola Hahn

Der FC Bayern ist Meister! Zwei Tore in Wolfsburg sicherten den Millionen-Kickern am letzten Samstag vorzeitig den Titel. Friede, Freude, Kaviar? Von wegen. Zwar wurde eiligst der neue Gourmettempel von Alfons Schuhbeck (am Münchner Platzl, gleich neben dem Hofbräuhaus) für die Siegesfeier leergefegt. Doch einer wollte am schnell kreierten „FC Bayern Salat" nicht mitknabbern: ausgerechnet der Platz von Kapitän Olli Kahn blieb auch bis nach dem Dessert leer. Denn der hatte angeblich „von nix gewusst" und hielt derweil in seinem zweiten Wohnzimmer, der Nobel-Disco P 1, Hof. Pikanterweise gemeinsam mit (der gerade wieder versöhnten) Ehefrau Simone und (der angeblich gerade abgelegten) Flamme Verena.

Das Dessert beim Schuhbeck war übrigens „geeister Kaiserschmarrn", eine Hommage an „Kaiser Franz" Beckenbauer. Doch der gab sich eisig und löffelte ebenfalls nicht mit, feierte lieber in seiner zweiten Heimat Kitzbühl. Denn die Bayern sind ja auch Meister im Streiten. Zwischen dem Vereinspräsident Beckenbauer, Vorstand Karl-Heinz Rummenigge und Manager Uli Hoeneß herrscht zur Zeit ziemlich laute Funkstille im Fernsehrechte -Streit. Auf Nebenschauplätzen watscht dann noch Hoeneß Trainer Ottmar Hitzfeld wegen „einer blassen Mannschaft" ab, während Jungstar Bastian Schweinsteiger beim verbotenen Discobesuch gesichtet wurde (ein gepflegter Zug durch die Gemeinde heißt seit letzter Woche denn auch „schweinsteigern") und Stefan Effenberg kündigt nach seinem beendeten Gastspiel in Wolfsburg schon mal seine Memoiren an, in dem der „FC Bayern keine untergeordnete Rolle" spielen soll. Ja, die Zeitbombe Matthäus tickt auch noch – er will jetzt wegen der Erlöse aus seinem Abschiedsspiel vor Gericht ziehen.

Bombenstimmung auch bei der SPD, wo die Sozial-Vorschläge der Rürup-Kommission auf immer heftigeren Widerstand stoßen. Schon fordern erste Hinterbänkler den Rücktritt von „Superminister" Wolfgang Clement. Der hätte sogar schon einen Anschluss-Job: Vergangenen Mittwoch wurde er zum „Deutschen Bierbotschafter" gekürt, weil er über die seltene Eigenschaft verfügt, beim Trinken das Zäpfchen einfach wegklappen zu können – und deshalb sein geliebter Gerstensaft ohne lästiges Schlucken durch die Kehle rinnen kann. Mal schauen, ob er sich am politischen Tagesgeschäft nicht noch verschluckt.

Ansonsten können sich aber alle Streithanseln mit einer neuen CD trösten: „Die Macht der Lieder: Gebt uns endlich Frieden" soll jetzt all die bei den Demos der letzten Wochen wieder-entdeckten Protestsongs in die Charts hieven.

Beunruhigend dagegen ein anderes Phänomen: Ausgerechnet in der Woche, in der sich das Erfurter Schul-Massaker mit vielen Appellen gegen Gewalt jährte und sich die Allgemeinheit auch von den Vorgängen im Nahen Osten schon wieder abwenden wollte, droht neues Ungemach: Kurz hintereinander wurden in Bremen und Berlin zwei Linienbusse entführt von je einem jungen Libanesen. Zwar gingen beide Geiseldramen kurz und blutlos zu Ende, doch der Schock und die Frage bleiben: Ist das erst der Anfang?

Und zum Glück gibt es auch noch eine kleine militante Minderheit, die auch in diesem Sommer unser aller Städterherz – verbotenerweise – erfreuen will: Die Sonnenblumen-Guerilla nutzt das anhaltend schöne Frühlingswetter, um wieder ihre Samen und Pflänzchen an allerlei ungewohnten Orten auszuteilen. So erblühten zum Beispiel in München in den letzten Jahren auf den stau-umstandenen Verkehrsinseln des Mittleren Rings illegale, bunte Blumenbüschel. In Berlin sollen Passanten heuer sogar Erdbeeren am Straßenrand pflücken dürfen, wenn sie nicht vorher von den Stadtgärtnern entdeckt und entfernt werden.