Liebe Tante Frieda,
ich habe einen guten Bekannten, der sehr nett ist und
wirklich mit fast allen gut auskommt. Er lacht immer und bringt auch alle
anderen in gute Stimmung und ist immer sehr redselig. Doch irgendwie ist
das alles nur Schein, denn sobald er über jemanden spricht, fängt er an,
ihn schlecht zu machen. Erst lächelt er ihn an und dann erklärt er, wie
dumm, faul, geizig, pervers und noch viel schlimmeres er ist. Eigentlich
lässt er niemanden in seiner vernichtenden Kritik aus und ich frage mich
oft, was er wohl über mich erzählt, wenn er mit anderen zusammen ist.
Kannst du mir einen Rat geben, wie ich damit umgehen soll?
Kritiker
Lieber Kritiker,
Neben dem rechten Handeln fordert die buddhistische
Lehre der edlen Wahrheiten auch rechte Einsicht und rechte Gedanken und
die scheinen mir bei deinem Bekannten wohl zu fehlen. Alles ist schöner
Schein und dahinter liegt nur Verachtung und Kritik. Vielleicht liegt es
daran, dass er sich selbst nicht wirklich leiden kann oder mit seinem
Leben insgesamt unzufrieden ist. Weil er sich das nicht eingestehen will,
kritisiert er eben andere. Du kannst da wahrscheinlich leider nicht viel
tun, denn sobald du ihn darauf ansprichst, wird sich sein Ärger auch
gegen dich wenden. Achte aber darauf, dich von seiner Haltung nicht
anstecken zu lassen, das ist besonders gefährlich. Sobald du auch
anfängst, über alle herzuziehen, solltest du versuchen, genügend
Abstand zu deinem Bekannten zu gewinnen, sonst kann es dir schnell
passieren, dass dein Herz genauso verletzt wird wie das seine.
Liebe Tante Frieda,
was kann ich tun? Der Verkehr hier in der Stadt macht
mich wahnsinnig. Auf der Soi Buakau kann man überhaupt nicht mehr entlang
laufen und auch sonst muss man immer rennen, um über die Straße zu
kommen, beim Abbiegen achtet natürlich niemand auf die Fußgänger und
die Zebrastreifen sind auch nur Stadtverschönerungen. Ich rege mich immer
furchtbar über die rücksichtslosen Motorrad-, Auto- und Bahtbusfahrer
auf und wäre schon mehrmals beinahe in ein Handgemenge mit ihnen geraten.
Ich befürchte wirklich, dass ich bald entweder totgefahren werde oder
jemanden aus Wut totschlage. So kann es doch nicht weitergehen.
Gejagter Fußgänger
Lieber Gejagter Fußgänger,
pass auf, die Thais lassen nicht mit sich spaßen, wenn ein
dürftiger Fußgänger ihrem schicken Wagen die Vorfahrt schneidet. Ein
Bekannter erregte sich immer so über die Autofahrer, dass er wie wild mit
seinem Gehstock auf die Frontscheiben einschlug und dabei wie ein
Rohrspatz schimpfte. Dass sie ihn nicht verprügelt haben, ist wirklich
ein Wunder, es liegt wahrscheinlich daran, dass er schon 84 ist. Jetzt hat
er sich aber beruhigt, da er immer eine mittelgroße Flasche Baldrian bei
sich trägt und vor jeder Straßenüberquerung erst einmal einen tiefen
Schluck nimmt. Am besten ist es, du legst dir selbst ein Auto zu, dann
aber mit Chauffeur, so hat der den Ärger, oder gleich einen dicken
Geländewagen, da kannst du alle anderen in die Schranken weisen und ihnen
zeigen, wer der Herr der Straße ist. Als unwürdiger Fußgänger bleibt
dir nur die „Hoppla-hier-komm-ich"-Methode: herrisch die Hand zum
Haltezeichen erheben und zielsicher und selbstbewusst einfach auf die
Straße springen, so dass die Bremsen quietschen. Das macht Eindruck, aber
auch hier gilt: ein Mercedes hat immer Vorfahrt.