Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Raus mit veralteten und ausgedienten Gesetzen

Kabinett und Parlamentarier haben kürzlich vorgeschlagen 47 alte Gesetze, Ausführungen und Verordnungen, die nicht mehr zur Anwendung kommen oder nie zur Anwendung gekommen sind, aus den Gesetzesbüchern herauszustreichen. Einige dieser Gesetze sind seit dem 1. Weltkrieg nicht mehr benutzt worden oder wurden in Kraft gesetzt, als die Ausländer noch extraterritorialen Rechten in Thailand unterstellt waren. Unglücklicherweise hat bis dato niemand die Initiative ergriffen um solche Gesetze abzuschaffen, die heute ganz eindeutig gegen die individuellen Rechte und die Freiheit der Staatsbürger verstoßen.

Die Vorlage um diese Gesetze nun aufzuheben ist vom Parlament bereits gutgeheißen worden und man geht davon aus, dass sie auch ohne Schwierigkeiten die Hürde im Senat nehmen wird.

Entsprechend dem Entwurf müssen nun viele veraltete Gesetze formell und systematisch überprüft und/oder aufgehoben werden. Viele Gesetze wurden nie durchgesetzt, weil sie schlechthin nicht sinnvoll waren und andere Gesetze wurden ausgeklammert, weil sie mit der aktuellen Situation nicht mehr vereinbar waren. Diese ganze Entwicklung verursachte große Unsicherheit und Zweifel in den einschlägigen Kreisen, ob einzelne dieser Gesetze nun noch in Rechtskraft sind und demzufolge eine Durchsetzung notwendig machen. Um sich endlich Klarheit zu verschaffen hat eine Expertengruppe nun große Teile des gesamten Gesetzeswerkes überprüft, um festzulegen, welche Gesetze beibehalten und welche aufgehoben werden müssten.

Es wurden 2.283 Gesetzesparagraphen überprüft, die im Zeitraum vom 1914 bis 1957 in Kraft gesetzt wurden. Die Überprüfung wurde aufgeteilt in fünf Gruppen. In der ersten Gruppe wurden 1.105 Paragraphen erfasst, die sofort aufgehoben werden sollten, die zweite Gruppe mit 562 Gesetzen soll nur noch temporär in Kraft bleiben, wobei das Datum deren Aufhebung bereits festgelegt wurde. Die dritte Gruppe umfasst 9 Gesetze und Ergänzungen, die bereits überholt sind und durch neue und/oder andere Gesetze abgelöst wurden. Die vierte Gruppe, 38 Gesetze und Ergänzungen beinhaltend, sind solche mit überaltertem Inhalt. Die fünfte und letzte Gruppe umfasst alle verbleibenden Gesetze, die immer noch in Kraft sind, die aber einer erneuten Überprüfung bedürfen, ob sie weiterhin in Rechtskraft bleiben sollen, und wenn notwendig, mit entsprechenden Ergänzungen zu versehen sind.

Es wurde Übereinstimmung erzielt, dass die in Gruppe 1 und 2 aufgeführten und zur Außerkraftsetzung bestimmten Gesetze kein zusätzliches Gesetz notwendig machen, um die Außerkraftsetzung durchzusetzen. Die in den Gruppen 3 und 4 überprüften Paragraphen sollen nun mit obenerwähntem Gesetzesentwurf offiziell aufgehoben werden.

Unter den 47 Gesetzen und Verordnungen, die zur Aufhebung vorgeschlagen sind, gehört der Polizei Akt, der den Aufgabenbereich in der Hauptstadt (Bangkok) und in den Vororten umschreibt, der Akt der Zeugenqualifikation aus dem Jahre 1895, der Akt zur Vorbeugung gegen die Übertragung von Tierseuchen (1901), die Verordnung zur Ernennung eines Spezialgerichtes für Verstöße von Landesverrat außerhalb von Thailand (1941) und der diesbezügliche Bestätigungsakt aus dem gleichen Jahr, der Akt zur Einschränkung der Rechte von Landesverrätern (1941), die Verordnung zur Einschränkung von Ausländern und der entsprechende Bestätigungsakt.

Diese Entwicklung ist ein weiterer Meilenstein der amtierenden Regierung. Es haben im weiteren viele Diskussionen über die Aufhebung von ausgedienten Gesetzen stattgefunden, solche die nicht mehr vereinbar sind mit der heutigen Zeit und solche, die gegen die Rechte, die Freiheit und die sexuelle Diskriminierung von Staatsbürgern verstoßen. Eines dieser Gesetze betrifft die individuelle Namenswahl nach Vermählung aus dem Jahre 1962, das von der Ehefrau verlangt den Familiennamen des Ehemannes anzunehmen, anstelle es als Option frei zu lassen. Ebenso augenfällig ist eine Königliche Verordnung aus dem Jahre 1921, die den Rechtsanspruch von Frauen behandelt, der von der Gruppe der Frauenrechtlerinnen widersprochen wird, da diese ein Verstoß gegen die konstitutionelle Bedingung der Gleichheit unter den Geschlechtern darstellt. Andere widersprüchliche Gesetze sind solche, die Todessstrafen und andere Verstöße gegen die Menschenrechte vereinbaren.

Das Parlament hat kürzlich ein Gesetz gutgeheißen, welches das Urteil einer Todesstrafe bei Jugendlichen unter 18 Jahren in eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren umwandelt, hält jedoch an der Todesstrafe für Kapitalverbrechen durch Volljährige fest. Einzig die Vollstreckungs-methode erfährt eine Änderung, anstelle der Erschießung durch ein Todeskommando erfolgt die Vollstreckung durch die Todesspritze.

Eine heiße Debatte hatte der Veröffentlichungsakt aus dem Jahre 1941 ausgelöst, welcher der Polizei die Macht gibt, ein Verlagshaus zu schließen, Zensur zu üben und/oder den Import und die Verbreitung publizistischer Erzeugnisse mit anstößigen und unsittlichen Inhalten zu verbieten.

Die TRT (Thai Rak Thai) Partei, mit einer Mehrheit der Stimmen im Parlament politisch sehr stabil, hat alle Möglichkeiten die langanstehenden Probleme des Landes nun zu lösen.

Wenn sich die Regierung in gleichem Maße wie im Krieg gegen die Drogen engagiert, bin ich davon überzeugt, dass die Vorlage zur Aufhebung ausgedienter und überalterter Gesetze und Verordnungen gutgeheißen wird, und der/die Staatsbürger/in die unter der Konstitution garantierte Freiheit voll genießen kann.