„Geiz ist geil", „Ich bin doch nicht blöd"
(zuviel zu bezahlen), „...wo die kleinen Preise wohnen" – die
deutschen Discounter geben sich in ihrer Werbung seit einiger Zeit
selbstbewusst aggressiv. Und das mit Erfolg: Jüngsten Umfragen zufolge
fanden es die Deutschen noch nie so akzeptabel wie heute, bei Billigketten
einzukaufen. Selbst die Fastfood-Kette mit dem schottischen „Mc" im
Label springt auf den Sparzug auf und wirft uns nun zwei Apfeltaschen zum
Preis von einer in den Rachen.
Zu spüren bekommt die Sparwelle der Einzelhandel, vier
Prozent weniger setzte er diesen März im Vergleich zum Vorjahr um. Bei
gleichzeitig steigenden Mieten in den Citylagen bedeutet dieser Trend das
Aus für viele Traditionsgeschäfte. In München z.B. machte letzten Monat
das Bekleidungshaus Wöhrl in der Sendlinger Straße dicht, gerade läuft
der Räumungsverkauf der Edelboutique „annas" an. Nur zwei von vielen
Beispielen, in deren Ladenräumen dann entweder lange Öde oder große
Ketten einziehen, die sich die horrenden Mietpreise noch leisten können.
Und so werden Sie beim nächsten Besuch in der Heimat feststellen: ob
Hamburg, München, Berlin, Köln oder... – das Angebot ist inzwischen
überall das Gleiche.
Notleidend sind inzwischen sogar die Kirchen. Weil selbst
die katholische Kirche nicht mehr nur auf Gott vertrauen will, um sich zu
sanieren, holten sie die Unternehmensberater von McKinsey ins heilige Haus.
Die konfrontierten die Oberhirten letzte Woche mit ein paar sehr unbequemen
Wahrheiten: Nach einer Erhebung vertrauen nur noch magere 11 Prozent der
Institution Kirche, satte 45 Prozent haben gar kein Vertrauen mehr in die
Amtskirche, die protestantischen Lutheraner kommen auf ebenfalls nicht
üppige 17 Prozent Vertrauen. Dass die politischen Parteien noch schlechter
abschnitten, dürfte den Priestern kein Trost sein – ebensowenig die
große Sympathie der Bevölkerung für die „gelben Engel" vom ADAC (klarer
Spitzenreiter der McKinsey-Umfrage). Denn, so ein weiteres Ergebnis: die
Deutschen sind beileibe keine Atheisten geworden, sie haben bloß keinen
Draht mehr zur Institution Kirche. Und verweigern deshalb per Austritt die
Kirchensteuer.
Gottlose Gesellen seien in der Mainacht auch in Berlin am
Werke gewesen, heißt es. Wie jedes Jahr ging über Kreuzberg der brennende
Krawall nieder. Nur ist inzwischen eines anders: Die Randalierer verbrämen
ihre Wut nicht mehr mit politischen Attributen, sie wollen nur noch durch
Gewalt auffallen. Und so standen diesmal die Bewohner auf, gingen ebenfalls
auf die Straße, um mit Straßenfesten das Schlimmste zu verhindern. Leider
war der Einsatz nicht überall von Erfolg gekrönt. Und so mussten die
Friedfertigen auch noch mit ansehen, wie die Polizei auf „Deeskalationskurs"
den marodierenden Minderheiten ebenfalls lange tatenlos bei ihrem
brandschatzenden Werk zusah.
Sicherer dagegen darf man sich seit Neuestem in vielen
U-Bahnhöfen fühlen – Mozart, Bach und Beethoven sei Dank. Seit die
Bahnsteige mit blechern-scheppernden Klängen der alten Meister beschallt
werden, steige die Zufriedenheit der Kunden wieder. So freuen sich die
Verkehrsbetriebe. Klar, bei der „Ode an die Freude" verfliegt gleich
jeder Unmut über den verspäteten Zug. Und: lästige Dauergäste im warmen
Untergrund vertreibt die hohe Kunst angeblich gleich mit.
Übrigens: Wenn Sie in den nächsten Tagen mal wieder zur Deutschen Welle
zappen, können Sie Ihr Glas heben. Der deutsche Auslandssender feiert
dieser Tage seinen 50. Geburtstag.