„Das ganze Leben ist ein Quiz" weißsagte
Komödiant Hape Kerkeling vor Jahren die Zukunft des deutschen Fernsehens.
Und so kam es. Heute fragt Günther Jauch auf RTL bei konstant hohen
Einschaltquoten „Wer wird Millionär?" und wird mit diesem
Erfolgsrezept auf allen Kanälen kopiert. Weil es aber dort für den
Zuschauer nur die Erkenntnis zu gewinnen gibt, dass andere vielleicht mehr (oder
weniger) wissen als man selbst, wird Deutschland jetzt vermehrt zum
Mitzocken an der Mattscheibe gelockt.
Mit „Neun Live" gibt es gar einen ganzen
Kommerzsender, der nur von Gewinnspielen lebt. Das simple Konzept: Den
Zuseher mit teilweise ziemlich dämlichen Fragen an die Telefone locken.
Für die Anrufe, bei denen natürlich nur einer durchkommt, werden saftige
Gebühren fällig, mit denen der Sender inzwischen in die Gewinnzone
gesegelt ist (und das ganz ohne weitere Werbeeinnahmen).
Mit Honig wollen deshalb auch andere Fliegen fangen.
Rufen Sie an, gewinnen Sie... schallt es immer öfter aus der Röhre. Von
Sport bis „Superstars"... kaum eine TV-Show kommt noch ohne
Zuschauerpreise aus. Sogar im Flagschiff „Wetten, dass..." wird
Thomas Gottschalk bald ein Traumhaus (Wert: eine Mio. Euro) ausloben. Das
ruft prompt die Spielverderber auf den Plan. In Berlin denkt man bereits
über ein Gesetz nach, das Telefon-Preisausschreiben verbieten soll...
In die Röhre geschaut hat Deutschland erwartungsgemäß
wieder beim „Grand Prix d’Eurovision" (Platz 12). Da triumphierte
erstmals die Türkei mit einer „Orient meets Disco"-Nummer von sexy
Sertab Erener. Für die Favoriten aus Russland reichte es nur zu Platz drei,
vielleicht, weil das Skandal-Duo t.a.T.u. mal nicht in Unterwäsche antrat
und angesichts des großen Ereignisses sogar auf seine lesbischen
Kusseinlagen verzichtete. Die beiden „Russen-Luder" können’s
verschmerzen, schließlich sind sie derzeit in allen europäischen Charts
ganz oben zu finden mit ihrem Hit „Nothing gonna get us".
Ernst wird es dagegen bei der Bundeswehr. Seit dieser
Woche hat sie offiziell einen neuen Auftrag: Ihr Hauptziel ist künftig
nicht mehr die Landesverteidigung sondern internationale Einsätze und
Terrorabwehr. Bei einer solchen Konzentration auf das Wesentliche kann man
nämlich auf weitere 6000 Soldaten verzichten und landauf, landab etliche
Kasernen schließen. Und dafür am umstrittenen, weil viel zu teuren
Transportflugzeug M 400 weiter mitbauen.
Köpfe rollten dieser Tage bei der Bahn. Zwei für das
neue Preissystem verantwortliche Vorstände mussten ihren Schreibtisch
räumen. 120 Mio. Minus fuhr die Bahn im 1. Quartal des Jahres ein, weil
immer weniger sich angesichts des komplexen Rabattdschungels (wie Bahn-Fan
Harald Schmidt) fragen wollen: „Fährst du schon oder rechnest du noch?"
Viele steigen da lieber auf Mitfahrzentralen um, die seit Januar gut 20
Prozent Zuwachs verzeichnen. Doch trotz allem: Grundsätzlich will Bahn-Chef
Mehdorn an der Preisreform festhalten. Ganz wie in der Politik spricht er
von „Nachbesserung".
Zum Schluss das Neueste aus der SPD kurz vor dem
Schlagabtausch auf dem Sonderparteitag: Da durfte sich Gehard Schröder
diese Woche über den klaren Wahlsieg Henning Scherfs in Bremen freuen (SPD
42,3 %, CDU 29,9%, Grüne 12,8%, FDP 4,1%). Und sich gleichzeitig über
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Per Steinbrück ärgern, der auf
Biegen und Brechen die Koalition mit den Grünen aufs Spiel setzen will.
Was macht derweil der „kleine Mann auf der Straße"?
Will in Sachsen für die 35-Stunden-Woche streiken (Urabstimmung läuft)
oder klaut bundesweit die heißen Dessous-Poster von Topmodel Heidi Klum (für
die Klamottenkette H & M) aus den Plakatkästen.