Der 5. Juni 2003 markiert für die Frauen in Thailand
einen historischen Tag im Prozess der gleichen Rechte für Mann und Frau.
Das Konstitutionsgericht befreite die Frauen von einem 41-jährigen
rechtlichen Joch, das sie zwang, nach Verheiratung den Familiennamen ihres
Ehemannes anzunehmen.
Artikel 12 des Namensgesetzes aus dem Jahre 1962 wurde
mit einem Ergebnis von 13 zu 2 Richterstimmen außer Kraft gesetzt, mit
dem Argument der Richter, dass dieses Gesetz gegen Artikel 30 der
Konstitution aus dem Jahre 1997 verstoße, der die gleichen Rechte für
Mann und Frau vorschreibt. Die Frauenbewegung in unserem Lande hat viele
Jahre für die Gleichstellung gekämpft. Jeder Vorstoß einer
Gesetzesänderung wurde bis anhin jedoch jedes Mal vom Männer dominierten
Parlament abgewiesen, letztmals im Jahre 1997 mit einem Stimmenverhältnis
von 60:58. Der nun erfolgte Richterspruch zur Annullierung des Artikels 12
ist endgültig, und das neue Gesetz tritt gemäß der Bestätigung des
Generalsekretärs Noppadol Hengcharoen des Konstitutionsgerichtes mit
sofortiger Wirkung in Kraft.
Die Frauen haben nun das Recht nach der Heirat ihren
ledigen Namen weiterzuführen oder nach Wunsch den Familiennamen des
Ehegatten anzunehmen. Das gleiche Recht gilt auch für die verheirateten
Frauen, die nun die Möglichkeit haben, bei der Amtstelle, wo sie ihre
Heirat registriert haben, für eine Gebühr von 20 Baht ihren ledigen
Namen eintragen zu lassen und künftig diesen Namen weiter zu tragen.
Maßgebend an dieser Gesetzesänderung waren
Politikerinnen beteiligt, angeführt von der Parlamentarierin Paninthara
Pakkasem der Regierungspartei Thai Rak Thai, die das Büro des Ombudsmanns
aufgefordert hatte, das Konstitutionsgericht zu beauftragen, den besagten
Artikel 12 zu überprüfen und zu revidieren.
Gemäß dem Rechtsexperten Prof. Vimolsiri Chamnarnvey
wurde das Namensgesetz im Jahre 1913, zur Zeit der Regentschaft von König
Rama VI eingeführt, das den Frauen bei ihrer Heirat vorschrieb,
zukünftig ihren ledigen Namen, gefolgt mit dem Zusatz des Familiennamen
des Ehemannes, zu führen. Im Jahre 1962, unter der Militärdiktatur von
Feldmarschall Sarit Thanarat, wurde dieses Gesetz jedoch geändert, und
forderte, dass Frauen nach ihrer Verheiratung nur noch den Familiennamen
des Ehemannes führen durften. Dieses Gesetz widerspiegelt den tief
verwurzelten Sexismus in der Thai-Gesellschaft, der davon ausgeht, dass
die Ehefrau das Eigentum des Ehemannes darstellt. Diese Einstellung ist
auch die Ursache von vielen Gewalttätigkeiten in der Ehe.
Das Gesetz beinhaltet auch den kulturellen Glauben,
dass nur die männlichen Erben den Familiennamen und den Stammbaum
weiterführen sollen, was zum Nährboden von vielen Arten von
Diskriminierung der Frau geworden ist. Eltern tendieren daher dazu der
Ausbildung der Söhne mehr Bedeutung beizumessen als derjenigen der
Töchter und auch bei den Erbansprüchen gleich zu verfahren. In
ländlichen Gebieten ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass bei
finanziell bedürftigen Familien die älteren Töchter die Schule
verlassen müssen um zu arbeiten und Geld zu verdienen, um so den Brüdern
eine bessere Ausbildung zu gewährleisten.
Die Richter befanden nun, dass der Artikel 12 die
verheirateten Frauen ihre, durch die Konstitution zugesicherten
Basisrechte, beraube und einer Gleichstellung von Mann und Frau vor dem
Gesetz widersprach, was schlussendlich zur Annullierung des besagten
Artikels führte.
Aus einschlägigen Kreisen hört man, dass Regierung
und Opposition dem Parlament in Kürze ihren eigenen Ergänzungsvorschlag
zum Namensgesetzes unterbreiten wollen. Die Frauenrechtsaktivistin
Supensri Pungkoaksoon von der Bewegung Freunde der Frauen ihrerseits lobte
den Ausgang der Abstimmung und machte die Andeutung, dass ihre Bewegung in
Kürze ein entsprechendes organisches Gesetz erwarte.
Im weiteren sagte sie aus, dass andere inländische
Gesetze die Frauen benachteiligen würden und dringend einer Überprüfung
bedürften, wie die Auflage, dass verheiratete Frauen die Ansprache vor
dem Namen von „Nang Sao" (Fräulein) in „Nang" (Frau)
abändern müssten, während der Ehemann seine Anrede „Nai" (Herr)
weiterführen könne. Diese Regelung erlaubt dem Ehemann polygam zu
bleiben, da die Anrede „Nai" (Herr) keine Identifikation für den
ehelichen Status ist. Sie wünscht, dass es entweder für Frauen wie
Männer nur eine Anrede gibt, oder dass für verheiratete Männer ein neue
Anrede kreiert werden müsste.
Weiteren Anstoß nehmen die Frauen am Familiengesetz,
das die Vergewaltigung in der Ehe ohne Straffolge zulässt. Ebenso können
Ehefrauen nicht auf Scheidung klagen, wenn der Ehemann Ehebruch begeht. Im
Falle eines Ehebruches durch die Ehefrau kann der Gatte jedoch sofort die
Scheidung beantragen. Die gleiche Ungerechtigkeit besteht bei
außerehelichen Beziehungen. Wenn die Ehefrau einen Liebhaber hat, kann
der Ehemann eine Kompensationsforderung stellen, wenn der Ehemann eine
Geliebte unterhält, hat die Ehefrau kein Anrecht auf Kompensation. Auch
beim Nationalitätenrecht haben Thai Männer, die mit einer Ausländerin
verheiratet sind, im Vergleich zu Thai Frauen, die einen Ausländer
geehelicht haben, einen Vorteil.
Mit der Annullierung des Artikels 12 ist nun ein Anfang gemacht worden
um die in der Konstitution verankerte Rechtsgleichheit von Mann und Frau
sicherzustellen. Es wird jedoch noch ein langer und beschwerlicher Weg mit
vielen Rückschlägen zurückzulegen sein, bis alle betroffenen
Gesetzesartikel den Forderungen der Konvention angepasst sind.