Chaos auf deutschen Bahnhöfen. Wenn Züge in diesen
Tagen zu spät oder gar nicht fahren, liegt’s ausnahmsweise mal nicht an
der Bahn. Seit im Dresdner Bahnhof ein Koffer mit 1,6 Kilo TNT rechtzeitig
entschärft werden konnte, gibt’s fast täglich irgendwo einen blinden
Bombenalarm. Die Sinne sind geschärft, die Angst geweckt – immerhin 18
Mal mussten Sprengstoff-Spezialisten in der letzten Woche zu vermeintlich
herrenlosem Reisegepäck auf Bahnsteigen ausrücken. Dann wird, wie am
vergangenen Samstag im Hamburger Hauptbahnhof, großflächig abgesperrt –
und der Reiseverkehr liegt für gut zwei Stunden komplett brach.
Und hitzig wird an deutschen Stammtischen gerätselt: Wer
könnte wohl hinter dem geplanten Attentat stecken? El Kaida, die
Russenmafia, ein durchgeknallter Einzeltäter?
Wie gut, dass ein anderer Fall klarer zu liegen scheint:
Bei Michel Friedmann wurde Kokain gefunden. Zwar steht das Ergebnis der
Haaranalyse noch aus (kennt man ja noch von Christoph Daum), aber der
Empörung tut das keinen Abbruch. Denn der Frankfurter Anwalt, CDU-Politiker,
Vizepräsident des Zentralrats der Juden und streitbare TV-Talkmaster
polarisiert durch strotzendes Selbstbewusstsein und höchste Moralansprüche.
Und nun soll er ausgerechnet von zwei ukrainischen Prostituierten verpfiffen
worden sein, die ihren Kunden beim Koksgenuss zugeschaut haben wollen. Da
sind sich Volk und Presse einig: Arroganz kommt vor dem Fall...
Was das Ganze besonders pikant macht: Friedmann war in
vorderster Front der Kritiker, die den letzte Woche begrabenen Jürgen W.
Möllemann wegen seiner anti-israelischen Äußerungen attackierten. Die
Kritik an seiner eigenen Person scheint er nicht so gut zu verkraften:
Friedmann sei zusammengebrochen und gesundheitlich schwer angeschlagen nach
Südeuropa abgereist, vermeldete sein Haussender, der Hessische Rundfunk.
Des Volkes Häme kübelt derzeit auch über Uschi Glas
nieder. Die hatte sich mal wieder gedacht: „Zur Sache, Schätzchen!"
und sich in einen goldenen 80-er-Jahre-Bikini gepellt für die aktuelle
Ausgabe von „Max" abfotografieren lassen. Obwohl die 59-jährige dank
ihrer Ananas-Diäten noch recht gut in Form ist, kommt das Ergebnis bei den
wenigsten gut an. „Sie wirkt billig und nicht sexy" oder „sowas
müsste in dem Alter verboten werden" sind noch die harmloseren
Beschimpfungen, die massenweise auf den Internetseiten der Hamburger
Postille eintrudeln. Und Uschi? Die sagt tapfer in der Münchner
Abendzeitung: „Wenn alle Welt es schrecklich findet, bin ich umso stolzer,
dass ich es getan habe." Na, dann...
Ansonsten hat der anhaltend schöne Sommer das
Grillfieber voll entfacht. Während die Deutschen meist brav im heimischen
(Klein-)Garten ihre Würstchen brutzeln, zieht es die ausländischen
Mitbürger zu Hauff in die öffentlichen Grünanlagen. Vom Berliner
Tiergarten bis zum Münchner Westpark – überall scharen sich ganze Sippen
um zahllose Feuerchen, auf denen auch mal ganze Hammel schmoren. Weil das zu
viel fröhliche Idylle sein könnte, gibt es in einzelnen Stadtverwaltungen
schon wieder Spaßverderber, die darüber sinnen, wie man dem
anarchistischen Treiben wohl ein Ende bereiten könnte.
Die Durstlöscher zur Grillparty waren Ende letzter Woche
jedenfalls besonders günstig zu haben. Wegen des für sie lästigen
Dosenpfandes haben einige Handelsketten (z. B. Tengelmann) beschlossen, in
Zukunft ganz auf Mehrwegflaschen zu setzen. Die noch vorhandenen
Getränkedosen wurden deshalb zu Minipreisen verramscht – Cola oder Bier
für 19 Cent lösten umgehend Hamsterkäufe aus, obwohl zusätzlich noch 25
Cent Pfand fällig wurden (den man bei Rückgabe zur Zeit nur gegen Bon und
in dem Geschäft erstattet bekommt, wo man die Dose auch gekauft hat).
So gut versorgt, sehen wir nun mit Spannung dem großen Boxkampf Vitali
Klitschko gegen Lennox Lewis am 21. Juni entgegen.