Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Furchterregende Gesetzesentwürfe

In der Sessionswoche Anfang Juni beriet der Senat über zwei Gesetzesentwürfe, die vom Haussprecher eingebracht wurden. Der eine Entwurf betrifft den Nationalen Polizei Akt, der vom Parlament am 7. Mai 2003 an den Senat überstellt wurde. Der andere Entwurf befasst sich mit dem Akt der Untersuchungsvorgänge bei speziellen Fällen, der in der Folgewoche im Senat zur Debatte stand. Bei beiden Entwürfen spielt die Polizei eine wichtige Rolle, und der Senat hatte diese Entwürfe zur Vernehmlassung zuzulassen. Für eine eventuelle Gesetzesänderung auf Grund der vorerwähnten Entwürfe braucht es keine konstitutionelle Amtsgewalt. Es ist der Willkür des Parlamentes und der Regierung unterstellt, beide Amtsstellen werden von der Thai Rak Thai Partei dominiert, ob sie Änderungsvorschläge des Senates berücksichtigen wollen, oder ob man an den Originalgesetzentwürfen festhalten soll.

Diese Vorlagen haben im Senat viel Staub aufgewirbelt und haben Fragen in bezug auf die durch die Konstitution garantierte Menschenwürde, individuelle Rechte und Freiheit ausgelöst. Kurz gesagt, diese neuen Gesetzentwürfe gewähren der Polizei und den Spezialuntersuchungsbehörden und Beamten mehr Macht und Befugnisse zu Lasten von Rechten und der Freiheit von Einzelpersonen, die unter zehn separaten Artikeln der Charta garantiert sind.

Sollten diese beiden Gesetzesvorlagen in Kraft gesetzt werden, ist die Polizei bevollmächtigt an welchem Ort auch immer Nachforschungen anzustellen, jedes Fahrzeug anzuhalten, sich in jedes Haus oder jede Wohnung Zutritt zu verschaffen, nach der Suche von Gesetzesbrechern auch während der Nacht, und dies ohne einen Such- oder Haftbefehl. Die Polizei würde auch die Befugnisse haben, Besitztümer, gleich welcher Art, zu beschlagnahmen, Telefongespräche abzuhören, wann immer dies angebracht wäre.

Der Nationale Polizei-Akt ist eine Verbindung aller die Polizei betreffenden Gesetze. Er schreibt vor, dass die Nationale Polizei eingegliedert ist im Nationalen Polizeibüro- und Kommando. Ein nationales Polizeikomitee wird die Politik und Richtlinien festlegen.

Persönliche Angelegenheiten, Versetzungen und Beförderungen werden von der Polizeibeamten-Kommission bestimmt. Neue Positionen (Arbeitsstellen) ohne Rang sind vorgesehen. Untersuchungsbeamte sind vom übrigen Polizeipersonal in Zukunft zu trennen, um die Untersuchungsarbeit zu verbessern. Ein Fond wird eingerichtet werden um die nötigen Finanzmittel bereitzustellen, um so die Effizienz in den Untersuchungsarbeiten zu steigern.

Artikel 6 hält fest, dass der Premierminister die Verantwortung und Kontrolle für die Durchsetzung für den Polizeiakt hat, und demzufolge befugt ist, in diesem Zusammenhang ministerielle Befehle zu erteilen.

Im Artikel 7 ist aufgeführt, dass das nationale Polizeibüro eine juristische Einheit unter dem Kommando des Premierministers darstellt, und die Befugnisse hat, alle Aktivitäten von Polizeioffizieren zu überwachen und zu kontrollieren. Im Klartext, dem Premierminister wird mittels Vorschrift mehr Macht eingeräumt um so den Polizeiapparat zu managen und zu kontrollieren. Es ist noch nie da gewesen, und daher beispiellos, dass eine Vorschrift (Gesetz) Politikern die direkte Kontrolle über die nationale Polizei einräumt.

Der Akt für Untersuchungsvorgänge bei speziellen Fällen sieht die Ernennung von Spezialuntersuchungsbeamten im Range von Generaldirektoren oder deren Stellvertreter vor.

Artikel 4 beschreibt, dass der Justizminister die Befugnis und Kontrolle zur Durchsetzung des vorgenannten Aktes haben soll, aber im Folgeartikel 5 ist erwähnt, dass ein Spezialfall-Komitee zu etablieren ist, mit dem Premierminister als Vorsitzenden und dem Justizminister als dessen Stellvertreter (Vize-Vorsitzender). Die weiteren Mitglieder dieser Kommission sind die permanenten Sekretäre des Justiz-, Finanz- und Außenministeriums, der Staatsanwalt, der Nationale Polizeichef, der Generalsekretär des Konzils des Staates, der Generaldirektor der Rechtsabteilung des Militärs und weitere neun Experten, gewählt vom Kabinett. Eine solche Organisation unter der totalen Herrschaft des Premierministers beunruhigt die Senatoren, die über dessen überwältigenden politischen Einfluss betroffen sind, der im Falle eines unethischen Premierministers leicht missbraucht werden könnte.

Untersuchungen, die von der Spezialfall-Kommission behandelt werden sollen, sind Fälle von Betrug an der Öffentlichkeit, Verstöße gegen die Gesetze des Wettbewerbrechtes, Banken, Finanzgeschäfte aller Art, Fremdwährungen, Konsumentenschutz, Markenrecht, Urheberrecht, geistiges Eigentum, Geldgeschäfte, Kompensation von Steuern und Tarifen, Publikumsgesellschaften, Geldwäscherei, Börsengeschäfte, um einige zu nennen.

Dieses Gesetz entbindet die konstitutionellen Vorschriften, welche die individuellen Rechte und Freiheiten, aufgeführt in den zehn Artikeln der Charta, schützen.

Viele Senatoren sind geneigt diese Gesetzesvorlagen abzulehnen, um die in der Konstitution garantierten individuellen Rechte und Freiheiten zu schützen, und den Staat davor zu bewahren in einen Polizeistaat umgewandelt zu werden. Die Thais haben schon einmal ihre bittere Erfahrung unter einem solchen Regime gemacht, das dem Motto nachlebte: „Es gibt nichts unter der Sonne Thailands was die Polizei nicht tun kann."