E-mail aus München

Von Nicola Hahn

Wieder einmal liegt „der heißeste Monat" seit Jahren hinter uns. Zumindest in Süddeutschland verabschiedete sich der Juni mit satten 35 Grad im Schatten. Auch wenn Sie darüber nur noch müde lächeln können, hier lässt die Hitze die meisten nur noch ermattet ächzen und stöhnen. Und doch scheint sich trotz Wetter-Apathie ein Stimmungsumschwung abzuzeichnen.

„Endlich geht’s aufwärts" las man zum Samstagsfrühstück in den deutschen Zeitungen. Konsumforscher meinen zu erkennen, dass das Geld wieder lockerer in den Taschen sitzt. Schließlich soll die in einer Regierungsklausur abgenickte Steuerreform ab 2004 ein Plus auf den Gehaltszetteln bringen. Die IG Metall brach ihren Streik (35-Stunden-Woche) in Ostdeutschland „wegen des Stimmungswandels in der Bevölkerung" ohne Ergebnis ab – das gab es in der gesamten deutschen Gewerkschaftsgeschichte noch nie.

In diesem aufkeimenden Hoch feierte man in München gleich mal mit großem Pomp die Eröffnung des Terminal II, der die Fluggastzahlen am Airport lediglich verdoppeln soll. Neben der Lufthansa baut unter anderem auch die Thai München damit zum zweiten Drehkreuz neben Frankfurt weiter aus. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie beim Flug in die Heimat demnächst zuerst bayrischen Boden statt hessischem betreten.

Weltklasse ist seit dieser Woche auch Münchner Werbung. Die Agentur Heye & Partner wird bald erdumspannend für MacDonald’s die Reklametrommel rühren. Wenn Ihnen ab Herbst der Slogan „I’m lovin’ it" aus TV und Radio entgegen schallt, hören Sie eine urbayrische Erfindung.

„Ich soll abgeschafft werden!" empörte sich am letzten Mittwoch eine spärlich bekleidete vollbusige Dame in der Bild-Zeitung. Damit protestierte die auflagenstärkste deutsche Boulevard-Zeitung gegen einen Gesetz-Entwurf der EU, der den beliebten „Miezen" europaweit den Garaus machen will. Auch in der Werbung und in TV-Sendungen sollen nach dem geplanten Gesetz gegen „geschlechtsspezifische Diskriminierung" bald keine „aufreizenden Frauen" mehr zu sehen sein. Wie gut, dass die schwangere Verona Feldbusch dann sowieso im Mutterschutz ist.

Mit den beginnenden Sommerferien droht auch wieder das berühmte Sommerloch. Es zu füllen, liegen zwei Kandidaten gut im Rennen. Zum einen ist dies Michel Friedman mit seiner schwelenden Koks- und Prostituiertengeschichte. Doch jetzt hat sich noch einer zu Wort gemeldet: Gipfelstürmer Reinhold Messner drängt sich schwer nach vorn mit dem „Drama am Nanga Parbat". Das liegt zwar schon mehr als 30 Jahre zurück, doch es enthält alles, was eine gute Sommerloch-Story braucht: Abenteuer, Schicksal, Tod. Denn bei dieser Himalaya-Expedition kam einst Messners Bruder Günther ums Leben. Die späte Schuldfrage-Klärung wächst sich langsam zur Groteske aus, bei der nun ein Buch nach dem nächsten von den damals beteiligten Bergkameraden auf den Markt geworfen wird. Und natürlich darf man sich an deren Inhalts-Zusammenfassungen in den Medien weidlich delektieren...

Wer einfach nur fröhlich durch den Sommer kommen will, lässt sich Franzosen-Pop um die Ohren wehen. Der ist dieses Jahr absolut angesagt, unter anderem mit Ingried, die munter auf französisch ohrwurmt, oder einer Truppe namens „Outländisch", die melodisch um Erhörung fleht „Ayshe, ecouté moi?" Gerade griff auch Top-Model Carla Bruni zur Gitarre und besang ein Debut-Album mit melancholisch-gefühligen Chansons. Parallel dazu entstauben die DJs in den hippen Großstadt-Clubs die Franko-Klassiker im Yé-Yé-Sound der 60-er von Serge Gainsburg bis Brigitte Bardot. In diesem Sinne: Au revoir bis nächste Woche!