Eine Gruppe von cirka 20 jungen Volontären vom „Fountain
of Life Center" in Pattaya, zusammengewürfelt aus den verschiedensten
Nationen wie Frankreich, Dänemark, Kanada und die USA, plus einige Residenten
aus Pattaya, kamen gemeinsam mit Schwester Joan und Schwester Kanyanu vom
Center, um an einem Seminar von Priester Giovanni Contarin über AIDS im
Camillian Social Center (CSC) Rayong teilzunehmen.
Die Gruppe
mit den Volontären und Teilnehmern des Seminars. Mit dabei Schwester Joan und
Schwester Kanyanu und Vater Giovanni. (3. 4. und 5. von links)
Im
Palliative Center.
Vater Giovanni erklärte als erstes, dass die Provinz Rayong
die meisten AIDS Fälle im Südosten des Landes aufweist. Das CSC in Rayong,
welches seit dem Jahre 1995 existiert, hat nicht nur ein Palliative Center für
solche Kranke, die nur mehr auf den Tod warten, sondern es kümmert sich
hauptsächlich um die anderen, jene die noch Hoffnung haben. Diese Hoffnung
bedeutet zur Zeit allerdings nur, dass man den HIV infizierten Menschen hilft,
das Ausbrechen von AIDS zu verhindern oder es zumindest so lange wie möglich
hinauszuzögern. Ein weiterer Hauptpunkt ist das Training der Helfer in der
Betreuung der Kranken, im Lehrberuf und in der sozialen Arbeit.
Sehr wichtig ist für das Center auch die Fürsorge für
HIV/AIDS infizierte Kinder. Momentan gibt es im Kinderhaus bereits 33 Kinder.
Das ist eine Menge, wenn man bedenkt, wie klein das Heim für die Kinder ist
und dass das Programm erst vor 6 Jahren ins Leben gerufen wurde. Vater Giovanni
ist sehr stolz auf dieses Heim mit seiner eigenen Schule, er behandelt die
Kinder wie seine eigenen und ist glücklich, dass während dieser Jahre nur
drei seiner kleinen Schützlinge gestorben ist. Besonders stolz ist er auf ein
Mädchen, Orapan, das, von Geburt an HIV infiziert, gleich zu Beginn vor sechs
Jahren ins Heim kam und bereits sehr schwer erkrankt war. Sie ist nun bereits
18 Jahre alt, ein hübscher lebhafter Teenager, gut gebildet, sieht gesund aus
und ist die am längsten Überlebende in Asien.
Nampung bei
ihrer Arbeit mit den Unheilbaren.
Das
hübsche „Rekordmädchen" Orapan.
Piman bei
seiner Erzählung.
Vater
Giovanni im Gespräch mit Paruchai, mit dem ich mich lange auf deutsch
unterhielt.
Vater Giovanni erzählte außerdem von dem Netzwerk, das
sein Center aufgebaut hat und das nun 36 Gruppen aus ganz Thailand mit
einschließt. 28 Gruppen alleine in der östlichen Region mit seinen sieben
Provinzen haben eine Mitgliedschaft von 1.400 Menschen. „Jetzt haben die
HIV/AIDS infizierten Menschen endlich ein Sprachrohr, eine Möglichkeit sich
mitzuteilen. Nun können sie Medizin fordern, eine bessere Betreuung zuhause,
bessere Lebensqualität plus Einkommen und Arbeit. Sie können sich gegenseitig
helfen, sich Mut zusprechen, Ratschläge geben", sagte Vater Giovanni. „Vier
Leute arbeiten Vollzeit in unserem Netzwerkzentrum und alle sind HIV infiziert."
Nach dieser Einführung hielt Vater Giovanni einen Vortrag
über das Entstehen und die Verbreitung von HIV und die spätere Entwicklung zu
AIDS. Momentan sieht die offizielle Version so aus: mindestens 50.000 Thais
werden pro Jahr an AIDS sterben. Über 90 Prozent der Toten sind zwischen 20
und 44 Jahre alt. Die ersten HIV/AIDS Fälle wurden in Thailand im Jahre 1984
bekannt und seitdem sind weit über 1 Million Menschen infiziert.
In Rayong selbst gibt es seit 1994 mehr als 1000 neue Fälle
pro Jahr. Das Jahr 1998 hält mit 1.172 Fällen den traurigen Rekord. Aber im
August 2002 wurde die kumulative Zahl von 8.514 Fällen bekannt gegeben.
Das Camillian Social Center hat seit seinem Bestehen 753
Kranke aufgenommen und gepflegt, 455 Männer und 298 Frauen. 401 Patienten
starben, 265 gingen wieder zurück zu ihren Familien und 87 (das ist das meiste,
was das Center aufnehmen kann) leben zur Zeit noch dort. Die meisten helfen
ihren kranken Mitinsassen, solange sie es noch vermögen. Aber es gibt einige,
die sich auch gesund genug fühlen, neben der Arbeit im Heim einen neuen
Partner zu finden und es gab sogar schon einige Hochzeiten dort.
Nachdem Vater Giovanni noch alle Möglichkeiten einer HIV-Infektion
und deren Verhütung erläutert hatte, sowie aufzählte, welche Gruppen am
meisten gefährdet sind, sagte er weiter, dass der einzige Weg die Verbreitung
von HIV/AIDS zu stoppen, die Information der Menschen sei. „Man muss die
Menschen über die Gefahren aufklären und man muss jenen helfen, die HIV
infiziert sind, um ein Ausbrechen der fürchterlichen Krankheit AIDS so lange
wie möglich hinauszuschieben", sagte er vehement. „Denn sobald jemand
einmal AIDS hat, gibt es keine Chance mehr für ihn. Die Leute regen sich über
SARS auf – ich sage ihnen, AIDS ist viel schlimmer und ist, neben Krebs, der
Killer Nummer 1 in der Welt."
„Es gibt jetzt Medizin, die lange Jahre verhindern kann,
dass AIDS ausbricht. Früher kostete sie an die 40.000 Baht im Monat. Nun hat
eine kluge thailändische Ärztin diese Medizin „kopiert" und sie hat
denselben Effekt, kostet jedoch nur noch 1.500 Baht pro Monat", führte er
weiter aus. „Ich möchte, dass viel mehr Leute zu meinen Seminaren kommen,
damit sie sich aufklären lassen, um selbst eine Infektion verhindern zu
können, aber auch um zu sehen, dass von den Menschen, selbst wenn sie AIDS
haben, keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit ausgeht. Ich möchte, dass
sie sich meine Kinder ansehen, diese unschuldigen Geschöpfe, die durch die
Sünden ihrer Eltern leiden müssen. Ich bitte alle, mich und das Center bei
meiner Arbeit zu unterstützen. 1.500 Baht sind nicht viel, das geben viele
für ein Abendessen aus und noch mehr. Helfen Sie uns, damit wir den armen
Menschen die letzten Jahre ihres Lebens helfen und ihnen ein menschenwürdiges
Dasein bereiten können."
Nach dem Mittagessen, das von HIV infizierten Insassen
zubereitet worden war und von den Seminaristen mit großem Appetit verzehrt
wurde, machten sich alle auf, das Center zu besichtigen. Auch das Palliative
Center. Da wurden dann die meisten sehr stumm.
Anschließend wurden den Seminarteilnehmern noch einige
Menschen vorgestellt, die harte und gute Arbeit für das Center leisten. So
unter anderen Piman, der vor sechs Jahren ins Heim kam, schwere
Knochentuberkulose bedingt durch HIV hatte und fast nicht mehr laufen konnte.
Wie durch ein Wunder erholte er sich unter der Pflege im Center und ist heute
Chauffeur und „Mädchen für alle". „Ich bleibe hier bis zum Tag, an
dem ich sterbe. Ich verdanke Vater Giovanni so viel und möchte durch meine
Arbeit an den Kranken und im Heim wenigstens einen kleinen Teil dieser Schuld
abtragen", sagte er. Nampung ist leicht verkrüppelt. Sie erfuhr nach
einem Autounfall, dass sie HIV infiziert ist. Daraufhin verweigerten die Ärzte
ihr die Operation, was die Verkrüppelung zur Folge hatte. Heute arbeitet
Nampung als Krankenschwester im Heim und pflegt die Sterbenden. Sie ist
glücklich, dass es ihr selbst wieder viel besser geht, und sie hat sogar erst
kürzlich geheiratet. Prasert ist ein Neuankömmling. Er ist noch etwas
verwirrt und verstört, da er, nachdem er erfahren hatte, dass er HIV infiziert
ist, von seiner Familie verstoßen wurde. Er war Soldat und weiß nicht, wo er
sich die Krankheit geholt haben könnte. Paruchai sitzt im Rollstuhl und hat
Schwierigkeiten beim Sprechen. Früher war er 16 Jahre lang Nachtportier in
einem großen Hotel in Hamburg und spricht heute noch perfekt deutsch. Er ist
einer jener, bei denen die Krankheit ausgebrochen ist und denen nur noch einige
Monate Zeit bleiben.
Bei der abschließenden Diskussion sagte Gina Phelan, die
mit ihrem Mann immer wieder einige Monate im Center arbeitet: „Wir dürfen
keine Vogel Strauß Politik über AIDS betreiben, aber wir sollten auch
niemanden richten wollen. Wir sollten alle versuchen ein offnes Herz und offene
Arme für diese beklagenswerten Menschen zu haben. Wir sollen es ihnen zeigen,
dass wir uns um sie kümmern und tun, was getan werden muss."
Die Fotos in diesem Bericht wurden mit dem vollen
Einverständnis aller Beteiligten gemacht.
Camillian Social Center (CSC), 1/1 Soi Kiri, Huay Pong, Rayong, Tel.:
038-685480, 038-691480, Fax: 038-687480, E-Mail: cscrayon @loxinfo.co.th