Wie groß der Einfluss der bürokratischen Reform auf
die Gesetzgebung und die Aus führungsbestimmungen ist, die am 1. Oktober
letzten Jahres in Kraft gesetzt wurden, ist eine Frage, die viele
Rechtsgelehrte zur Zeit beschäftigt.
Seit diese Reform Rechtskraft erlangt hat, sind viele
Änderungen im Bereich der admini-strativen Organisation, sowie bezüglich
der Befehlsgewalten und Zuständigkeiten gemacht worden. So ist neu das
Justizministerium für das Departement des Strafvollzuges zuständig,
anstelle wie bisher das Innenministerium. Diese Entscheidung macht es dem
Inhaftierten unmöglich, um eine Königliche Begnadigung nachzusuchen, wie
es durch das geltende Recht geregelt ist, weil die Strafvollzugsbehörde
ihre Begnadigungsgesuche mangels einer Gesetzesrevision nicht an das
Innenministerium zur Bearbeitung einreichen kann.
Dieser Transfer der Zuständigkeit zwischen den beiden
genannten Ministerien benachteiligt nun die Gefangenen und beraubt sie
ihrer in der Verfassung verankerten Rechte. Auf Grund vorliegender
Situation ist es unerlässlich, eine entsprechende Anpassung der
betroffenen Gesetze voranzutreiben. Leider hat, bis dato, niemand die
Initiative ergriffen, diesem Misstand Abhilfe zu schaffen. Als
Randbemerkung sei erwähnt, dass besagter Handwechsel des Mandates
zwischen den beiden Ministerien noch nicht stattgefunden hat.
Als Folgekonsequenz aus dieser Situation ist
festzuhalten, dass seit Oktober letzten Jahres kein Gesuch für eine
Königliche Begnadigung beim Büro des Privatsekretärs seiner
Königlichen Hoheit, eingegangen ist.
Ausnahme bilden Begnadigungsgesuche von Königlichen
Hoheiten und von Staatsober-häuptern für deren Landsleute, mit denen
Thailand diplomatische Beziehungen unterhält.
Das Problem liegt im Kriminalgesetzverfahren, das nun
angepasst werden muss, damit es die Auflagen der bürokratischen Reform
erfüllt. Gemä? diesen Auflagen ist nur der Innenminister oder das
Kabinett befugt, Begnadigungsgesuche seiner Königlichen Hoheit zu
unterbreiten.
Sektion 259 sagt aus: „Eine Person oder eine Partei
mit persönlichen Interessen, die verurteilt worden ist, hat nach
Abschluss eines Gerichtsfalles und Vorliegen eines bestätigten
Gerichtsurteil die Möglichkeit, ein Gesuch um Begnadigung durch seine
Königliche Hoheit beim Innenminister einzureichen."
Sektion 260 beschreibt: „Wenn der Gesuchsteller
inhaftiert ist, ist das Begnadigungs-gesuch an den zuständigen Gouverneur
der Provinz oder an den Gefängnisdirektor, zur Weiterleitung an den
Innenminister, zu richten."
Das Gesetz sieht ebenfalls vor, dass, wenn der
Straftäter kein Gesuch einreicht, der Innenminister seinerseits die
Möglichkeit hat, ein Empfehlungsschreiben um Begnadigung durch seine
Königliche Hoheit für den Straftäter einzureichen. Dies setzt jedoch
voraus, dass die Strafakte des Übeltäters einer sorgfältigen
Überprüfung unterzogen wird und man zur Überzeugung kommt, dass eine
Begnadigung in Betracht gezogen werden könnte.
Mit dem Transfer der Zuständigkeit für die
Strafvollzugsbehörde an das Justizministerium ist die Behandlung von
Begnadigungsgesuchen so lange unmöglich, bis die entsprechenden
Gesetzesergänzungen ratifiziert und in Kraft gesetzt sind. Alle seit 1.
Oktober 2002 eingereichten Begnadigungsgesuche an die
Strafvollzugsbehörde können in Ermangelung der vorerwähnten
Gesetzesanpassungen und Ergänzungen nicht bearbeitet werden. Der
Innenminister hat die Kompetenz in Eigeninitiative um Königliche
Begnadigung nachzusuchen, kann aber nicht dazu gezwungen werden.
Wie ist dieses Problem zu lösen? Eindeutig durch eine
schnellstmögliche Einbringung einer entsprechenden Gesetzesvorlage und
deren Inkraftsetzung. Die Ungerechtigkeit dieses Versäumnisses liegt in
der Tatsache, dass es den Häftlingen technisch gesehen verboten ist, ihre
durch die Verfassung zugesicherten Rechte (Einreichen eines
Begnadigungsgesuches) auszuüben. Es ist offensichtlich, dass alle in
dieser Angelegenheit zur Frage stehenden Gesetze ergänzt und/oder
abgeändert werden müssen. Nur so wird die Voraussetzung geschaffen, die
Amtsgewalt betreffend eines Königlichen Begnadigungsgesuches vom
Innenminister zum Justizminister transferieren zu können. Das Verfahren,
diese Gesetzesergänzungen der neuen Situation anzupassen und von den
zuständigen Instanzen gutzuheißen, ist ein zeitaufwendiger Prozess und
in der Zwischenzeit bleiben viele Betroffene unnötig eingekerkert.
Da bis anhin noch kein Gesetzesentwurf für die
notwendigen Ergänzungen zur Vernehmenslassung eingebracht worden ist,
stellt sich eine weitere Frage: „Wie kann der Mangel dieser fehlenden
Gesetzeslage bewältigt werden?"
Ausgehend von den heute gültigen Gesetzen gibt es
keine rechtlichen Auslegungen oder Bestimmungen, die es den Betroffenen
verbietet, ein Gesuch für eine Königliche Begnadigung direkt an Seine
Königliche Hoheit zu richten.
Der König war über Jahrhunderte der Zufluchtsort für
seine Untertanen in Zeiten von Not, Kummer und Elend gewesen. Es wird
berichtet, dass sogar während der Ramkhamhaeng-Herrschaft die Untertanen
an einer Glocke an der Vorderseite des Königpalastes läuten konnten, und
der Kõnig am Tor erschien und versuchte die präsentierten Probleme
seiner Untertanen zu lösen.
Die Zeiten haben sich geändert, aber unsere Verfassung
sichert uns zu, dass Seine Königliche Hoheit die Kompetenz hat,
Begnadigungen auszusprechen und durchsetzen zu lassen. Hoffen wir, dass
die zuständigen Regierungsstellen sich ihrer Verantwortung bewusst sind,
und die Verzögerung der zur Frage stehenden Gesetzesänderungen nicht
weiterhin die Interessen der Betroffenen nachteilig beeinflusst und sie
ihrer durch die Verfassung zugestandenen persönlichen Rechte beraubt.