Muttertag

Franz Schmid

Wahrscheinlich wundern Sie sich, dass ich als Deutscher heute über den Muttertag schreibe, obwohl der Muttertag bei uns doch längst vorüber ist. Aber ganz Thailand feierte den Muttertag am 12. August, am Geburtstag Ihrer Majestät der Königin, anders als in Europa und Amerika, die diesen Tag im Mai begehen. Hier in Thailand wird dieser Tag, sowie auch meist schon die vorhergehende Woche, sehr festlich begangen mit Umzügen, Lichterfesten, Paraden und Ehrungen für besonders ausgezeichnete Mütter. In Thailand bezeugt man der Mutter an diesem Tag Respekt und Ehrerbietung für all die Mühsal, die sie für ihre Kinder auf sich genommen hat. Auch das ist ein wenig anders als in Europa, wo dieser Tag bereits sehr kommerziell aufgebaut ist und man sich sozusagen mit einem teuren Geschenk, einem Blumenstrauß oder einem Festessen an diesem Tag von den Verpflichtungen eines ganzen Jahres, die man einer Mutter eigentlich gegenüber hätte, freikaufen kann.

In Pattaya, wie auch in ganz Thailand wurden auch in diesem Jahr „hervorragende Mütter" mit einem Geschenk Ihrer Majestät der Königin ausgezeichnet. Dies ist eine schöne Geste den meist älteren Frauen gegenüber, die diese Ehrung mit Sicherheit als Kleinod ihr ganzes weiteres Leben im Herzen bewahren werden. Denn Ihre Majestät die Königin ist das Musterbeispiel einer Mutter. Nicht nur für ihre eigenen vier Kinder, sondern auch für die gesamte thailändische Nation. Jedes Ihrer „Kinder", sprich Untertanen, kann mit einem Problem zu ihr kommen und sie hat für alle ein offenes Ohr und ein mitfühlendes Herz. Das hat sie mit den vielen Hunderten von Projekten, die sie zum Wohl des Volkes geschaffen hat, bereits nur zu oft bewiesen.

Aber leider gibt es nicht nur gute und opferbereite Mütter, weder in ganzen Welt noch in Thailand. Hier wird es einem oftmals erschreckend bewusst, wie sehr eine Mutter oft über ihren eigenen Schatten springt, um ihre Familie zu unterstützen. Mütter haben in früheren Zeiten (wie sie das auch in Indien heute noch tun) oftmals eines ihrer Kinder verstümmelt, um es zum Betteln auf die Straße zu schicken, damit es den Lebensunterhalt für die ganze Familie sichern kann. Wie viele Mütter gibt es, die ihre unmündigen, minderjährigen Kinder, Mädchen wie Jungen, an gierige „Sklavenhändler" verkaufen, die diese dann entweder als billige Arbeitssklaven in Fabriken oder in der Sexindustrie missbrauchen. Die Entschuldigung der Mütter, die auch meist stimmt, ist, dass sie das Geld brauchen, um ihre anderen Familienmitglieder am Leben zu erhalten, um ihre kleine Farm vorm Verschulden zu retten oder dass sie einfach nicht wussten, auf welchen Handel sie sich da einlassen. Und trotzdem werden auch diese Mütter von ihren verkauften, geschundenen Kindern geliebt und diese würden alles tun, um das Leben ihrer Mutter zu verbessern, da sie sich ihr verpflichtet fühlen. Und dann gibt es eben die anderen Mütter, die selbst jedes Leid auf sich nehmen, um ihren Kindern eine bessere Ausbildung, einen besseren Lebensstart zukommen zu lassen. Ich glaube, wir haben kein Recht zu richten, wer nun die bessere Mutter ist, denn sie tun beide nur das, was in ihrer Situation gerade zu tun ist.