E-mail aus München

Von Nicola Hahn

Noch immer nur ein Thema: die Hitze. Auch wenn es langsam langweilig wird für Sie, hier beherrscht die Sonne alles. Endlich wurde diese Woche der absolute Temperatur-Rekord von 40,5 Grad gleich mehrmals gebrochen. Ins Freie geht man nur noch, wenn man an Baggerseen, Nord- und Ostsee oder im Freibad ein Plätzchen nehmen kann. In manchen Regionen hat es inzwischen seit gut vier Wochen gar nicht mehr geregnet – und die Landschaften sind rissig wie auf den Dürrefotos aus Afrika.

Inspirierte dies die Macher der Bildzeitung oder fielen sie nur einem Hitzestich anheim: Jedenfalls verlegten sie letzte Woche kurzerhand mal den Äquator ins hessische Bergland.

Natürlich reißen auch die Hiobsbotschaften nicht ab. Nun legen sogar die Hühner schon kleinere Eier. Und die Förster streifen ständig durch die Wälder auf der Jagd nach wilden Rauchern. Noch konnten sie grausame Flächenbrände, wie sie inzwischen in fast ganz Europa toben, verhindern.

Doch vor allem: Der Strom wird knapp. Am vergangenen Samstag drohten die Stromversorger regionale Stromabschaltungen an. Das liegt aber nicht daran, dass sich plötzlich alle Klimaanlagen zugelegt hätten. Nein, wir schmoren schön im eigenen Saft. Der wahre Grund ist die Wasserknappheit. Weil viele Flüsse nur noch als Rinnsale in ihren breiten Betten entlangdümpeln, fehlt ihre Power in den Wasserkraftwerken. Und die Rinnsale sind so brühwarm, dass sie nicht mehr als Kühlwasser für die Atomkraftwerke taugen – also müssen sie abgeschaltet werden. Wer jetzt auf die Windräder gehofft hätte: ebenfalls Fehlanzeige, nicht ein Blatt krümmt sich im fehlenden Luftzug, wie also sollen sich schwere Mühlenflügel drehen?!

Eine Abkühlung im Stachusbrunnen in der Münchner Innenstadt holt sich dieser Junge. Hoch Michaela sorgte für Temperaturen von weit über 30 Grad. (AP Photo/Jan Pitman)

So richtig ins Schwitzen kommen viele Bahnfahrer. Denn ausgerechnet bei der neuesten Generation der ICE-Züge streikt neuerdings öfter mal die Klimaanlage. Fenster lassen sich bei diesem Zug der Zukunft natürlich nicht mehr öffnen. Das führt bei längeren Fahrten dann schon mal zu einem kostenlosen Sauna-Aufenthalt.

Immer häufiger kommen auch die Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs durcheinander. In den nicht klimatisierten Waggons von Straßen-, U- und S-Bahnen kippen Fahrgäste bei bis zu 50 Grad um wie die Fliegen. Und so wird man am Bahnsteig immer häufiger mit der uninformativen Lautsprecher-Durchsage überrascht: „Der S-Bahn-Verkehr wurde eingestellt wegen eines Personenschadens am Bahnhof xy". Das freut dann wenigstens die Taxler, die so zu einem unverhofften Geschäft kommen.

Ihre Freude an der Hitze haben auch die Verkäufer von Küchengroßgeräten. Weil die Aggregate deutscher Kühlschränke nicht auf Tropentemparaturen geeicht sind, geben (nicht nur) ältere Geräte in diesen Tagen gern den Geist auf. Das freut besonders Urlauber nach ihrer Rückkehr in seltsam mufelnde Wohnungen.

In den Bergen werden derweil die Gletscher zu Wasserfällen. Der beliebte Sommer-Skilauf bei unseren österreichischen Nachbarn fällt damit im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Dies scheint aber auf dem Weg in die Täler zu verdunsten (siehe oben).

Von Salzburg bis Wien konnte sich letzte Woche trotz lähmenden Wetters eine Riesenwelle der Empörung aufbauen. Grund: das ZDF lässt für eine neue Sendereihe die 100 berühmtesten Deutschen via Internet wählen. Unter den Vorschlägen des Senders befindet sich auch Mozart. Das Wolferl, heilige Ikone des österreichischen Reiches! Ausgerechnet! Nun windet sich der populäre ZDF-Geschichtslehrer Guido Knopp mit der lahmen Entschuldigung heraus, das Musik-Genie habe selbst mal geschrieben, er fühle „teutsch". Und deshalb bleibt er auf der Liste. Basta. Genau wie Freud und noch einige „teutsche" Österreicher…