E-mail aus München

Von Nicola Hahn

Gibt es tatsächlich einen Krieg der Generationen? Das derzeitige Getöse im Blätterwald könnte es uns fast glauben lassen. Angefangen hat alles mit dem cleveren Jung-Unionisten Phillip Missfelder, der das Sommerloch geschickt nutzte mit ein paar provozierenden Sätzen, die das Anspruchsdenken der „Alten" in die Schranken weisen sollten. Gar zu sehr ausgebeutet fühlte sich der junge Mann angesichts der finanziellen Lasten, die auf seinen Schultern ruhten. Sicher hatte er damit nicht ganz unrecht.

Denn weil die Deutschen immer älter werden, der Nachwuchs aber immer spärlicher in die Welt gesetzt wird, kommt es ja tatsächlich zu einer langfristigen Schieflage des sozialen Netzes. Doch statt inhaltlicher Auseinandersetzungen gibt’s auch in diesem Fall nur Gezeter und Geschrei. Rette seine Pfründe, wer kann – an einem echten Ausweg aus dem Dilemma hat keiner echtes Interesse. Denn dann müssten ja alle ein paar (mehr) Federn lassen – und daran liegt vor allem keinem Politiker, weil’s ja Wählerstimmen kosten könnte…

Dabei kann Durchgreifen sogar Sympathie bringen, wie Hamburgs erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) letzte Woche erfuhr. Dem war am Dienstag früh der Kragen geplatzt, als ihn sein Koalitionspartner und Innensenator Ronald Schill dreist zu erpressen versuchte. Der Rechtsausleger Schill hoffte, seinen Affären-geplagten Staatsrat Wellinghausen mit einer Drohung retten zu können: Zur besten TV-Zeit am Abend wollte Schill von Beust als Homosexuellen anprangern, der zu allem Überfluss noch seinen angeblichen Bettpartner Dr. Kusch zum Justizsenator gemacht habe.

Daraufhin entließ Beust nicht nur Wellinghausen sondern gleich noch Schill dazu – und erntete Jubel von allen Seiten. Die Szene versammelte sich spontan zur großen „Schill-Out-Party" und selbst in Bezirken wie Harburg oder Wilhelmsburg, wo Schills Partei bei der letzten Wahl auf über 20 Prozent gekommen war, knallten einige Sektkorken. Denn u. a. hatten sich dorthin viele Junkies verzogen, als sie aus dem Bahnhofsviertel vertrieben worden waren. So hatte man sich Schills Lösung des Drogenproblems nun auch nicht vorgestellt…

Mit zwei Tatsachen muss sich Hamburgs Bürgermeister nun aber abfinden. Zwar hat von Beust bis heute nie so etwas gesagt wie: „Ich bin schwul, und das ist auch gut so…" Behauptet wird es aber nun sogar in seriösen Blättern wie Süddeutsche Zeitung oder Spiegel. Und: die rechte Koalition in Hamburg steht vor einer Zerreißprobe, die in verzeitigen Neuwahlen enden könnte.

Im Fernsehen treibt derweil die „Ostalgie" seltsame Blüten. ZDF, MDR, Sat1, und RTL überbieten sich gegenseitig mit Shows, die die DDR zum „Kessel Buntes" verklären. Ganz nach dem Motto „Weißt du noch…" werden Broiler, Club Cola und DDR-Größen aus Show und Sport vor die Kamera gezerrt zum seligen Erinnern. Ja, ja war alles ganz schön bunt und lustig im ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat – und weit und breit von Gängelung und Repressalien keine Spur mehr. Doch die Quote stimmt, und deshalb heißt das neue Motto der Sender wohl: „Vorwärts nimmer, rückwärts immer".

Seine Premiere als Kommentator hatte der Kaiser beim ZDF. Zum Freundschaftsspiel Deutschland gegen Italien gab Franz Beckenbauer den freundlichen TV-Onkel, der sich nicht festnageln lässt. Im leicht ermüdenden Ton einerseits und andererseits hätte man sich etwas mehr Mut zum Risiko gewünscht.

Mut zur Heimat zeigen seit Neuestem die Metropolen-Kids von Hamburg bis München. Statt der im Sommer noch angesagten coolen Sprüche prangen jetzt Stadtwappen auf den T-Shirts. Und in Hannover lettert man sich mit neuem Selbstbewusstsein sogar „Kanzlerstadt" vor die Brust.

Nach dem Käfer läuft und läuft nun der Golf – diese Woche wurde die 5. Generation in die Freiheit entlassen. Grund genug für Wolfsburgs Bürgermeister Rolf Schellecke seine Stadt mal flugs in Golfsburg umzubenennen. Da täten sich die Münchner schwer, BMsdW ähnlich zu huldigen…