Dr. Hans Banziger

Dr. Hans Banziger hat sein berufliches Leben damit verbracht nur das zu tun, was ihm am besten gefällt. Und nichts gefällt ihm besser als durch die Dschungel Südostasiens zu ziehen und die Lebensweise von Aasfliegen oder Motten oder anderen exotischen Tieren zu studieren. Hans ist Entomologe.

Doch er ist nicht „nur" ein Entomologe, sondern seine Arbeit ist von den Wissenschaftlern der ganzen Welt anerkannt. Ein Tausendfüßler, ein Fisch, zwei Motten und zwei Lianenarten tragen seinen Namen. „Ich habe ihnen den Namen natürlich nicht selbst gegeben", sagt Hans bescheiden, sondern das sind die offiziellen, wissenschaftlichen Namen der Tiere, die seine wissenschaftliche Arbeit würdigen.

Hans wurde in Milano als einziger Sohn von Schweizern geboren. Er wuchs in Italien auf, sprach mit seinen Freunden an der Schweizer Schule in Mailand italienisch und zuhause Schweizerdeutsch. „Ich war kein besonders guter Schüler", erzählt er. „Nur in dem was mir gefallen hat, war ich gut, sonst nicht." Und vor allem gefielen ihm die Insekten.

Die logische Folge war, er studierte in der Schweiz Naturwissenschaften, ein Jahr Geologie und dann Biologie und Insektenkunde. Für seine Doktorarbeit bewarb sich Hans für ein Stipendium für Feldforschungen bei der UNESCO. Er erhielt das Stipendium und als Forschungsgebiet wurde ihm Thailand zugewiesen. Zwei Jahre verbrachte er in den thailändischen Dschungelgebieten und studierte die Lebensweisen der Motten und anderer Insekten. Als ausgewiesener Experte für thailändische Motten kehrte er wieder in die Schweiz zurück, wo er sein Studium noch zweieinhalb Jahre fortsetzte.

Anschließend erwarb der frischgebackene Doktor gleich wieder ein Forschungsstipendium und machte sich sofort auf nach Thailand und Indonesien, wo er eine seltene blutsaugende Motte entdeckte. Hier war Hans in seinem Element!

Zwei Jahre später ging es wieder in die Schweiz und Hans schaute sich nach neuen Angeboten um. Doch niemand interessierte sich für Motten. Widerstrebend nahm er eine Tätigkeit bei einem Pflanzenschutzprojekt der UNO an. „Diese fünf Jahre waren eine schlimme Zeit für mich", sagt er heute.

Doch seine Forschungen zu Motten wurden in der Zwischenzeit nicht vergessen und eines Tages wurde Hans von der Universität von Chiang Mai eingeladen, in Nordthailand als „integrierter Experte" zu forschen und zu lehren. „Das gefiel mir wesentlich besser als meine damalige Aufgabe", freute sich Hans und nahm dankbar an. Sein Vertrag lief nach fünf Jahren aus, doch jetzt hatte Hans keine Lust mehr, es nochmals in der Schweiz zu versuchen. „Ich hatte 10 Jahre lang gearbeitet, war nicht verheiratet und hatte durch mein sparsames Leben einiges beiseite gelegt und etwas Geld von meinen Eltern geerbt. Also entschloss ich mich, als unabhängiger Forscher in Thailand zu bleiben. Und ich bin immer noch hier", sagt er zufrieden.

Seither arbeitet Hans eng mit der entomologischen Abteilung der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität von Chiang Mai zusammen. Mittlerweile ist er auch verheiratet, doch das Paar hat sich entschlossen, keine Kinder zu haben. „Für einen Naturforscher und Umweltschützer wie mich gibt es schon so viel zu viele Lebewesen auf diesem Planeten, da will ich nicht noch einige dazusetzen" erklärt er trocken. Und jetzt muss er sich auch nicht mehr nach interessanten Projekten umsehen, denn die Projekte kommen zu ihm. Dadurch bedingt verbrachte er einige Zeit in China, Indonesien und Nepal und konnte erstaunliche insektenkundlerische Entdeckungen machen.

Wenn Hans von seiner Arbeit spricht, ist er voll Enthusiasmus und auch die Zuhörer werden davon gepackt. Speziell als er erzählte, dass er eine neue Pflanze entdeckte. Er benannte sie „Infanticida", da ihre Blüten den Geruch verfaulenden Fleisches ausströmen. Dadurch werden Aasfliegen angelockt, die ihre Eier dort ablegen, weil sie glauben, es handele sich um ein totes Tier. Sobald die mehr als 1.000 jungen Fliegen ausschlüpfen, verhungern sie. „Diese Spezies ist ein Mörder und sie zeigt, wie gemein die Natur ist", sagt Hans.

Hans verrät, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat, aber auch Kunst liebt und heute chinesische Gemälde sammelt. In seiner Jugend versuchte er sich mit dem Malen, „aber ich hatte nicht genug Talent", berichtet er. Noch immer zeichnet er jedoch seine wissenschaftlichen Forschungen auf. Später will er alle seine Ergebnisse zu Papier bringen, aber noch hat er keine Zeit dazu. Obwohl er bereits mehr als 50 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht hat, lassen ihn die Motten und anderen Insekten noch immer nicht los.