Franz Schmid
Man mag es kaum glauben, aber die Thais können
fuchsteufelswild werden. Besonders wenn es um angestammte Rechte geht. Die
wollen sie behalten, ganz egal, ob es nun andere Menschen behindert oder
nicht – denn das Hemd ist ihnen näher als die Jacke. Und das haben viele
von uns schon am eigenen Leib verspürt.
Auch der Herr Bürgermeister musste dies vor kurzem
verspüren. Zwar nicht ganz am eigenen Leib, aber an seinem Rathaus-Tor. Sie
hängten es, unter ihrem rasenden Ansturm, aus den Angeln. Zum Glück war
der Bürgermeister anscheinend nicht da und so musste der
Noch-Vizebürgermeister Nirat zum Mob raus und versuchen, diesen zu
beruhigen.
Es ging um Gerechtigkeit, sagten die vielen Hunderte
Straßenhändler, die sich zu der lautstarken Demonstration vor dem Rathaus
zusammen gefunden hatten. Sie wollten die neue Regelung über ihre Standorte
nicht anerkennen, sagten sie. Denn wozu ist ein Straßenhändler eigentlich
da? Doch nicht um mit Straßen zu handeln, sondern um Geschäfte auf der
Straße zu machen. Würstchen verkaufen oder gegrillte Hühnerschenkel zum
Beispiel. Und die wollen sie nun mal in der touristischen Gegend verkaufen,
da sich da ja auch meist die „Betreuerinnen" von hauptsächlich
männlichen Touristen aufhalten und diese Fräuleins eben immer wieder
hungrig werden und sich an eben diesen Straßenverkäufer-Ständen stärken
müssen. Denn sonst würden sie den Stress eben nicht aushalten. Und nachdem
Thais immer in Massen oder zumindest in Gruppen auftreten (oder haben Sie
schon mal eine Thai alleine gesehen?), können die Straßenhändler eben
nicht nur 10 Minuten auf einem Platz verweilen. Nein, das ginge ja nun
wirklich nicht! Und schon gar nicht außerhalb den touristischen Zonen in
einfachen Nebenstraßen!
Als ich von den neuen Vorschriften hörte, hatte ich eine
Vision. Die Vision von befahrbaren Sois, in denen man nicht Schlangenlinien
fahren muss, immer darauf bedacht, dass einem niemand unter die Räder
kommt. Obwohl das in manchen Gegenden bestimmt nicht auffallen würde, denn
da gibt es sehr viele Individuen, die bereits unter die Räder gelangt sind.
Nach kurzer Zeit aber wurde ich unsanft aus dieser
Vision, aus diesen Wunschträumen gerissen, denn schon bog ein klingelnder
Verkaufskarren mit einem laut seine Waren anpreisenden Verkäufer in die
Soi, in der ich mich eben befand – gefolgt von vielen anderen, die sich
wie gewohnt auf ihren alten Platz am Gehsteig oder mitten in der Straße
hinstellten und ihre Waren feil boten. Hurtig verließ ich, wieder in den
gewohnten Schlangenlinien fahrend und fast zum Mörder an harmlosen
Touristen werdend, die auch im Zick-Zack-Kurs den Karren ausweichen mussten,
den belebten Ort.
Eines wurde mir klar: Gesetze oder Vorschriften sind für
die Thais gemacht, damit sie a) unter der geringsten Strafe gebrochen werden
können und b) von den Ordnungshütern ganz einfach auch ignoriert werden.
Deshalb keine Aufregung, es bleibt sicher alles beim alten. Hoch leben
Pattayas Straßenhändler.