Mit Komplimenten ist es so eine Sache. Glauben Sie es mir, es
ist nicht einfach an der passenden Stelle das Richtige zu sagen.
Neulich erst traf ich eine alte Bekannte (mit der Betonung
„alt" auf die Zeit unserer Bekanntschaft). Sie sah fabelhaft aus! Ich
hatte sie schon ungefähr 1½ Jahre lang nicht gesehen und dementsprechend war
meine Reaktion: „Hildegunde, du siehst toll aus! Wie machst du das nur? Du
wirst ja immer jünger." Und nach einigen Minuten wagte ich es und fragte,
ob sie die Gesichtsstraffung in Pattaya hat durchführen lassen oder in Bangkok.
Wahrscheinlich hatte ich das Falsche gefragt, denn sie
reagierte äußerst heftig und stritt alles ab. Sie zeigte mir allerdings die
verräterischen Stellen am Haaransatz und hinter den Ohren nicht, dafür
verabschiedete sie sich sehr rasch und auf meine Frage, wo sie denn jetzt wohnen
würde und ob ich ihre Telefonnummer haben könnte, sagte sie, dass sie ihre
Adresse und die Telefonnummer in ihrem Notizbüchlein aufgeschrieben hätte, das
sie jedoch leider zu Hause vergessen hatte. Ob das wohl nur eine Ausrede war?
Ich kann schon verstehen, dass man bei dummen Fragen, die
eigentlich als Kompliment gedacht sind, leicht ausrastet. Wie neulich ich. Da
fragte mich doch so ein dummer Kerl, natürlich einer, der von Mode keine Ahnung
hat, wo ich denn die tolle Hose gekauft hätte. Ob die von einem
Department-Store hier in Pattaya stammen würde, da er eine ähnliche dort
gesehen haben wollte. Natürlich reagierte ich ein wenig verärgert und
erzählte ihm herablassend, dass meine Hose eine echte Armani sei und in Bangkok
gekauft wurde. Allerdings hatte ich gerade eine von meinen leicht zynischen
Freundinnen dabei und die lächelte mich hämisch an und sagte: „Ja, das
behaupte ich auch immer." In den Erdboden hätte ich versinken können.
Meist geht es allerdings nicht, in den Erdboden versinken
meine ich. Denn erstens ist hier der Fußboden aus Fliesen oder dickem
Teppichboden – und sich da durchzuarbeiten ist gar nicht so einfach und
zweitens kann man sich gegen falsche oder falsch gemeinte Komplimente und
Kommentar durch einige bewährte Strategien wappnen.
Was immer Sie auch sagen oder machen, stehen Sie dazu.
Abstreiten und nach Ausreden suchen oder Entschuldigungen stammeln hilft
nämlich gar nichts und macht die ganze Angelegenheit noch schlimmer.
Sollten Sie jemandem ein etwas undurchsichtiges Kompliment
gemacht haben und Sie merken, diese Person ist verärgert, stehen Sie dazu,
indem Sie das Kompliment wiederholen, es betonen und somit den Eindruck
entstehen lassen, es sei ernst gemeint. Ungefähr so, wenn Sie einer Dame sagen,
dass ihre Haare toll aussehen, obwohl sie strähnig und ungepflegt nach unten
hängen, dann betonen Sie noch mal: „Wirklich, ich meine es ernst! So wirkt
Ihr Haar peppig und endlich mal etwas anders als das Übliche und Sie sehen toll
damit aus." Es könnte sein, dass das hilft. Man kann den Betreffenden aber
auch ablenken und verwirren und mitten im Satz, wenn man merkt, man sagt etwas
Dummes, das Thema wechseln. „Wer schreit denn da so fürchterlich? Ist was
passiert?" Oder ähnlich. Man kann allerdings auch sein Rotweinglas auf den
Nebenmann schütten, das lenkt auch ab. Oder man zieht sich mit der/dem
Beleidigten in eine stille Ecke zurück und heult ununterbrochen (mindestens 5
Minuten lang), wie leid es einem tue. Bis dieser verzeiht oder verschreckt das
Weite sucht.