Der Tag der deutschen Einheit?

Franz Schmid

Wie in jedem Jahr seit der Wiedervereinigung wurde auch heuer wieder der Tag der deutschen Einheit begangen. Große Feiern wurden alle Ortens abgehalten, Reden geschwungen und die große Einheit, Einigkeit und Freundschaft gepriesen.

Allerdings nicht von allen Deutschen. Einige weigerten sich auf das Fest in Bangkok zu fahren, das die deutsche Einheit würdigte. Ihr Grund war, dass sie angeblich durch die Wiedervereinigung sehr vieles verloren hatten. Steuererhöhungen wurden verhängt, um den ehemaligen Osten wieder aufbauen zu helfen und die anderen finanziellen Hilfen, die man den Brüdern aus der Ostzone angedeihen ließ, wurden anscheinend schon bald zur großen Last.

Auf der anderen Seite hörte man aber auch von ehemaligen Ostdeutschen Klagen. Vielen ist der Stress zu groß, die Bezahlung und die finanzielle Hilfe zu klein und überhaupt soll es sich angeblich unter Honecker und im Schatten der Mauer viel bequemer, gemütlicher und unhektischer gelebt haben.

Witze über die Ossis kursieren und die Wessis lachen sich krumm. Aber auch die Ossis haben ihren Spaß und ulken über die Wessis. Manchmal geht das dann soweit, dass schon echter Streit über den Witzen entsteht.

Ja, es ist eben schwierig alle Menschen zufrieden zu stellen. Anscheinend haben die Wessis vergessen, wie sehr sie sich nach einer Wiedervereinigung gesehnt hatten, auch wenn manche jetzt sagen, dass diese nur aus Kurzsichtigkeit geschehen ist.

Anscheinend haben aber auch viele Ossis vergessen, wie sehr sie sich bemühten in den goldenen Westen zu gelangen und dabei Leben und Gesundheit aufs Spiel setzten und oft ihre Familien samt Hab und Gut zurück ließen.

Warum also nun diese bösen Gedanken, warum nicht die deutsche Einheit genießen? Warum Menschen verurteilen, die so viel Schweres durchmachen mussten und dies eigentlich ohne ihre eigene Schuld? Warum sieht man auf die Ossis herab? Warum sehen die Ossis die Wessis in einem schlechten Licht? Warum sind die Menschen eifersüchtig aufeinander?

Wir sind alle Brüder, egal welcher Rasse, Nation oder Religion wir angehören. Es sollte ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen allen Menschen geben, besonders zwischen Menschen der eigenen Rasse, des eigenen Volkes. Denn dass die Deutschen, egal ob West oder Ost ein einziges Volk sind, hat die Geschichte, haben die Menschen selbst bewiesen in ihrer gemeinsamen Hoffnung, in ihrem Glauben, wiedervereint zu werden.

Man möchte am liebsten Martin Luther King zitieren, der mit seiner Rede „Ich habe einen Traum" eine sanfte Revolution hervorgerufen hat, der mit seinen friedlichen Demonstrationen der Welt gezeigt hat, dass man ohne weiteres in Frieden zusammenleben könnte, wenn die Menschen es nur wollen.

Auch ich möchte hier sagen: „Ich habe einen Traum". Den Traum nämlich, dass die deutsche Einheit endlich wirklich wahr werden möge.