Fritz
Schanzer kam zum ersten Mal 1988 nach Thailand. Er war damals, wie schon
zuvor, als Montageleiter von seiner Firma für eine gewisse Zeit nach Asien
geschickt worden, um eine industrielle Großanlage aufzubauen. Diesmal
jedoch war alles anders, denn sein thailändischer Kunde bat ihn, doch
einfach hier zu bleiben und Fritz sagte zu. Seither ist er kaum noch in
Deutschland gewesen.
Fritz wurde am Chiemsee in Bayern geboren und absolvierte
eine Ausbildung zum Mechanikermeister. Anschließend arbeitete er bei der
Firma Bruckner als Montageleiter bei der Aufstellung von
Folienstreckanlagen. Im Auftrag des Unternehmens reiste er so durch halb
Asien. Jeweils 6 bis 12 Monate blieb er in den einzelnen Ländern, denn die
140 Meter langen und damals 10 Millionen DM teuren Anlagen brauchten einige
Zeit, bis sie aufgebaut waren und von den einheimischen Arbeitskräften
eingesetzt werden konnten. „Wir haben die Anlagen aufgestellt, geprüft,
in Betrieb genommen und dann die Angestellten eingewiesen", sagt Fritz.
So reiste er nach China, Hong Kong, Korea, Indonesien und die Philippinen.
„Natürlich sind Kenntnisse und Erfahrungen im Maschinenbau für diese
Arbeit die Grundlage. Doch besonders wichtig ist es, mit den Menschen klar
zu kommen und ihnen die Prozesse erläutern zu können", erklärt er.
In China arbeitete Fritz in der Mitte des Landes,
irgendwo im Nirgendwo, 200 Kilometer von der nächsten größeren Stadt
entfernt. „Unsere Verkäufer rieten uns ‚Nehmt euch zu essen mit’.
Also haben wir einen halben Container voller Essen und Getränke gepackt,
alles sollte für ein halbes Jahr reichen", lacht Fritz. Doch sobald
sie in China ankamen, vergaßen sie ihre Fertignahrung und verschenkten sie
später an die einheimischen Arbeiter. Sowohl das Hotel als auch die Firma
hatten, eigens für sie, eine Köchin engagiert und so schlemmten sie mit
Schweinebraten und Leberknödelsuppen. Nur mit dem Alkohol sah es schwierig
aus, für eine Flasche ausländischen Whiskey musste der Fahrer des
Unternehmens erst einmal 200 Kilometer fahren. „ Aber jeden Samstag gab es
eine große Party. Alle luden uns ein, weil sie ihre Englischkenntnisse
auffrischen wollten", erzählt er.
„Ich war in Asien immer glücklich und immer gesund,
mir hat Deutschland nie gefehlt", sagt Fritz. 1987 folgte dazu noch die
Scheidung von seiner Frau und Fritz hatte noch weniger Grund in Deutschland
zu bleiben. Und deshalb überlegte er sich das Angebot seines
Thai-chinesischen Kunden in Bangkok gut. „Er hatte überhaupt keine
Erfahrungen auf dem Gebiet und noch keinen Markt erschlossen. Alle dachten,
er ist verrückt, eine Anlage für 10 Millionen DM zu kaufen, doch ein Jahr
später kaufte er schon seine zweite und jetzt bereiten wir gerade die
sechste vor", freut sich Fritz über seinen Chef. „Als das erste
Projekt beendet war, meinte er einfach zu mir, ‘du bleibst
selbstverständlich hier’. Ich war natürlich etwas überrascht",
erinnert er sich. „Ich sollte einen tollen Job in Deutschland aufgeben und
etwas Neues in einem fremden Land beginnen. Aber ich hatte durch meine
Scheidung praktisch alles verloren und konnte es wagen. Aber die Frage, wie
viel Geld ich verlangen sollte, ließ mich nächtelang nicht schlafen".
Als Fritz schließlich bei einem freundschaftlichen Essen mit der Sprache
herausrückte, meinte der Unternehmer nur gelassen „überhaupt kein
Problem". „Da hätte ich auch 50 Prozent mehr verlangen
können", sagt Fritz bedauernd.
Doch er hat seine Entscheidung nie bereut. Der Firmensitz
befindet sich in Bangkok, doch die Fabrik steht in Laem Chabang und so wohnt
Fritz seit seiner Anstellung hier in Pattaya und aus den drei ursprünglich
vereinbarten Arbeitsjahren sind mittlerweile schon 13 geworden. 1997
heiratete er eine Thailänderin und adoptierte ihre Tochter, die jetzt 6
Jahre alt ist. „Ich bin ein Gesellschaftsmensch und habe viele gute
thailändische Freunde", sagt er. Seit einem Jahr spielt er jetzt auch
Golf, allerdings nur zur Entspannung: „ich will ja keinen Golfkrieg
führen", meint er verschmitzt. Vor kurzem gründete er dann mit
einigen Freunden den neuen deutschsprachigen Golfklub Dream-Putters. Mit
Thailand ist er sehr zufrieden, da es hier für Europäer an nichts mangelt.
Deshalb fliegt er auch höchstens aller fünf Jahre einmal auf Urlaub nach
Deutschland. Seine Tochter aus erster Ehe kommt ihn lieber hier besuchen.
Was ihm in Thailand aber am besten gefällt, ist sein
freundschaftliches, familiäres Verhältnis zu seinem Unternehmenschef. Er
wird zu Familienfeiern eingeladen und fast als Bruder betrachtet. Als der
Juniorchef vom Studium aus Amerika zurückkam, bekam Fritz etwas Angst um
seine Zukunft im Unternehmen und bat den Eigentümer, ihm doch jetzt bitte
auch einmal einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu geben. Der war ganz
überrascht und sagte: „Was willst du denn mit einem Vertrag? Das ist doch
nur ein Stück Papier. Du gehörst hier zur Familie, du kannst hier
arbeiten, solange du willst!"
Und das hat Fritz auch vor. Thailand ist zu seiner
zweiten Heimat geworden und hier hat er auch seine zweite Familie gefunden.