Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Befreiung der Frauen von Schuldgefühlen

Am 23. September dieses Jahres ließ der Justizminister Pongteph Thepkanchana verlauten, dass sein Ministerium im November ein öffentliches Forum abhalten werde, um die Meinung des Volkes über die mögliche Legalisierung der Prostitution zu ermitteln. Die Teilnehmer dieses Forums sollen sich aus Befürwortern, Gegnern und Direktbetroffenen wie Prostituierten, Sexarbeitern, Begleitservicebeschäftigen (Escort Service) und Besitzern von Massagesalons zusammensetzen.

Der Minister teilte mit, dass er mit der Durchführung dieses Forums einem Wunsch des Premierministers folge, der alle „Untergrundgeschäfte" legalisieren möchte. Er persönlich sei davon überzeugt, dass die jetzige Regierung unter Premierminister Thaksin in der Lage wäre, eine Legalisierung durchzusetzen. Als Erhärtung dieser Aussage verwies er auf die kürzlich legalisierte Untergrundlotterie, die dadurch unter Staatskontrolle gebracht wurde.

Man kann davon ausgehen, dass die Massagesalonbesitzer, allen voran Chuwit Kamolvisit, der über Wochen mit seinen Korruptionsanschuldigungen gegen die Polizei, die Titelseiten der Presse zierte, einer Legalisierung der Prostitution positiv gesinnt sind. Einige Senatoren wie Wallop Angkananurak, weisen in ihren Aussagen und mit ihren Argumenten auf die sozialen Probleme und Aspekte der Prostitution hin und befürworten deshalb eine Legalisierung.

Das Rechtsbüro- des Justizministeriums meint ebenfalls, es wäre höchste Zeit, dass dieses langanstehende Problem nun endlich gelöst wird.

Der permanente Sekretär des Justizministeriums, Somchai Wongsawat, sagte wörtlich:

„Eine volljährige Frau, die sich aus freiem Willen entscheidet ihr Geld im „Gewerbe" zu verdienen, lassen wir mit Ihrer Entscheidung besser allein. Wo wir aber gefordert werden und die Augen nicht verschließen können, sind jene Fälle, wo Frauen und Minderjährige, mit Gewalt in die Prostitution gezwungen werden. Wir müssen ebenfalls zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, dass es die Prostitution gibt. Das ist der Grund, dass wir die Prostitution legalisieren und die Prostituierten registrieren müssen und ihr „Einsatzgebiet" (Zonenplanung) gesetzlich festgelegt wird. Eine solche Lösung wird mithelfen die Prostitution in den Griff und unter Kontrolle des Staates zu bringen." Er ergänzte seine Erläuterungen wie folgt: „Es ist daher wünschenswert ein Referendum durchzuführen um so die Meinung der Öffentlichkeit zu hören."

Pongpat Riangkruea, Direktor des Rechtsbüro- des Justizministeriums sagte aus, dass entsprechende Gesetze zur Regelung der Prostitution zur Zeit in Vorbereitung wären, und ein Seminar zu diesem Thema, mit Beteiligung der einschlägigen Kreise abgehalten würde, um so ein breites Meinungsbild zu erhalten.„Vor allem haben wir uns die „Serviceleute des Gewerbes" anzuhören, und nicht nur auf den Aussagen und Argumenten der Anwälte die Gesetze festzulegen", meinte er ergänzend. „Die Prostitution ist in vielen Ländern legalisiert worden, der Trick ist, wie das ganze bewerkstelligt werden kann."

In seinen weiteren Erläuterungen wies er darauf hin, dass zu viele Frauen des Gewerbes von ihren Arbeitsgebern (Massagesalonbesitzer) und Zuhältern tyrannisiert, unterdrückt und missbraucht würden und dies alles unter dem Deckmantel, dass die Tätigkeit welche die Frauen ausüben, illegal ist. Eine Legalisierung der Prostitution würde das Problem in vielerlei Hinsicht lösen, da dadurch die Lebedamen überwacht und kontrolliert werden könnten.

Überwachung heißt jedoch, Registrierung, was einem doppelschneidigen Schwert gleichkommt. Auf der positiven Seite steht ein allgemein besserer Schutz der Prostituierten, Steuern können erhoben und einkassiert werden und die Sexarbeiter/innen können zu regelmäßigen Gesundheitstests vorgeladen werden. Auf der negativen Seite steht die Tatsache, dass die Sexarbeiter/innen durch die Registrierung ein Leben lang gebrandmarkt sind, auch wenn sie ihre Tätigkeit aufgeben oder in einen anderen Job wechseln.

Seit vielen Jahren hat der Gesetzgeber in Thailand versucht, mit verschiedensten Lösungen und Aktivitäten, die Prostitution in den Griff und unter Kontrolle des Staates zu bringen. Über viele Jahre gab es ein Gesetz, das den Menschenhandel mit Frauen und Kindern, die für das Sexgewerbe vom Ausland nach Thailand geschmuggelt wurden, verbot. Dieses Gesetz bestraft in aktenkundigen Fällen den Importeur sowie als auch den Exporteur.

In der Folge wurde ein Gesetz in Kraft gesetzt, das zum Ziel hatte, die Übermittlung von durch Sex bedingte Krankheiten zu kontrollieren, anstelle die Prostitution zu verbieten.

Im Jahre 1960 trat in Thailand das erste Prostitutionsgesetz in Kraft, das für jegliche Art von Straftaten im Bereich der Sexualkriminalität ein Strafmass vorsah. Dieses Gesetz wurde im Jahre 1996 auf Grund massiver Kritik, das nur die Prostituierten und nicht auch die Freier und Kuppler bestraft würden, ergänzt. Diese Ergänzung reduzierte einerseits das Strafmass für die im Sexgeschäft tätigen Frauen und erweiterte andererseits die Maßnahmen um die Prostitution zu verhindern und abzuschrecken. Es bestraft nun auch die Freier, Vormunde und Eltern, die Minderjährige (Mädchen und Knaben) für Sexaktivitäten an die Sexindustrie verkaufen und/oder verkuppeln.

Unter Anwendung des Prostitutionsgesetzes wird bestraft, wer andere überzeugt und veranlasst sich zu prostituieren (Sektor 5)

wer Versammlungen zum Zweck der Prostitution abhält (Sektor 6)

wer für die Prostitution wirbt (Sektor 7)

wer Sex hat mit Kindern unter 18 Jahren (Sektor 8)

wer jemanden verkuppelt oder ins Sexgeschäft vermittelt (Sektor 9)

Eltern oder Vormund, die Kindern unter 18 Jahren erlauben sich zu prostituieren (Sektor 10)

Betreiber, Manager und/oder Aufsichtspersonal von Plätzen wie Massagesalons, Lounges, Bars, Escort-Service etc., wo Sexservice angeboten wird (Sektor 11)

wer jemanden gegen seinen Willen festhält und zur Prostitution zwingt (Sektion 12)

Eltern die ihren Kindern erlauben als Prostituierte/r zu arbeiten (Sektion 13)

Trotz der Ergänzung im Prostitutionsgesetz, die Freier zu bestrafen, ist der Akt des Geschlechtsverkehrs nicht ungesetzlich, auch wenn man dafür bezahlt.

Um die Frauen von ihrem Schuldgefühl zu erlösen, sollte das Prostitutionsgesetz abgeschafft werden. Eine Abschaffung dieses Gesetzes könnte sogar darin resultieren, dass die Anzahl der Prostituierten verringert würde.